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Predigt               Mariä Himmelfahrt 2023 – Abschiedsfest

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder – es wird mir abgehen, jeden oder fast jeden Sonntag Menschen in der Kirche so anzusprechen. Im ersten Jahr als Pastoralassistentin in Hörsching ist mir diese Anrede gar nicht leicht gefallen – ich hab ein paar Monate gebraucht, bis es mir leicht über die Lippen gegangen ist.

Ich habe begriffen, verinnerlicht, dass es stimmt.

Wir sind in der Tat Geschwister.

Hier unsere Kirchengemeinde. Alle Christen – aber eben auch alle Menschen auf diesem Planeten. Die vor uns, die jetzt lebenden und die nach uns Kommenden.

Sie dürfen uns nicht egal sein. Sie gehen uns etwas an.

Was hat das mit dem heutigen Feiertag zu tun?

Damit, dass Maria, die Mutter Jesu, als ganze – als a Ganze, wie wir hier sagen, in den Bereich Gottes aufgenommen worden ist. Mit Leib und Seele.

Den Ausdruck „mit Leib und Seele“ – das kennen wir. Menschen, die ebene ganz und gar z. B. Ärztin sind oder Krankenschwester oder Seelsorger oder Künstlerin, Wissenschafter. Oder auch Gärtner, Lehrerin, Erzieher oder Mutter und Vater.

Maria dürfte mit Leib und Seele, ganz und gar, ein glaubender Mensch gewesen sein. Mit Gott in jedem Moment ihres Lebens verbunden. In jeder Tätigkeit, mit jedem Gedanken im Bewusstsein der Gegenwart, Anwesenheit des/der Ewigen. Die Heilige Schrift beschreibt es so: Du sollst deinen Gott lieben mit ganzer Seele, ganzer Kraft und all deinen Gedanken (– und deinen Nächsten wie dich selbst.)

Das kann man nicht einfach zum Verschwinden bringen, das überdauert den Moment des Sterbens, das bleibt in der anderen Welt.

Die andere Welt ist neben und um uns. Greifbar nahe. Wir nehmen nur nicht wahr, was sich da abspielt, weil es – möglicherweise – zu schnell ist…?

Die Physik sagt, dass ab einer gewissen Geschwindigkeit unser Auge nicht mehr begreift, dass da etwas ist, vorbeisaust … Film und Fernsehen arbeiten so. Ab 10-15 Bildern pro Sekunde nimmt unser Sehvermögen, unser Hirn das ganze als Geschehen auf, als Film.

Und ab einer gewissen Geschwindigkeit sehen wir gar nichts mehr.

Zeit und Raum spielen bei Gott keine Rolle.

Und der biologische Verwandtschaftsgrad genauso wenig.

Maria im Himmel – das meint auch: Wir alle, jede und jeder von uns, ist mit Jesus Christus genauso verwandt, ihm genauso nahe wie Maria.

Ich verabschiede mich heute von euch. Das Leben geht rasant weiter, mit Änderungen hier bei euch und mit einer großen Änderung für mich. Ich bin in meinem Leben schon mehrmals übersiedelt – als Mensch und Persönlichkeit bleibt man dieselbe.

Es gibt ein geflügeltes Wort: Nur wer sich wandelt, bleibt sich treu.

Die Pfarre, bald die Pfarrteilgemeinde Haid wird auch dieselbe bleiben.

Ja sie wird nur Bestand haben, weil und inwiefern immer wieder Veränderung geschieht – immer wieder neue Menschen dazukommen und sich einbringen.

Und weil Bräuche, auch Lieb und teuer Gewordenes, wenn es das Leben behindert, die Entwicklung aufhält, leichten Herzens entlassen und aufgegeben wird. Platz schafft für Neues.

Ich bin einige Male positiv überrascht gewesen, wie offen die Pfarre Haid für Neues ist, wie sich immer wieder andere, bessere Wege aufgetan haben.

Wir sind eingeladen, von Maria aus Nazareth zu lernen: auch für unser normales persönliches Leben in der je eigenen Situation und Umgebung.

Und so wünsche ich Ihnen, euch allen: gedeihliche Weiterentwicklung – Im Bewusstsein, dass ihr alle, dass wir alle Gesegnete sind.

Liebe Brüder und Schwestern!

Märchen, Sagen, Legenden – dort kommt so etwas vor… Wir alle haben dieses Evangelium im Lauf der Jahre als gute Christen immer wieder gehört. Wir wissen schon: Es geht darum, wer Jesus wirklich ist. Es ist wichtig, dass die Jünger in der bevorstehenden Zeit der Verhaftung und Ermordung Jesu nicht den Glauben und die Hoffnung verlieren, weil sie wissen dürften und sich an diese Erfahrung erinnern: Ihr Rabbi, ihr Lehrer, ihr Meister ist kein gewöhnlicher Mensch, sondern stammt von Gott. Das ist mein geliebter Sohn, sagt die Stimme – oder begreifen sie in blitzartiger Erkenntnis.

