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Liebe Brüder und Schwestern!

Drei Sterndeuter

Im Evangelium begegnen uns heute drei Phantasten. Sie beschäftigen sich mit Sternen und ihrer Bedeutung für die Menschheit. In ihrer Neugier verfolgen sie eine Spur, für die ein halbwegs realistischer Mensch weder Zeit noch Geld investieren würde. Sie nehmen sogar die Strapazen einer langen Reise auf sich. Auf ihrem Weg begegnen sie einem Politiker, der vor allem daran interessiert ist, was deren Theorien für seinen Machterhalt bedeuten könnten. Weiters begegnen sie Verwaltern alter religiöser Überlieferungen, deren Tätigkeit ähnlich exotisch ist wie ihre eigene Wissenschaft. Aber immerhin bekommen sie von diesen einen kryptischen Tipp, der ihnen weiterhilft. Schließlich landen sie bei einem Stall mit einem Neugeborenen und dessen Eltern. Und hier sind sie sich gewiss, das Gesuchte gefunden zu haben.

Im Stall.

Vielleicht waren sie anfangs ein bisschen enttäuscht.

Vielleicht haben sich die drei darüber unterhalten, ob denn das sein kann, dass sie bei diesem armseligen Stall am Ziel sind. Oder ob sie sich vielleicht geirrt haben.

Dann trauen sie sich hinter die Tür zu sehen.



Es ist eine phantastische und zugleich realistische Geschichte, die uns da erzählt wird: Die Sehnsucht, etwas für die ganze Menschheit Bedeutungsvolles zu entdecken treibt seit jeher wissensdurstige und wache Geister aus allen Völkern. Einigen von ihnen gelingt es, die Mosaiksteine ihrer Erkenntnisse so zusammenzufügen, dass sie eine neue, tiefere Sicht großer Zusammenhänge ermöglichen.

Menschen, die wirklich auf der Suche sind – den weiten Weg auf sich nehmen, Reisen war zur Zeit Jesu alles andere als eine Urlaubserholung, war lebensgefährlich …

Aber sie mussten um jeden Preis sehen, wer da geboren wurde … Den großen König. Den besonderen, einzigartigen.

Wir wissen, wo sie ihn gefunden haben. Den, den die Sterne lange zuvor angekündigt hatten.

Liebe Brüder und Schwestern, bei uns gibt es zu wenige Menschen, die auf der Suche sind. – Menschen, die wirklich auf der Suche sind – auch einen weiten Weg und einige Anstrengungen auf sich nehmen…

Im spirituellen, religiösen Bereich sowieso – aber nicht nur dort.

Wie viele nehmen sich wirklich ausreichend Zeit, machen sich die Mühe und schauen hinter die Fassaden?

Das Äußerliche ist oft das Um und Auf. Wer arm oder hässlich oder unwichtig wirkt, da riskiert man keinen 2. Blick. Unsere Forschungen bleiben oft bei den Königshöfen und etablierten Antworten hängen.

Man sucht möglicherweise spirituelle Erfahrung, einen Guru, Erleuchtung durch Meditation oder sonstige fromme Übungen oder was weiß ich – aber nicht das Göttliche, das in jedem Menschen verborgen steckt und auf die Entdeckung wartet.

Auf Entdeckung und Förderung, Entfaltung.

In jedem Kind – gerade auch der armen Länder – schlummern ungeahnte Möglichkeiten.

Sie sind es wert, ans Licht zu kommen. Die Sternsingeraktion will heuer dazu einen Beitrag leisten. Unser Geld für Schulbildung dort …

Lernen wir wieder, über den Tellerrand unserer selbst auferlegten Wahrnehmungsbeschränkungen und über scheinbare Sachzwänge hinauszuschauen. Öffnen wir den Blick für die Weite und Tiefe unserer menschlichen Existenz, für die wir in unserem Alltag meistens so wenig Platz haben.

Die Welt braucht Phantasten, die den Traum nicht aufgeben, dass die Probleme dieser Welt lösbar sind, die die Mühe, Sorgfalt, Geduld und Mittel aufbringen, sie anzupacken, ihre Vision in die Tat umzusetzen. Die das Heil nicht von der großen Politik und da besonders vom „starken Mann“, von einer Ideologie oder von den Religionsführern dieser Erde erwarten, sondern vom eigenen Einsatz, von den Menschen in den Ställen, Notunterkünften außerhalb der Zentren und Glaspaläste…

Die Welt braucht Menschen wie unsere Sternsingerkinder und Begleitpersonen. Gott und die Welt braucht uns.

Das schwarze Schaf Billy

Billy war traurig.

Die anderen Schafe hatten wieder einmal miteinander gespielt, gefressen und vor dem Schlafengehen Neuigkeiten ausgetauscht – aber ohne ihn. Jeden Tag ließen sie ihn merken, dass er irgendwie nicht dazugehörte, dass sie ihn nicht dabeihaben wollten, weil er anders war.

