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Predigt 4. 7. 2021

Liebe Brüder und Schwestern!

Bestimmt haben Sie den einen oder anderen Film gesehen, in den 70er-Jahren waren die sehr beliebt, wo Jesus wieder auf die Erde kommt – in Montreal z. B. Fast niemand interessiert sich für ihn. Nur ein junges Ehepaar, das ihn aufnimmt. Seiner Botschaft hören nur wenige zu – am allerwenigsten glauben ihm die kirchlichen Amtsträger, dass er der Sohn Gottes ist.

Was den Mensch zu nahe ist, ist ihnen nichts Besonderes.

In der Kirche gibt es die Versuchung, alle, die de Frohe Botschaft verkünden, möglichst abgehoben von der Wirklichkeit, fremd, fast unwirklich darzustellen, zu stilisieren – damit Menschen den Inhalt des Verkündeten nicht als gewöhnlich oder alltäglich abtun.

Diese Vorgangsweise ist zwar verständlich, aber sie deckt sich nicht mit dem Evangelium.

Jesus war nicht abgehoben von der Wirklichkeit. Er war heilig. Er betete viel, intensiv, trat mit Vollmacht auf, heilte…

Paulus war nicht abgehoben von der Wirklichkeit – Krankheit, lebte von seiner Hände Arbeit… Petrus war nicht abgehoben, mit seiner Ehefrau unterwegs – freundliche normale Menschen.

Die Kraft Gottes kommt in der menschlichen Schwachheit zum Ausdruck.

Das Evangelium ist auch keine esoterische abgehobene Lehre, die nur Insider, besonders Gebildete o. ä. verstehen könnten oder erfahren dürften  – wo so etwas praktiziert wird, ist Vorsicht geboten – Engelwerk, wo nicht jeder alles wissen darf…– leider wurde jahrhundertelang dieser Eindruck erweckt, auch durch die Abgehobenheit der Amtsträger.

Gerade im Mönchtum und dann in den letzten Jahrzehnten wieder die Arbeiterpriester und neuen Frauenorden teilten das Leben gewöhnlicher Menschen, Arbeit, …

Gaben der Kirche, der Botschaft Jesu, Glaubwürdigkeit zurück.

Jesus – oder vielleicht können wir sagen: Gott selber – nehmen das volle Risiko in Kauf: die Gefahr, dass das, was gewöhnlich alltäglich normal daherkommt, nicht ernst genommen wird, nicht als wichtig gilt.

Es gilt, die Blickrichtung zu ändern.

Gott ist im letzten Kaff am Rande der Welt in einer Handwerkerfamilie Mensch geworden, aufgewachsen unter einer Reihe von Geschwistern, weil es jederzeit so ist, dass Gott in jedem Geringsten anwesend ist.

Ich habe vor ein paar Wochen ein Buch gelesen, da geht es um die alte Geschichte ob heute noch leibliche Nachkommen von Jesus aus einer Ehe mit Maria Magdalena leben und dass die etwas Besonderes sind …

Der wahrscheinlich meiner Meinung nach wichtigste und christlichste Satz aus diesem Buch lautet: Wenn es auch der bettelnde Straßensänger sein kann oder vielleicht die Frau aus dem Altersheim, die gerade mit dem Rollator durch den Garten geht oder das Kind auf dem Weg in die Schule – dann kann es eigentlich jeder sein, dann kann man nicht wissen, ob der Mensch, der einem gerade gegenübersteht, ein Nachkomme, eine Nachkommin ist –

Liebe Brüder und Schwestern: Und dann können wir nicht anders, als jede und jeden noch so unscheinbaren als das zu sehen und jeder Person so zu begegnen, als das, was sie ist: direkt von Gott auf diese Erde gekommen und mit ihm verbunden … einzigartiger Anwesenheitsort der göttlichen Herrlichkeit.

Sensationell, finden Sie nicht?

Viele erwarten von der Kirche oder von der Botschaft Jesu gar nichts mehr, zumindest nicht, dass es da das Heil und Glück gibt.

Das ganze kirchliche Brauchtum ist so normal, selbstverständlich geworden, ja es hat sich sogar verselbständigt – wie viele feiern Weihnachten oder suchen Ostereier ohne eine Ahnung zu haben vom religiösen Hintergrund? Oder wollen eine kirchliche Hochzeit …Aber auch praktizierende haben ihre frommen Übungen – Ohne Konsequenzen, ohne Lebensrelevanz, Bezug zum Leben …

Aber Christ zu sein, das Evangelium ernst zu nehmen, HAT Konsequenzen.

Es geht beim Christentum um – ja, um was eigentlich?

Dass alle an Gott glauben und ihn verehren?

Das machen alle anderen Religionen auch …

Im Christentum geht es darum, dass Gott höchstpersönlich möchte, dass Menschen glücklich sind. Glücklich werden und dauerhaft bleiben …

Dass es Lösungen gibt für die Schwierigkeiten des Lebens, der Welt. Bei Unfrieden und Streit, bei Krankheit und Not, bei Mutlosigkeit und Verlust der Lebensfreude, auch bei Klimawandel und Weltwirtschaftskrise und Pandemie: gibt es was.

Jesus predigt in Nazareth grade vor der heutigen Evangeliumsstelle: Ich bin gekommen, den Armen eine frohe Botschaft zu bringen, den Blinden das Augenlicht, die Zerschlagenen in Freiheit zu setzen …ein Gnadenjahr des Herrn auszurufen (Versöhnung und Lebensschancen für alle).

Das haben Jesu ehemalige Sandkistenfreunde und Schulkameraden nicht glauben können.

Es käme darauf an, dass wir, das glauben können. Uns Gott, Jesus anvertrauen und darauf erwarten, dass das Beste geschieht. Dass wir Wege gezeigt bekommen. Handlungsmöglichkeiten, die zum Guten führen.

Gott wird verehrt, indem wir das, was er/sie zu bieten hat, in Anspruch nehmen!

Probieren wir doch einfach, wie es sich anfühlt, wenn wir das tun.