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Predigt                                                         7./8. 8. 2021   Pucking

Liebe Brüder und Schwestern!

Wir lesen das manchmal in der Zeitung, oder wir hören es in den Nachrichten: Der bekannte Politiker XY, … irgendwas ist vorgefallen, ein besonderer Misserfolg meistens,  – zieht sich ins Privatleben zurück.

Es reicht.

Jetzt mach ich das, mit dem ich mich von Jugend an auskenne, ich geh auf Nummer sicher, da kann nichts schief gehen, ich will meine Ruhe haben.

Ich kenne das heute wieder von einer Reihe hochgradig engagierter Menschen in der Kirche, die sich ins Privatleben zurückziehen – ehemalige Pfarrgemeinderäte, Religionslehrerinnen, Vorsitzenden von kirchlichen Gremien.

Begeistert waren sie in den Anfängen, der Aufbruch des 2. Vatikanischen Konzils, wohl auch die eigene Jugend damals, die Hoffnungen und Erwartungen, die sich knapp vor ihrer Erfüllung zerschlugen … Die Lage in der Kirche ist jetzt so –dass sie sich einwintern und warten auf bessere Zeiten… oder dass sie einfach gehen.

Liebe Brüder und Schwestern: So ähnlich, aber noch ärger, ist es dem Elia gegangen, hören wir in der Lesung. Er ist total fix und fertig und wünscht sich nur mehr den Tod – seine Ruhe will er haben, für immer.

Der Grund dafür – und der kommt im Text leider nicht vor: die Königin hat ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt. Elia hat sämtliche Baalspriester hinmetzeln lassen, nach dem er vorher eine Wette gegen sie gewonnen hat. Elia hat ein Gottesurteil inszeniert, welches Opfertier besser brennt, auf dessen Seite ist der mächtigere Gott, Jahwe gegen Baal – über sein Opfertier hat er Hektoliter Wasser schütten lassen, und trotzdem ist sein Opfer anstandslos verbrannt und das der versammelten Mannschaft an Baalspriestern, der Religion der Königin, nicht.

Und jetzt ist er auf der Flucht, mit knapper Not der Rache entkommen, mitten in der Wüste – statt als strahlender Held die Jahwereligion in Israel neu festigen.

Trotz Großleistung gescheitert.

Und geradeso geht es heute vielen, die trotz enormer Anstrengung keine Erfolge sehen, wo Pläne nicht aufgehen, Projekte scheitern, Lebensentwürfe platzen bevor sie sich erfüllt können.

Auch wir erleben das, und sind wir verzweifelt oder ziehen uns – zum Selbstschutz – zurück.

Und genau in solche Situationen hinein möchte Gott uns neuen Mut zusprechen, Kraft geben…

Drei Sonntage hindurch geht es um die Brotvermehrung, in all ihren Varianten und mit Nachwirkungen.

Die Speisung der 5000 – beinahe aus dem Nichts heraus – soll allen Menschen der Zukunft, nachdem sie sich ereignet hat, Mut machen: Jesus ist jederzeit in der Lage, uns zu stärken und neu aufzurichten.

Und er machts geduldig. Der Prophet Elia will zuerst gar nicht. Er isst und trinkt und dreht sich auf die andere Seite, um weiterzuschlafen. Aber beim dritten Mal ist er so weit und so gut drauf, dass er wieder das tun kann was ansteht.

Wir brauchen Erholungsphasen – oder Zeiten der Trauer, des Verarbeitens, des Verschnaufens – Gott weiß das, sie hat uns immerhin erschaffen.

Wir brauchen Zeiten, damit wir zu uns selber kommen, gründlich nachdenken und beten.

Ein besonders wichtiger Grund, warum sehr engagierte und fähige, tüchtige Menschen oft den Hut draufhauen, ist es, dass sie die Verbindung zu Gott nicht spüren.

Sie können irgendwann einfach nicht mehr, weil ihre eigene Kraft und Geduld aufgebraucht sind.

Sie haben es übersehen, dass die eigentliche Kraft von oben kommt.

Und dass sie immer kommt, wenn wir darum bitten.

Es ist halt leider in zu glauben, es sei schlecht, wenn man nicht alles allein schafft und um Hilfe bitten muss. Viele genieren sich irgendwie vor Gott, dass sie es nötig haben.

Es ist weit verbreitet, einem anderen Gott zu huldigen als Jahwe. Dem “Wassa“ Gott. „Wassa – gen die Leute“, „Wassa-gen die Nachbarn, die Kollegen, die Familie… „Schau, die/der schafft es nicht!“ Was Gott zu sagen hat, bleibt gleichgültig. Sogar wenn es lautet: „Du schaffst es weil ich dir helfe“.

Wir werden einen immensen Zuwachs an Kraft bemerken – weil Gottes Möglichkeiten unendlich sind.

Im Einsatz für andere, auch wo lange kein Ergebnis in Sicht ist.

Im Glauben, dass Frieden möglich ist und Versöhnung auch nach der 77. Enttäuschung und nach dem schweren Rückschlag. Sehen wir das Gute im Mitmenschen – und wo wir es nicht gleich sehen – suchen wir es!

Lassen wir uns den Hunger nach Gerechtigkeit niemals stillen durch materielle Placebos (Wohlstand, gesellschaftlicher Aufstieg, Privatleben, Vergnügungen …) – und lassen wir uns niemals die Sehnsucht ausreden, die Sehnsucht danach, dass alles auch ganz anders sein könnte, dass es einen Sinn hat sich einzusetzen ohne sichtbaren Nutzen für uns –

Wir werden die Kraft haben, wenn wir sie uns schenken lassen.