Die Autoren, Redakteure des Matthäusevangeliums verfolgen aber mit dem Weitererzählen dieser Verklärung Jesu, wie es heißt, noch einen besonderen Zweck:

Jesus veränderte sein Aussehen, steht da, im griechischen Text Metamorphose, und dies ist in der griechisch-römischen Antike ein bekanntes Wort. Die Menschen aus dem umliegenden Kulturraum verstanden: da geht es um den göttlichen Bereich. Das Erscheinen in einer anderen beliebigen Gestalt war in ihrer Mythologie den Göttern vorbehalten.

Wenn in den Erzählungen über Jesus von seiner Metamorphose geredet wird, dann weckt das Ehrfurcht und Interesse – voll positiv, die besten Chancen, um mit den Heiden ins Gespräch zu kommen.

Und wo ist die frohe Botschaft für uns?

Mose und Elia treten auf – längst verstorben. Offenbar sind sie als erkennbare Persönlichkeiten einwandfrei erkennbar. Und:
Beide wissen, um wen es sich bei Jesus handelt, mit dem sie da sprechen. Mit dem sie sich austauschen.

Es ist die Botschaft vom Leben nach dem irdischen Tod, von der Dimension Gottes, die als erfahrbare Realität auf uns wartet – oder immer schon da ist neben uns und um uns…

Und da ist noch der Berg.

In allen religiösen Vorstellungen der Menschheitsgeschichte sind Berggipfel Sitz der Gottheit. Wieso?

Ein Ort, der sich abhebt von den Niederungen des Alltags. Man braucht Zeit, um hinaufzugelangen, Ablenkung schwindet, das Gewöhnliche interessiert zunehmend weniger, es beginnt ein Spüren dessen, worauf es ankommt …

Und: Wer wir eigentlich sind.

Staubkörner im Weltall, oder unendlich kostbar und von Gott geliebt und gewollt …

Es ist jetzt Urlaubszeit.

Vielleicht haben Sie solche Momente, solche Zeiten selber erlebt.

Ehrfurcht vor der Schöpfung. Nähe zu Gott – in der freien Natur, weitab vom Alltag.

Das Religiöse, Numinose, Außergewöhnliche ist unverzichtbar für unser Glück, Leben, Wohlbefinden, für unsere Gesundheit.

Wenn wir uns immer wieder Zeiten der Stille, des Alleinseins gönnen, unbeeinflusst vom Gedankenstrom und Lärm dessen, was grade üblich ist in der breiten Masse – dann werden wir zunehmend normal – weil wir uns auf das ausrichten und hinordnen, was wirklich zählt. Gottes Meinung. Leben. Freude, Mitmenschlichkeit, — wir können unser Gewissen wieder hören oder besser hören.

Wir sehen über den Tellerrand. Wir sehen mehr als bisher und verstehen ganz neu.

Ich wünsche Ihnen und mir, dass wir uns solche mystischen Erlebnisse, Ausflüge ins Wunderbare, gönnen.

Lesen. Filme. Eine Auszeit, vielleicht in einem Kloster, pilgern, ein Urlaub oder Ausflug weg von zu Hause. Eine Bergwanderung.

Wir sind die Freunde und Geschwister von Jesus – es tut uns gut und er freut sich, wenn wir uns oft in seiner Gesellschaft bewegen …

Liebe Brüder und Schwestern!

Fürchten Sie sich vor dem Tod? Oder gehen Sie ihm gelassen und getrost entgegen?

Was fühlen und denken Sie, wenn sie daran denken, dass Sie eines Tages sterben werden?

Es ist durchaus angebracht, dass wir uns mit dieser Frage beschäftigen. Denn:

Unser Sterben ist das einzige Ereignis, das uns allen, jedem/r einzelnen, todsicher bevorsteht.

