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Diese alte Geschichte hatten wir heute im Jugendgottesdienst als Lesung:

Der tanzende Gaukler

Es war einmal ein Gaukler, der tanzend und springend von Ort zu Ort zog. Aber plötzlich war er das Herumziehen leid. Er verschenkte alles, was er besaß, und ging zu Mönchen, die in einem französischen Kloster lebten.

Aber weil er bis dahin sein Leben mit Springen, Radschlagen und Tanzen zugebracht hatte, war ihm alles fremd, was die Klosterbrüder machten: Er konnte nicht beten und auch keine religiösen Lieder singen. So ging er stumm umher, und wenn er sah, wie sie alle aus frommen Büchern lasen, während der Messe im Chor mitsangen und viele Gebete sprechen konnten, stand er dabei und schämte sich …

Man schickte ihn eines Tages in eine abgelegene Kapelle, um dort zu putzen. Während er arbeitete, bestaunte er die Statuen der Heiligen und begann, voller Ehrfurcht an Gott zu denken. „Wenn ich schon nicht zusammen mit den Mönchen beten kann”, sagte er vor sich hin, „so will ich tun, was ich kann.”

Er zog sein Mönchsgewand aus und stand da in seinem bunten Röckchen, in dem er als Gaukler umhergezogen war. Und während er die Lieder der Mönche hört, beginnt er mit Leib und Seele zu tanzen – vor- und rückwärts, linksherum und rechtsherum. Erst geht er auf seinen Händen durch die Kapelle, dann wieder überschlägt er sich in der Luft und springt die kühnsten Tänze, um Gott zu loben. Er tanzt ununterbrochen, bis ihm der Atem stockt und seine Beine nicht mehr können.

Ein Mönch war ihm gefolgt und hatte durch ein Fenster seine Tanzsprünge gesehen und empört den Abt geholt. Dieser sah dem Gaukler heimlich zu.

Am anderen Tag ließ der Abt den tanzenden Bruder zu sich rufen. Der Arme erschrak zutiefst und dachte, er solle bestraft werden. Also fiel er vor dem Abt nieder und sprach:

„Ich weiß, Herr, dass ich hier nicht mehr bleiben kann. So will ich freiwillig ausziehen und wieder in Geduld die Unrast der Straße ertragen.”

Doch der Abt verneigte sich vor ihm, und sprach: „In deinem Tanz hast du Gott mit Leib und Seele geehrt. Mit allem, was du kannst.

Uns aber möge Gott alle Worte verzeihen, die uns über die Lippen kommen, ohne dass unser Herz sie sendet.”

Predigt 22. und 23. 2. 2020

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

Wenn wir „Feinde“ hören, fallen uns sofort ein: Israeli und Palästinenser. Oder der „islamische Staat“.

„Liebt eure Feinde, betet für die, die euch verfolgen“, sagt Jesus.

Schockierend, oder?

Aber denken wir gründlich nach: Es ist tatsächlich die einzige Möglichkeit, Frieden zu schaffen. Wie Versöhnung möglich wird.

Wie entsteht Feindschaft? Man denkt schlecht über einen anderen Menschen, über ein anderes Volk …Wir erwarten, dass etwas Negatives kommt von dieser Seite.

Der römische Besatzungssoldat, der zu Recht damals im Land Jesu von jedem Bürger des Landes fordern durfte, dass er ihm etwas eine Meile trägt, hat sich erwartet, dass der sich nicht freut, dass der murrt, sich ärgert, dass der Hass auf die Römer vielleicht stärker wird.

Zu Feindschaft gehört, dass man was macht, was den anderen kränkt, verletzt, beleidigt, stört … was ihn schädigt.

Feindschaft arbeitet mit Angst.

Hass ist eigentlich eine verfestigte Meinung über andere, man erwartet nur Schlechtes von deren Seite. Hass nährt sich von der Weigerung, den anderen kennenzulernen.

Wer hasst und verfeindet ist, schottet sich ab – vor Erkenntniszuwachs, vor einer Annäherung oder einem Verstehenwollen des anderen – wie vor einer ansteckenden Krankheit.

Diese Menschen spüren etwas Richtiges: Wer auf andere Neugier verspürt, sich für sie zu interessieren beginnt, hört automatisch auf zu hassen.

Freundlichkeit ist ansteckend.

Liebe ist stärker als Hass. Licht (Energie) vertreibt die Finsternis (Abwesenheit von Energie).