Alle Schafe hatten ein weißes Fell – nur Billy war schwarz.

Seine Mutter hatte ihn jedes Mal mit großen runden Augen angeschaut, wenn er zu ihr gekommen war – und oft hatte sie ihn stundenlang abgeleckt in der Hoffnung, dass die Farbe abgehen würde und ihr Sohn so aussehen würde wie die anderen.

Billy war mit dem Gefühl, ein Außenseiter zu sein, vertraut.

Heute aber war es besonders schlimm.

Die Hirten der Schafe waren ganz aufgeregt, froh und ein bisschen ängstlich zugleich – und diese Stimmung hatte sich auf die Schafe übertragen: Ein Gefühl der Erwartung und Vorfreude hatte sie noch lange vom Schlaf abgehalten.

Freilich, mit Billy redete niemand.

Heute schubsten ihn die größeren weißen Schafe mehrmals weg, als er ihnen lästig wurde mit seinen Fragen; sogar seine Mutter tat so, als würde sie ihn nicht bemerken.

Dabei hätte Billy zu gern gewusst, worum es ging. Es musste wohl etwas Besonderes und Schönes sein, soviel hatte er begriffen.

Nun kauerte Billy einsam in der Ecke des kleinen Stalls, in dem er schon oft seine Zuflucht genommen hatte. Tränen kullerten über sein Fellgesicht, und er wünschte sich wie so oft, dass alles doch ganz, ganz anders wäre …

So sehr war Billy mit seinen Gedanken beschäftigt, dass er die Leute erst bemerkte, als sie schon mitten im Stall standen. Erschrocken drückte sich das kleine schwarze Schaf in den dunkelsten Winkel.

Der Mann richtete Stroh zu einem Haufen zusammen, auf den sich die Frau mit einem Seufzen sinken ließ.

In den nächsten Stunden war ziemlich viel los im kleinen Stall. Hirten kamen und gingen; zwei ihrer Frauen blieben, und gegen Mitternacht war ein Menschenjunges geboren worden, das nun in der einen Futterkrippe ruhig lag.

Die Hirtenfrauen waren wieder gegangen, die Eltern des Babys eingeschlafen.

Nun traute sich Billy aus seiner Ecke hervor. So gern wollte er das neugeborene Kind sehen – er wusste jetzt, worum es bei der Aufregung bei Hirten und Schafen gegangen war.

Vorsichtig näherte Billy sich der Krippe. Einmal nur dem Kind ins Gesicht sehen…… Aber wie erschrak das kleine schwarze Schaf, als sein Gegenüber plötzlich die Augen öffnete – und ihn, Billy, den niemand mochte, anlächelte. Billy war so froh, dass er sich an das Kind kuschelte – und zugleich mit diesem glücklich einschlief.

Billy erwachte, weil Menschen miteinander redeten.

Ah, da ist ja der kleine Ausreißer … ja, wenn ihr ihn brauchen könnt, bittesehr, nehmt ihn als Geschenk von uns …

Zuerst erstarrte Billy, als er die Hirten hörte. Aber dann öffnete er die Augen, es war schon mitten am Tag, er sah ein wunderschönes liebevolles Gesicht, das sich jetzt weiter zu ihm herunterneigte. „Ja, so ein liebes kleines Schaf – es wird der erste Spielgefährte für unser Kind sein“, sagte die Mutter des Kleinen, und dabei kraulte sie Billy sanft hinter den Ohren.

Es begegnen uns immer wieder Personen, bei denen wir einfach nicht „ankommen“. Wenn du dich ärgerst, dass dich bestimmte Menschen nicht mit offenen Armen willkommen heißen, mach dir bewusst: Du bist in der besten Gesellschaft.

Jesus hat durchaus nicht bei allen Anklang gefunden. Wir hören es am Weihnachtstag im Evangelium: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf“ (Joh 1,11).

Schon seinen Eltern ging es so. In vielen Pfarren gibt es den Brauch des Herbergsuchens. Es erzählt davon, wie Maria und Josef – beinahe – vergebens eine Unterkunft suchen in Betlehem.

Schließlich wird ein Stall zum Ort der Geburt.

Du kannst heute einmal nachschauen, wo sich bei euch zuhause die Weihnachtskrippe befindet, die dann am 24. Dezember unter dem Christbaum oder an einem besonderen Ort aufgestellt wird.

Ist etwas zu reparieren? Ist sie vollständig? Du kannst sie auch leer, ohne Figuren, schon einmal aufstellen …

Predigt                                                     25. 12. 2019

Liebe Brüder und Schwestern!

„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“

Wie oft haben wir diesen Satz schon gehört? Ist für uns nichts Besonderes mehr, nichts, das uns aufhorchen lässt.

Seien wir froh – denn das ist ein Beweis dafür, dass wir in einer christlichen Kultur, Umgebung leben.