In der öffentlichen Meinung, in Büchern und Fernsehbeiträgen, Zeitungen und Liedern usw. und auch im religiösen und kirchlichen Bereich gibt es verschiedene Meinungen, wie mit dem Tod umzugehen sei:

  1. Die Toten bleiben lebendig, weil und insofern wir oft an sie denken.  Grab pflegen, oft besuchen, Kerzen anzünden, Erinnerung hochhalten (Fotos, deren Besitztümer …)
  2. Sterben ist ganz normal, weil das Erdenleben sowieso nur eines von vielen ist und wir eh wieder geboren werden.
  3. Man braucht sich vor dem Tod nicht fürchten, weil es dann nicht „aus“ ist, sondern in anderer Form weitergeht, schöner und besser, schmerzfrei, und man die vorausgegangenen Lieben wieder trifft.
  4. Und dann gibt es noch immer oder schon wieder diese Angstmacherei, wo Menschen mit Höllenvisionen und Drohbotschaften terrorisiert werden. Obwohl man einmal vor 30 Jahren geglaubt hat, damit ist es endgültig vorbei.

Wenn wir uns von dieser letzten Vorstellung zu Recht abwenden, so ist damit noch nicht gesagt, dass uns die anderen erstgenannten froh machen.

Mir kommt das so als Verharmlosung vor. Teils ein Verdrängen, was auch von weiten Kreisen gemacht wird, aber doch so ein nicht ganz ernst Nehmen, auf die leichte Schulter, so als ob eh nichts Besonderes passiert …

Bei der Idee von der Wiedergeburt erlebt man es ja immer wieder, dann kanns nicht so arg sein.

Es ist verständlich, wenn Menschen bestrebt sind, eigene und fremde Angst zu bekämpfen. Aber wird da nicht etwas ganz Wesentliches weggenommen, und vorenthalten, was zum Menschsein dazugehört?

Viele leiden darunter – meist ohne zu wissen, wieso -, dass vieles nicht ernst, beliebig ist, dass es so aussieht, als käme es auf den einzelnen Menschen nicht an, als sei wurscht, was wir sagen, denken, glauben, hoffen, tun, entscheiden … wofür wir uns einsetzen, welche Partei wir wählen oder Regierung wir haben …

Vor Jahrzehnten schon gab es das Buch „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“.

Wir Menschen halten es nicht aus ohne Tiefe, ohne Ernsthaftigkeit, ohne Sinn.

Der Tod ist der Ernstfall des Lebens.

Da gibt es kein Ausweichen. Da vertritt uns niemand.

Da kommt es auf uns an. Nur auf uns.

Da geschieht an uns, was nicht rückgängig gemacht und kein weiteres Mal erlebt werden kann.

Es ist normal und soll niemand ausgeredet werden, sich zu fürchten davor.

Aber nicht, weil es bestimmt so furchtbar und schrecklich werden wird, sondern weil dieses Geschehen so wichtig und unwiederholbar und einzigartig ist.

Weil es in diesem Moment ganz auf uns ankommt.

Und – ja, Jesus hat es so gesagt und ich glaube, weil wir vor Gottes Angesicht stehen und uns unserer Verantwortung bewusst werden, die wir während unseres Lebens hier gehabt haben.

Die Ernstfälle des Lebens, wo es ganz auf uns ankam oder angekommen wäre. Wir nehmen diese Verantwortung ja nicht immer wahr.

Die Momente, wo wir zu Recht aufgeregt sind – wegen ihrer Bedeutung und Tiefe – wenn wir einen Beruf wählen und antreten, ein Haus kaufen oder verkaufen, heiraten, ein Kind bekommen, beim schwerer Krankheit oder Tod von Nahestehenden, wenn wir einem Menschen beistehen, wenn wir für Recht und Gerechtigkeit und Wahrheit oder Menschenliebe, Barmherzigkeit einstehen, uns zu Wort melden und einsetzen entgegen einer andersdenkenden Mehrheit, wo wir unserem Gewissen folgen, obwohl wir Nachteile für uns erwarten müssen.

Diese Ernstfälle des Lebens sind es, die uns vorbereiten für den letzten.

Wie soll ein Mensch vorbereitet sein, wenn er diese Gelegenheiten alle vermieden und versäumt hat?

Wir schieben auch die Begegnung mit dem lebendigen Gott auf – zumindest viele von uns. Auch da brauchen wir keine Angst zu haben im Sinn von etwas Schrecklichem, das uns widerfahren könnte – sehr wohl aber ist es aufregend und spannend, herausfordernd, in diese Beziehung einzutreten.

Und dieser „Ernstfall des Lebens“ kann immer und jederzeit eintreten, von uns wahrgenommen werden.

Drücken wir uns nicht davor.

Lassen wir die Augenblicke unseres Lebens nicht achtlos verstreichen. Sie sind zu kostbar dafür. Sie sind uns geschenkt, damit wir etwas daraus machen.

Unsere Persönlichkeit ändert sich nicht, sobald wir gestorben sind. Und unser Leben auch nicht mehr.Wir werden die sein, zu denen wir uns entwickelt haben – mit genau der Gottesbeziehung und –vertrautheit, die wir uns heute und hier schenken haben lassen, die wir zugelassen haben.