Wer dem Feind freundlich entgegenkommt, überrascht ihn.

Überraschung, Aufsprengen der Erwartungshaltung. Da wird er neugierig: He, wieso macht denn der/die das?

Jesus rät uns, seinen Jüngern, dass wir für die beten sollen, die uns verfolgen.

OK, wir hier leben nicht in einer Situation der Christenverfolgung.

Aber hat jemand Feinde? Ungute Nachbarn? Depperte Kollegen, ungerechte Lehrer, verständnislose Chefs …? Penetrante Familienmitglieder? Bekannte, um die man lieber einen Bogen macht?

Ignatius von Loyola schlägt eine super Methode vor.

Stellen wir uns zuerst einen Menschen vor, den wir sehr schätzen und mögen. Wünschen wir dem/der von Herzen alles Gute. Stellen wir uns ruhig Einzelheiten vor. Geht gut, oder?

Pause, durchatmen – Dann stellen wir uns jemand vor, der uns egal ist – einen Nachrichtensprecher aus dem Fernsehen, die Verkäuferin vom Supermarkt o. ä …. und probieren das Gleiche: wünschen wir ihr/ihm von Herzen alles erdenklich Gute …

Geht auch ganz gut.

Aber jetzt: Stellen wir uns einen vor, den wir absolut nicht ausstehen können.

Und wünschen wir dem alles Gute – erinnern wir uns an das Gefühl, das wir bei dem Menschen hatten, den wir mögen … übertragen wir dieses Segensgefühl auf den, den wir nicht mögen.

Es geht.

Und wir sollen es so lange üben, bis es mühelos geht.

3x täglich.

Übrigens: Jesu Worte in der Bergpredigt sind keine Kochrezepte oder Bauanleitungen. Es geht um die Grundhaltung.

Jesus, dem die Volksmassen ja nachlaufen als einem Befreier, weist ausdrücklich darauf hin: Nein, es geht nicht um einen Umsturz, nicht darum, die Gesetze aufzuheben – sondern es geht darum, das Herz einzuschalten, das gesunde G’spür für das, was rechtens ist …

Es geht nicht ums Gesetz, sondern um lebende Menschen.

Es ist auch manchmal so, dass sich Menschen hinter Gesetze zurückziehen, verschanzen, weil sie zu bequem sind, sich selber mit ihren Mitmenschen auseinander- oder besser zusammenzusetzen und nach Lösungen zu suchen. Die jüdischen und alle anderen Religionspolizisten haben diese Tendenz.

Man kann ein Gesetz so anwenden, dass es größtes Unrecht verursacht.

Jesus will uns sagen: Ihr müsst es anders machen.

Vielleicht erinnert sich wer an Petrus, wie der den Jesus fragt: Wie oft muss ich meinem Nächsten vergeben? 7 mal?

Jesus antwortet: nicht 7x, sondern77x. Liebe Brüder und Schwestern: Das ist keine Zahlenangabe (dass ich beim 78x den anderen köpfen darf …)! Sondern orientalische Redeweise und meint: Lieber Petrus, du musst grundsätzlich vergebungsbereit sein. Ohne Limit.

Den Feind lieben: die Herausforderung annehmen, mich mit dem anderen zusammenzuraufen … es ist eine immerwährende Aufgabe.

Ignatius von Loyola schreibt, Menschen, die Exerzitien machen,sollten in der Gebetszeit eine Bibelstelle “betrachten”. Eine Begebenheit aus dem Evangelium sich so vorstellen, als ob man selber dabei wäre und eine der angegebenen Rollen dabei übernehmen.

Heute würde man sagen: Stell dir vor wie Jesus z. B. heilt oder predigt, wie einen Film, in dem du auch in irgendeiner Rolle (die du dir aber aussuchst!) mitspielst.

Über die dabei entstehenden Gedanken und Gefühle, Erkenntnisse, Eindrücke usw. komm anschließend mit Gott oder Jesus ins Gespräch …

 

Zu Beginn deiner Gebetszeit bete das Vorbereitungsgebet:

 

Herr, öffne mir die Augen,

mach weit meinen Blick und mein Interesse,

damit ich sehen kann,was ich noch nicht erkenne.

 

Herr, öffne mir die Ohren,

damit ich dein Wort nicht nur höre,

sondern verstehe,

was du mir sagen willst.

 

Herr, gib mir ein großzügiges Herz,

das sich deinem Wort überlässt

und zu tun wagt,

was es noch nicht getan hat.