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Predigt                                                                Sa./So., 22./23. 8. 2020

Liebe Brüder und Schwestern!

Wie passt jetzt dieser Evangeliumstext zum Thema „Caritas-Augustsammlung“?

Die Geschichte mit Petrus, dem Felsen und dem Schlüssel fürdas Himmelreich ist uns ja bekannt…

Zwei Aspekte daran sind mir diesmal bei der Vorbereitung besonders aufgefallen.

Zuerst: Warum gerade Petrus? Schauen wir uns doch einmal an, wer dieser Petrus war.

Simon Barjona, Sohn des Jona, aus Kafarnaum, von Beruf Fischer. Zusammen mit dem Bruder Andreas betreibt er ein kleineres Fischereiunternehmen. Er dürfte der jüngere Bruder gewesen sein – er lebt nämlich im Haushalt der Schwiegermutter, wie wir von der Erzählung ihrer Heilung wissen. Der ältere Andreas hat das Elternhaus und die Firma übernommen. Andreas ist auch der, der Jesus als erster kennenlernt und den Bruder zu ihm mitnimmt.

Von der Persönlichkeit her war Simon offenbar der lebhaftere, schnell begeistert, aber auch rasch empört oder zornig, ein Mann mit Herz, der dieses öffnet – für Jesus. Er ist ein Liebender – vom Bericht des Paulus wissen wir, dass Petrus auf den späteren Missionsreisen immer seine Frau mitgehabt hat.

Das, was er als richtig erkannt hat, lebt er ohne Wenn und Aber.

Vor 2 Wochen haben wir erst die Begebenheit gehört, wie er es wagt, aus dem Boot auszusteigen und über das sturmbewegte Wasser des Sees zu Fuß auf Jesus zuzugehen…

Bei Jesu Verhaftung hat er seinen Freund und Rabbi mit dem Schwert verteidigt. Und ein paar Stunden später hat er voller Angst geleugnet, ihn jemals gekannt zu haben. Dann tut es ihm furchtbar leid und er weint.

Wir denken uns vielleicht: wieso gerade der? Hätte es da nicht geeignetere Anführer gegeben als ruhenden Pol und eben Felsen, an den man sich festhalten kann, für die ersten Jünger?

Kann es sein, liebe Brüder und Schwestern: Jesus konnte beim besten Willen niemanden finden, der perfekt gewesen wäre. Wir Menschen sind das nämlich nicht. Wenn sich zwischenzeitlich eine Reihe der Päpste, diesich ja als Nachfolger des Petrus verstehen, so stilisiert haben oder so auf ein Podest gehoben wurden, als ob soe vollkommen wären, dann ist das eine nicht einhaltbare Illusion, die Gott sei Dank seit mehreren Jahrzehnten zu bröckeln beginnt.

Das tatsächlich wunderbare an diesem Simon bar Jona war: Er wusste, dass er nicht perfekt ist. Er kannte seine Fehler und Schwachpunkte.

Genau deshalb – zusammen mitseiner Liebe zu Jesus und seinem direkten Draht zu Gott, den ihm Jesus im heutigen Evangelium bescheinigt, genau deshalb ist er der richtige Mann – er wird Verständnis haben für alle, die jesus nachfolgen – für die Kirche, die Schar der Menschen, die nicht vollkommen sind. Er hat ihnen etwas zu sagen, weil er aus Erfahrung weiß, wie mit dem Nichtperfekten umgegangen werden kann. Barmherzig. Aufbauend. Zum Beispiel.

Dazu passt das Zweite: Jesus übergibt diesem Petrus die Schlüssel des Himmelreiches. Oft wird das so dargestellt: mit einem Schlüssel. Nein, da ist die Rede von mehreren. Das ist bedeutsam, weil es eben mehrere Zugänge zu Jesus, zum Reich Gottes, zum „Himmel“, wenn wir so wollen, gibt. Die aufgabe der Kirche besteht offenbar darin, diese Wege offenzuhalten. Aufzuschließen, zu erschließen – und zu schauen, dass möglichst viele durch die Tür hereinkommen. Lange und oft hat man die Schlüsselgewalt ja so verstanden, dass man zusperrt und ausschließt… Wenn jeder, der nicht perfekt ist oder irgendwelche Mängel aufweist, oder irgendetwas nicht ultraorthodoxes glaubt, ausgesperrt wird, ist er ziemlich rasch allein – und zwar ebenfalls draußen …

Es ist die Verantwortung und Aufgabe der Kirche, Wege zum Heil kenntlich zu machen. Auszuschildern. Behilflich zu sein denen, die sie gern gehen würden und nicht genau wissen wie oder es sich nicht zutrauen.

Diesem Auftrag Jesu wird gerade die Caritas gerecht. Warum hilfst du, werden gerade in Ländern, wo nicht alle Menschen Christen sind, gefragt. Weil Gott will, dass es allen Menschen gut geht.

Angesichts der Weltlage – aber auch bei geringeren Problemen, die sich aufdrängen, sehen wir meistens ganz schnell, was alles nicht geht, wo etwas falsch läuft, … Mit dem Beispiel Jesu, der eben fehlerbehaftete Menschen beruft (andere gibt es nämlich nicht), möchte er uns Mut machen. Es ist Aufgabe der Kirche, von uns Christen, das zu sehen und zu betonen, was möglich ist, was gehen kann, wo Chancen liegen und Stärken.

Dann werden wir tatsächlich nicht zugrunde gehen. Diese negativen Denkweisen, das Jammern und sich gegenseitig Runterziehen und Fertigmachen – das kann überwunden werden. Tun müssen wir schon etwas dafür. Amen.