Ob es uns danach so vorkommen wird wie in einem fremden Land, in das wir eigentlich nicht wollten, oder wie die Heimat, die wir schon lange oder zumindest insgeheim erhofft haben, das, liebe Brüder und Schwestern, denke ich, liegt an uns.

Predigt                                                          

 

Liebe Brüder und Schwestern!

 

In den letzten Wochen haben sich 2  Gespräche mit Bekannten ergeben über den Tod und das Sterben.

Eine Dame hat über die Lektüre eines Buches gesprochen, in dem eine Mutter schreibt, wie sie mit der Trauer über den plötzlichen Tod eines Kindes umgeht. In diesem Buch hat sie mehrere Male (sinngemäß) gelesen: Man weiß ja nicht, was ist – es war so schrecklich, ich wollte Gewissheit, einen Hinweis, wie es ihm geht … Die Autorin sucht eine Frau auf, die Kontakt mit dem Jenseits aufzunehmen verspricht, um diese Gewissheit zu bekommen.

Und vor ein paar Tagen sagt eine eigentlich gläubige Frau, Kirchgeherin: Man weiß ja nicht, was dann ist, ob und wie es weitergeht …

 

Liebe Schwestern und Brüder: Wir könnten es wissen.

Die Frage nach dem ewigen Leben ist eine zentrale, wenn nicht die zentrale Frage in allen Religionen – und im Christentum erst recht – wir sind die einzige Religion, die ein Vorbild hat, der „drüben“ war und zurückgekommen ist.

 

Zu Allerseelen, dem Gedenktag aller Verstorbenen, ist es angebracht, 2 oder sogar drei Problembereiche auseinanderzuhalten:

  1. was passiert im Sterben, was ist danach? Und
  2. Wie gehe ich als Trauernde/r mit dem Verlust eines Nahestehenden, geliebten Mitmenschen um? Und
  3. Wie verhalte ich mich, wie gestalte ich mein Leben glücklich und sinnvoll mit meinem eigenen Tod vor Augen?

 

Das heutige Evangelium zeigt einen Weg, der vielleicht überrascht, aber sehr nahe liegend ist.

Ich denke mir: Manchmal wäre ich gern an der Stelle Martas – ich würde gern mit Jesus über den Tod reden.

Es ist ein Gespräch, wo beide einander ernst nehmen. Klartext. Keine Ausflüchte. Offene Begegnung.

Und dieses Gespräch hilft – Jesus trauert ja selbst – Marta ist getröstet, bevor Jesus ihren Bruder wieder aus der Grabhöhle heraus und ins Leben zurückruft.

 

Liebe Brüder und Schwestern: Wir sind an Martas Stelle. Es ist kein Problem, mit Jesus zu reden – über den Tod, aber auch über das Leben und über Gott und die Welt – einfach über alles.

Die Freundschaftsbeziehung – Jesus möchte nichts lieber als mit uns eine haben wie mit Marta und ihren Geschwistern.

Wenn einer der unseren uns im Tod verlässt, dann trauert unser Freund Jesus mit uns – auch wenn wir meinen er käme zu spät, weil wir gern die Heilung eines Kranken lieber erleben würden als sein Sterben.

Wenn Lebensträume zerstört werden, auch menschliche Katastrophen wie Trennung, Scheitern von Beziehung, von Arbeit und Einsatz – Verlust der Heimat z. B. wirken sich psychisch wie der Tod eines Familienmitglieds aus – , dann sind wir immer eingeladen uns damit zu beschäftigen, wer wir im Grunde sind, uns und unseren Lebenssinn neu zu definieren.

 

Glücklich sind wir, wenn wir in solchen Zeiten nicht nur auf menschliche Freunde, die einen auffangen, sondern auch auf die schon bestehende Beziehung mit Jesus, mit Gott zurückgreifen können. Wenn wir spüren: wir sind nicht allein und im Stich gelassen.

 

Und Jesus hat ja übrigens zu dem Verstorbenen, um den ich trauere, diese direkte Kontaktmöglichkeit, die wir nicht haben – und auch nicht anstreben sollen. Die haben eh genug mit sich selbst zu tun, wir sollen sie in Ruhe lassen.

Wir dürfen mit Jesus natürlich über die Toten reden. Er ist auch der, der ihnen “zuwi” kann, den sie brauchen.

 

Die Freundschaft mit Jesus hört mit dem Verlust alles Liebgewordenen und sogar mit unserem eigenen Tod nicht auf, sondern bekommt einen neuen Grad an Intensität, eine ganz andere Dimension: von Angesicht zu Angesicht, wie Paulus einmal schreibt.