Amen.

Predigt                                                                                     4. Advent 2019

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

„Träume sind Schäume“, sagt der Volksmund. Stimmt das?

Dahinter steckt die gleiche Geisteshaltung, die Blumen in einem Garten für überflüssig hält…

Die großen spirituell Begabten der Menschheitsgeschichte aller Religionen und die moderne Wissenschaft sagen etwas anderes.

Die Psychologie weiß: In den Traumphasen während des Schlafes regeneriert sich das Gehirn, erholt sich die Seele: Erfahrungen des Tages – und von denen verdanken wir 70 % dem Unterbewusstsein, wir nehmen viel mehr wahr, als das Wachbewusstsein mitbekommt, werden geordnet zu einem Ganzen, aber so, dass oft ein neues Muster entsteht – oft spüren wir nach einem guten Traum plötzlich ganz genau, was wir zu tun haben.

Viele glaubende Menschen haben die Erfahrung gemacht: Gott spricht zu uns mit Hilfe der Träume.

Bei Exerzitien wird immer nach den Träumen gefragt, sie sind wichtig für die geistliche Erfahrung.

Und dann gibt es noch die anderen Träume, die wir so nennen: die großen mutigen Entwürfe der Menschheit, Visionen, Ideen, die oft lang im Verborgenen wirken und sich entfalten, bis sie sichtbar und für viele, die so etwas bislang für unmöglich gehalten haben, überraschend ans Licht kommen.

Von beiden Arten zu träumen spricht heute das Evangelium zu uns, gibt es eine gute Nachricht Gottes an uns.

Es wird von einem Traum Josefs berichtet.

Josef hatte zuvor einen Traum für sein Leben, der soeben zerbrochen war: Bei den Römern gearbeitet monatelang, tüchtige Zimmerleute wurden gebraucht beim Aufbau der Stadt Sephoris und anderswo, gutes Geld ließ sich da verdienen, und dann baue ich mir eine eigene Werkstatt auf in Nazareth, mit Maria zusammen, über ein Jahr sind wir schon verlobt, es wird Zeit für die Hochzeit, wie ich mich freue …

Geplatzt wie eine Seifenblase – als er heimkommt, ist Maria sichtlich schwanger. Aus der Traum. Was soll er tun? Alles kurz und klein schlagen vor Wut? Maria vor Gericht bringen? Sich betrinken? Mit einem Freund drüber reden? Beten? Oder alles nacheinander? Er kommt zum Schluss: Je eher ich von hier fortgehe, diesmal für immer, desto besser … Und während Josefs Gedanken und Gefühle noch rotieren, fällt er in einen unruhigen Schlaf.

Und in diesem Moment, in dem er seinen Lebenstraum verloren gibt, gerät er an einen anderen, größeren Traum: Gottes Lebensentwurf ist anders und schöner – du hast dich in Maria nicht getäuscht, verbringe dein Leben mit ihr, sie erwartet Gottes Kind, sei diesem Kleinen ein guter Vater, sei für ihn da, erziehe ihn, lehre ihn zu vertrauen, gib ihm Sicherheit…

Gott träumt – von großherzigen, liebenden, vertrauenden, tatkräftigen Menschen, die die Welt ein Stück besser hinterlassen, als sie sie vorgefunden haben.

Gott träumt von und hofft auf Menschen wie Josef – die hinausschauen über die engstirnigen Vorstellungen der jeweiligen Zeit und über den eigenen Tellerrand.

Mit solchen Menschen kann die Wüste blühen.

Wovon träumt Gott heute?

Wieviele Träume Gottes sind in der Geschichte schon Wirklichkeit geworden?

Lange Zeit galt es als unvorstellbar, dass alle Menschen frei geboren sind und die gleiche Würde und die gleichen Rechte haben.

Dass nicht jede Geburt ein Risiko auf Leben und Tod darstellt oder dass man einen Blinddarm- oder Lungenentzündung im allgemeinen überlebt.

Dass alle Kinder zur Schule gehen.

Dass in unserem Land niemand erfriert oder verhungert.

Dass Menschen ihre Regierung selber wählen und bilden und nicht den Launen einzelner Familien oder Monarchen ausgeliefert sind.

Dass man den ganzen Planeten bereisen kann.

Dass Frieden herrscht – zumindest zwischen Deutschland und Frankreich. Zwischen Frankreich und England. Zwischen England und Amerika. Zwischen Österreich und Italien.

Da fällt uns auch sofort ein, wo die Träume Gottes noch auf Verwirklichung warten. Die Wüste blüht noch nicht überall, weil Menschen es vorziehen Leben zu zerstören statt zu ermöglichen …

Wovon träumen wir? Wovon träumst du?

Dass ein Streit aufhört, Versöhnung möglich ist? Dass jemand gesund wird? Dass die neue zusammengewürfelte Familie hält, endlich Geborgenheit und Glück vermittelt? Dass es nach 3 schlechten Erfahrungen einmal eine gute gibt? Einen sicheren Arbeitsplatz? Mehr Freude und Erfolg in der Schule? Verlässliche Freunde?

Dass die Natur nicht weiter vergiftet und zerstört wird? Friede zwischen allen Völkern und Menschen dieser Erde?

Dass alle spüren können: Gott liebt uns und ist immer da?

Wir sind eingeladen zu träumen. Gottes Möglichkeiten zu sehen, so tief zu glauben und so unkonventionell zu handeln und so praktisch zu lieben wie Josef es getan hat.