Predigt                                                                       26. 1. 2020   Haid

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

Diese Berufung der ersten Jünger, v. a. Petrus und Andreas, haben wir, vermute ich, gut im Gedächtnis. Vielleicht noch aus dem Religionsunterricht, auch wenn er viele Jahre zurückliegt; vielleicht aus einem Film, in den klassischen Jesusfilmen kommt das ja oft vor. Oder aus Redewendungen, oder einfach aus dem Gottesdienst, es kommt ja jedes Jahr wieder.

Es fasziniert uns, wie diese Fischer am See Genezaret alles stehen und liegen lassen und mit Jesus mitgehen. Ihm nach – folgen im wörtlichen Sinn.

Es fasziniert uns – und wir verstehen es nicht.

Alles aufgeben? Beruf, Familie, Heimat, ein geregeltes Leben überhaupt? Wie kann man nur… würden wir das tun?

Zuerst muss eines klargestellt werden: Es war dieser Moment, den das Evangelium schildert, nicht ein Abschied auf Nimmerwiedersehen. Wir wissen, dass Jesus bald darauf bei Petrus zu Hause zu Gast ist und dort die kranke Schwiegermutter heilt. Und wir wissen aus den Paulusbriefen, dass Petrus seine Frau auf den Missionsreisen bei sich hatte als zweite, begleitende Apostelin.

Wir können uns Gedanken darüber machen, ob die Kinder schon groß genug waren, den Fischereibetrieb weiterzuführen …

Das bedeutet, wir wollen feststellen, ob der richtige Zeitpunkt war.

Gleichzeitig geschah damals, dass Johannes der Täufer inhaftiert wurde. Weil er das Königshaus kritisiert hatte.

Im Textheißt es: Jesus zog sich nach Galiläa zurück – er setzt sich ab, verschwindet für eine Weile aus Jerusalem und Umgebung, dort ist nämlich jetzt der Boden zu heiß.

Es ist gefährlich, als Prophet momentan öffentlich aufzutreten – der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig, und doch: Genau jetzt beginnt Jesus verstärkt oder auch mit seinem eigentlichen Wirken, indem er erstens die Umkehrpredigt des Vorläufers fortsetzt und zweitens, indem er Jünger beruft.

Aber, liebe Schwestern und Brüder, ist es nicht so: wenn wir da lang nachdenken mit unserer menschlichen Sicht: Nach menschlichem Ermessen ist der richtige Zeitpunkt nie.

Wir alle sind getauft und somit aufgerufen, Jesus nachzufolgen, seine Jüngerinnen und Jünger zu sein.

Wie kann das bei uns ausschauen?

Sollen wir alle unverzüglich Beruf und Familie verlassen und in einen Orden eintreten, als WanderpredigerInnen umherziehen oder uns im Priesterseminar anmelden – davon abgesehen, dass sie nur 50% von uns nehmen werden …?

Vor 40 Jahren ca. gab es die Munsekte, Hare Krishna usw., die Jugendliche dazu brachten, einfach wegzugehen – weg von Familie, Studium, Beruf.

So in der Art kann es auch gehen – aber in 99,5 % der Fälle – und für Sie heute hier in unserer Kirche kann das nicht wirklich gemeint sein mit „Nachfolge“.

Was ist aber dann sonst gemeint?

Tatsächlich ist es ganz einfach. Es wäre ganz einfach.

Bei allem, was wir tun, fragen: Wie würde Jesus Christus sich an meiner Stelle verhalten: Zu Hause, im Beruf, im Straßenverkehr, beim Einkaufen, beim Sport, in der Freizeit, im Gottesdienst …

Was würde Jesus essen und trinken? Anziehen? Wie sorgfältig wäre er bei einzelnen Arbeitsvorgängen? Wie würde er reden und umgehen mit Familienmitgliedern, Kindern, Nachbarn, Kollegen, Vorgesetzten, MitarbeiterInnen, mit Schwächeren und solchen, die sich aufspielen…? Wie seine Freizeit gestalten, wie die Wohnung reinigen, wo den Urlaub verbringen, das Gemeindeleben und den Staat mitgestalten, Kulturelles genießen, wo würde er energisch einschreiten und wo heraushalten, was täte er in einem Konfliktfall, angesichts von Unrecht, Dummheit, Not …? Was würde er lesen, wofür sich interessieren?

Wie wir das erfahren können? Auch ganz einfach: Das sind doch eh die ganz normalen Inhalte unseres persönlichen Betens. Oder?

Das Problem ist nicht, ob wir das wissen können, sondern ob wir unser tiefes inneres Wissen ernst nehmen oder verdrängen, ob wir Vorbildern folgen, die wir uns aus Filmen, Werbung, Gesellschaftsleben oder sonstwoher beziehen, ausgesucht haben oder aufdrängen lassen … oder was grad angesagt ist im Freundeskreis, in der Schulklasse, im Verein, in den Medien …

Da auszusteigen, sich neu auf das eigene Christsein zu besinnen, auf den, dem wir folgen sollen und dürfen – bestimmt denken wir da : Ist da jetzt die richtige Zeit dafür? Soll ich nicht lieber zuerst meine Ausbildung oder die Schule abschließen, im Beruf eine gute Position erreicht haben, im gesellschaftlichen Umfeld anerkannt sein …?

Wie gesagt, der rechte Zeitpunkt ist, wenn wir so denken, nie. Oder immer – wenn wir uns vergegenwärtigen, dass wir Gesegnete sind, Menschen, bei denen Gott anwesend ist. Als Helfer, Schutz, Begleiter, Freund.