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Predigt                                                    Sonntag, 21. 8. 2022, 9.00

Liebe Brüder und Schwestern!

„Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel – weil wir so brav sind …“ …Sie kennen dieses Lied, haben es vermutlich auch schon selber gesungen.

Gerade haben wir gehört: Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen …“ – was stimmt jetzt?

Ist das jetzt eine Drohbotschaft?

Will uns Jesus Angst machen?

Die Jünger fragen Jesus: Sind es nur wenige, die gerettet werden?

Was bedeutet das eigentlich: „gerettet werden“?

Jesus ist der Retter. Erlöser, Messias. Alle möchte er zu Gott führen, zum Heil, zu Freude, Fülle, Frieden…

In der Lesung haben wir das schöne Bild von den Menschen, die getragen werden von Gott persönlich ins vollendete himmlische Jerusalem.

Jesus lässt uns aber die Freiheit. Er benötigt unsere Zustimmung, dass wir uns von ihm tragen lassen. Er rettet niemanden zwangsweise, gegen unseren Willen.

Es gibt einen alten Witz, vor 20 Jahren wurde er über den Bischof Krenn erzählt, aber die Geschichte ist viel älter.

Also: Nach einem sintflutartigen Regen wacht der Bischof Krenn in der Früh auf und schaut aus dem Fenster. Das Wasser steht schon fast bis in den 1. Stock und gerade fährt ein Schlauchboot draußen vorbei und die Rettungsleute sagen. „Herr Bischof, schnell, steigen Sie ein, wir bringen sie hier raus.“

Der Bischof antwortet: „Nein danke, der Herr wird mich retten.“

Das Hochwasser steigt weiter, der Bischof geht 2 Stockwerke höher in den Dachboden. Dort fährt wieder ein Boot vorbei und will ihn retten. Er sagt: „Nein, danke, ich warte. Der Herr wird mich bestimmt retten.“

Das Wasser steigt weiter, der Bischof klettert auf den Domturm, und als er sich ganz oben an der Spitze anklammert, kommt ein Hubschrauber vorbei, die Rettungsleute drin sagen: Jetzt aber rasch, Herr Bischof, es ist höchste Zeit, steigen Sie ein …!“

Bischof Krenn antwortet: „Danke, sehr nett, aber nein – der Herr wird mich retten.“

Das Wasser steigt weiter, er geht unter und ertrinkt. Im Himmel begegnet er Jesus. Sofort macht er ihm Vorwürfe: Also wirklich, Jesus, ich hab so sehr auf dich vertraut, warum hast du mich nicht gerettet …?“

Jesus antwortet: „Du bist gut – ich habe dir doch 2 Rettungsboote und einen Hubschrauber geschickt … wieso hast du sie denn nicht benützt?“

Die Erzählung zeigt eine ungesunde Art von Frömmigkeit auf, da gibt es nur den Blick auf Gott, Mitmenschen werden absolut ausgeblendet.

Die Frommen zur Zeit Jesu waren wirklich fromm, gläubig, haben die Gesetze und Religionsvorschriften bis aufs I-Tüpferl eingehalten, und haben Jesus zugehört, mit ihm über religiöse Fragen diskutiert, ihn live erlebt, mit ihm gegessen und getrunken.

Aber eines haben sie nicht: Getan, was er wollte.

Ihre Herzen geöffnet. Menschen als Geschwister wahrgenommen.

Und so haben sie zwar ein religiöses Erlebnis oder intellektuelle Bereicherung oder sogar Sensationen ev. erlebt – aber alles blieb beim Alten.

Nichts ist neu geworden. Neu im Sinne Jesu, das Reich Gottes konnte nicht anbrechen bei ihnen.

Und warum nicht?

Sie haben sich nicht getraut.

Sie wollten brav sein, damit sie in den Himmel kommen.

Was bedeutet das denn, brav sein? – Leider nicht das, was es im Mittelalter bedeutet hat: nämlich tüchtig, tapfer, beherzt, unerschrocken, mutig…

Im Lied geht es übrigens im Text folgendermaßen weiter:

„Das sieht sogar Petrus ein …“ … Nein, der sieht das ganz und gar nicht ein. Er selber war nämlich BRAV im alten Wortsinn: Beherzt, ein Mensch der Tat – mit dem Potential, Fehler zu machen, und das hat er, und mit der Bereitschaft, sich vergeben zu lassen, was bedeutet: die Chance zum Dazulernen ergreifen.

Das ist Himmel. Die Welt Gottes: Wir sind kreativ und tüchtig. Und deswegen machen wir Fehler. Aber das ist normal und gesund.

Der Himmel ist keine Beamtenburg. Mein Opa hat in seinem Büro einen Spruch aufgehängt gehabt, der hat mich als Volksschulkind fasziniert:

Wer arbeitet, macht Fehler.

Wer viel arbeitet, macht viele Fehler.

Wer wenig arbeitet, macht wenig Fehler.

Wer wenig Fehler macht, wird befördert.

Wer keine Fehler macht …                             ist ein fauler Hund.

Oder wie Willi Hoffsümmer schreibt: Ein Mensch erschien vor dem Gericht des Herrn und sprach: „Siehe, Herr, ich habe dein Gesetz beachtet, habe nichts Unrechtes, Böses oder Frevelhaftes getan. Herr, meine Hände sind rein.“ Gott antwortet: „Ohne Zweifel, doch sie sind leer.“

Menschliche ängstliche Denkweise ist: Nur ja keine Fehler machen!

Wer glaubt, in den Himmel kommen zu können, sobald er/sie keine Fehler mehr hat, ist auf dem falschen Dampfer…

Wer das Risiko zum Fehlermachen eingeht und weiter bereit ist dazu – sich die Hände schmutzig zu machen, macht es im Sinne Jesu richtig.

Wir können üben, uns auf die Denkweise Gottes einzustellen. Wir können üben und lernen, uns beschenken zu lassen. Jetzt, in unserem unperfekten Tun und dann am Ende unseres unperfekten Hierseins…