Im 2. Jahrhundert noch hat diese Vorstellung Anstoß erregt – so sehr, dass der Theologe Markion in Kleinasien die Geburtsgeschichte Jesu nach Lukas, wie wir sie gestern Abend und in der Nacht gehört haben, aus der Bibel gestrichen hat. In einer Weihnachtspredigt soll er gesagt haben: „Schafft mir die Krippe aus den Augen und die eines Gottes unwürdigen Windeln!“

Bei Markion erscheint Jesus als verkleideter Gott mit einem Scheinleib in der Synagoge zu Kafarnaum und beginnt dort mit seinem Wirken.

Dass Gott in seiner Erhabenheit und Größe sich so weit herablässt, buchstäblich Fleisch zu werden, das ging nicht in Markions durch die griechische Philosophie ausgebildeten und verbildeten Kopf – Geist ist gut und daher höher zu bewerten als die schlechte minderwertige Materie … diese Vorstellung kommt aus dem Heidentum, nicht aus der biblischen Tradition.

In der Sprache der Bibel meint Fleisch die ebenso genuss- wie leidensfähige sterbliche Seite des Menschen.

Genau so einer wird Gott in Jesus. Ein Mensch aus Fleisch und Blut. Geboren werden, Kind sein, jung sein, glauben, hoffen, träumen, lieben, lachen und weinen können, beten, suchen und fragen, einen Willen haben, ein Herz, Freunde, ein Zuhause und einen Himmel haben.

Aber Menschsein heißt auch: Keinen Platz finden und kein Zuhause haben, nicht zugelassen werden, unerwünscht sein, hilflos und ausgeliefert, allein und einsam, enttäuscht und müde, nervös und unruhig; – Angst haben, sich ausgenützt und leer vorkommen, Wunden spüren auch hinter einem lächelnden Gesicht; Abschied nehmen, zurücktreten, sterben müssen.

So ein Mensch wird Gott.

Ein Mensch auf dieser Erde.

Was ist die Erde? Ein Staubkorn im riesigen Universum, ein wahres Nichts innerhalb der Galaxien. Die Geschichte der Menschheit: nicht einmal eine Hundertstelsekunde auf der Uhr unseres Kosmos.

In Israel – ein völlig unbedeutender Volksstamm unter den Großmächten der antiken Welt. Betlehem – ein winziges Kaff abseits der berühmten Metropolen wie Rom oder Athen.

Die Krippe: ein Unterstand und Futtertrog für Schafe und Ziegen.

Wenn hier der Ort ist, an dem wir Gott schauen, berühren und anbeten können: dann werden bestehende Werte umgestürzt.

Das Neugeborene, das angewiesen ist auf andere Menschen, die Mutterbrust braucht und in Windeln gewickelt wird, weil er sie durchaus nötig hat: dieser Jesus kommt in unser Fleisch, wird leiden, wie wir leiden, wird Einsamkeit und Ablehnung erfahren und am Kreuz sterben.

Seit er ganz einer von uns geworden ist, kann Gott selber erfahren, wie uns Menschen oft zumute ist.

Sie kennen den lange Jahre beliebten Schauspieler Fritz Muliar. Er erzählte in einer Anekdote aus seinem Leben: Als kleiner Bub in der Kirche war er total verblüfft – er hat das Evangelium gehört „und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ nd hat das wörtlich verstanden. Was, unter uns – da wohnten im Erdgeschoß die Müllers, und über die hat jeder getratscht in der Stadt, mit denen wollte man nichts zu tun haben, geradegegrüßt, bei denen stimmt es hinten und vorne nicht, weiß nicht, was der Müller arbeitet, es heißt, eins der Kinder ist gar nicht von ihm, und die Feiern, mit Unmengen Alkohol und Zigaretten, na freunde dich mit dem Sohn ja nicht an, hat die Mutter geraten.

Und grade bei denen da UNTER UNS, da soll der Herrgott wohnen – na danke. Unglaublich.

Liebe Brüder und Schwestern, aber genau das ist es. Gott wohnt wirklich bei Menschen wie den Müllers.

Gerade auf dem Hintergrund der Bilder, die uns täglich ins Haus geliefert werden, die zahllosen Menschen mit angeschlagener Würde durch Krieg, Katastrophen, Not, Gewalt, Unrecht: auch der letzte im hintersten Winkel der Erde und vor unserer Haustür, mit denen gemeinsam Weihnachten zu feiern uns nicht in den Sinn kommt: genau so einer ist Jesus geworden. Und so stellt er die Würde all derer wieder her. Keiner ist eine austauschbare Nummer, ein Zeit- und Kostenfaktor, Statistikfall, Arbeitskraft oder Stimmvieh. Jede und jeden, deren menschliche Würde auf dem Spiel steht, ist bei Gott ein Mensch mit Rang und Namen.

Jesus kennt seine Schwestern und Brüder.

Fürchten wir uns nicht.