Predigt 11. 10. 2020
Liebe
Brüder und Schwestern!
Ein Münchner im Himmel.
Kennen sie diese Geschichte?
Der fühlt sich im Himmel nicht wohl, weil es immer nur
kühl und distanziert zugeht, Manna und Hosianna singen, musizieren … Bei ihm
zuhause war es schöner. Das Münchner Hofbräuhaus oder Oktoberfest – da möchte
er hin. Wenn er es sich aussuchen könnte.
Wie sieht der Himmel aus? Reich Gottes, was sollen wir
uns darunter vorstellen?
Die Bibel ist da sensationellerweise eher auf der Linie
des Münchners – die abgeklärte Vorstellung frommer Menschen des vorvorigen
Jahrhunderts muss woanders herkommen.
Jesus spricht von einem Hochzeitsmahl – und diesen
Vergleich gibt es schon im AT. Und es geht nicht ums jenseits, zumindest nicht
in erster Linie. Reich Gottes – ist hier und jetzt, wo Christen leben.
Wir haben vermutlich ein Problem damit und fragen uns,
wie denn der König, der offensichtlich Gott darstellen soll, sich so
schrecklich rächen kann, dass er die Mörder seiner Diener töten und ihre Städte
in Schutt und Asche legen lassen kann. Und dann der “arme Kerl”, der
von der Straße kommt und ohne hochzeitliches Gewand bei der Tafel erscheint.
Warum wird er hochkantig hinaus geworfen in die äußerste Finsternis, wo man nur
Heulen und Zähneknirschen kennt?
Bei aller Güte, so möchte Matthäus betonen, hat Gott auch
Rückgrat und Format. Wer gegen Gott antritt und ihn durch böses Tun zum
Einschreiten herausfordert, wird sich über die ungeahnte Kraft, Macht und
Stärke Gottes nicht nur wundern, sondern erschrecken. Gott hat für alle ein
Herz; aber gegen bewusste Gemeinheit wird er sich zu wehren wissen. Das sollen
wir bedenken.
Meistens ist es jedoch so, dass einfach das Interesse
fehlt, „man hat was Wichtigeres vor“. Jesus meint: Wer nicht dazugehören will,
hat sich selber Schaden zugefügt. Sich selber ausgeschlossen. Gott zwingt uns
nicht zu unserem Glück.
Warum finden so wenige die Einladung attraktiv?
Wissen sie nicht, dass es bei uns das Beste vom Besten
für alle gibt?
Wenn wir von der Erlösung und vom Reich Gottes reden:
haben wir selber überhaupt verstanden, worum es dabei geht? Oder beten wir jahrhundertealte
Floskeln nach oder engstirnige Vorstellungen, die es heute in
fundamentalistischen Kreisen gibt?
Es stellt sich die Frage: Kann so wirklich der Himmel
sein?
Es stellt sich die Frage: Was muss Kirche, was müssen die
Kirchen, was müssen wir denn eigentlich tun, um für den Himmel effizient zu
werben? Was erwartet man von uns – vom Papst bis zur Christin in der
Ortsgemeinde?
Da ist
sicher einmal eine Echtheit, eine Ehrlichkeit.
Christen
sind nicht perfekt. Es ist kontraproduktiv, so zu tun als ob es so wäre.
Was wir
haben, ist eine unwiderstehliche aufrüttelnde unwahrscheinlich befreiende Botschaft.
Nämlich die
von Vergebung und Neuanfang, die jederzeit möglich sind, wir brauchen es nur zu
wollen. Die Einladung anzunehmen – um im Bild des heutigen Evangeliums zu
bleiben.
Wo mir die
Vergangenheit nicht nachhängt, und zwar ab sofort, alle Optionen weiterhin
offenstehen, ist das nicht eh schon wie ein ewiges Freudenfest?
Ja, bei
echten Festivitäten, bei Hochzeiten auch, gibt es Menschen, immer wieder, die
tatsächlich die Einladung ausschlagen: Was der Neffe, der mich beleidigt hat,
was, die Cousine, mit der ich gestritten habe, … die sind ebenfalls eingeladen
und werden da sein? – Na, dann komme ich aber nicht …
Liebe Brüder
und Schwestern: Im Himmelreich Gottes, beim ewigen Hochzeitsmahl, ist es
genauso. Es ist zu erwarten, dass alle da sein werden – mit denen wir hier und
jetzt lieber nicht reden, mit denen wir nichts zu tun haben möchten, um die wir
einen weiten Bogen machen… Es wird für uns gut sein, ab sofort daran zu
arbeiten, dass wir uns dann und dort über ihre Gesellschaft freuen können.
Verzeihen,
bereinigen, auf sie zugehen … Verständnis üben… beten …
Statt viel
Kraft darin zu investieren, wie die Kirchen sich gegeneinander abgrenzen, wäre
es gut und wichtig, Geschwisterlichkeit vorzuleben. Das funktioniert übrigens
jetzt schon an der Basis besser als in der Kirchenspitze.
Gefordert
ist auch ein Einfühlungsvermögen für die anderen. Christinnen und Christen
haben den Himmel nicht gepachtet. Auf dieser Erde glauben viele Millionen in
der Form von Islam, Judentum, Buddhismus, Hinduismus u. a. Religionen. Es wäre
wichtig, mit all jenen, die das wollen, Seite an Seite für Gerechtigkeit und
Frieden zu einzutreten. Auch zusammen mit den nicht glaubenden Menschen, die
durch ihr politisches und soziales Handeln einen Vorgeschmack vom Himmel
bieten, ohne dass sie das so nennen würden.
Bischof Reinhold Stecher hat in einem seiner Bücher geschildert, wie ein Erstklässler im Troler Bergdorf, dessen Eltern Hüttenwirte sind, sich den Himmel vorstellt – vorher wurde das heutige Evangelium erzählt -: ja, das kenn ich – a volle Hittn! (Ziehharmonika, Gesang, Fröhlichkeit und die Kochkünste seiner Mutter).
Gott freut sich wie die liebe Mutter und Hüttenwirtin wirklich über eine „volle Hittn“ – nehmen wir die Einladung an.