Predigt
So., 24. 5. 2020
Liebe
Brüder und Schwestern, liebe Kinder!
Ist
hier jemand, der sagt: Beten ist meine Lieblingsbeschäftigung?
Gehört
es überhaupt zu den Dingen, die wir gern tun – oder eher nicht?
Ganz
ehrlich: Ich denke wenn ich gefragt werde, was ich gern mache, auch nicht
automatisch ans Beten.
Das
heutige Evangelium hat mich nachdenklich gemacht. „Sie befanden sich gemeinsam
im Obergemach, einmütig im Gebet…“ … Gute 20 Personen, einmütig. Und sicher
freiwillig und mit Freude. 10 Tage, wenn man den Text wörtlich nimmt.
Warum
fehlt uns so oft die Freude am Beten? Wie kommen wir zu mehr Begeisterung?
Wenn
ich gelernt habe, dass das Beten ein Muss oder zumindest ein „Soll“ ist und
feststehende Texte aufgesagt werden müssen, entfalte ich eine Grundhaltung wie
allem gegenüber, was getan werden muss, was Pflicht ist. In meiner Freizeit,
wenn ich es mir aussuchen kann, mache ich es nicht.
Ich
schlage vor, dass wir das Wort „Beten“ vorerst einmal gar nicht verwenden.
Reden
wir von dem Geschenk, das Gott uns macht. Der Name Gottes, der im Judentum
nicht ausgesprochen werden darf? Wie lautet der? Jahwe. Ich bin da. Das
Gegenteil von weg, abwesend, distanziert, unerreichbar, uninteressiert …
Jederzeit
können wir uns mit ihm verbinden, an ihn wenden. Uns von dem erfüllen lassen,
was er zu bieten hat.
Ich
nehme an, dass Sie den Film „Die Hütte“ gesehen haben, er läuft jetzt öfter im
Fernsehen – oder das Buch gelesen.
Gott
als Papa oder Mama – nahe, ansprechbar, Jesus hat das Wort „Abba“ verwendet,
Papa. Das bedeutet nicht, dass Gott mehr männlich als weiblich vorzustellen
ist. Wenn Jesus Mama gesagt hätte, wäre das zu nahe an den altorientalischen
Göttinnenkulten gewesen, und er wäre nicht ernst genommen oder weit früher als
Gotteslästerer verurteilt worden. Es hätte sein öffentliches Wirken erheblich
beeinträchtigt oder ganz unmöglich gemacht.
Wichtig
ist: Gott verhält sich uns gegenüber so – und möchte, dass wir uns voll
Vertrauen wie ein Kind mit allem an ihn/sie wenden.
Stellen
wir uns ein Kind vor, vielleicht 1. Volksschule. Ich mache es jetzt
traditionell: Der Papa kommt abends von der Arbeit nach Hause und setzt sich
auf die Couch. Das Kind kommt, stellt sich gerade hin und sagt: Vater, ich lobe
und preise dich, dass du mir das Leben geschenkt hast. Ich danke dir, dass du
täglich in deinem Beruf für die Familie und mich sorgst. Ich bitte um
Verzeihung, weil ich heute nichtständig an dich gedacht habe. Voll Hoffnung auf
dein Erbarmen wage ich zu bitten: Repariere bitte mein Fahrrad, das heute
kaputt geworden ist …“
Jeder,
der das hört, wird sich denken, das Kind hat einen Vogel oder die ganze Familie
ist verrückt oder irgendwie krank im System.
Gesund
und normal ist es, dass das Kind dem Papa raufhüpft, das Herzibinki, sich
anschmiegt und einfach drauflosplaudert, sich einfach freut, dass er jetzt da
ist.
Wissen
Sie, ich glaube, die einzige wirklich gefährliche Sünde besteht darin, dass wir
nicht auf die Idee kommen, uns Gott gegenüber genau so zu verhalten. Oder es
uns nicht trauen oder dass wir es nicht einfach tun.
Viele
Mystiker, Heilige der Kirchengeschichte haben beim Beten gar nichts getan. Es
ist für sie eine Zeit, die sie gemeinsam mit Gott verbringen, wie mit einem
besten Freund … Oder sie beschreiben es als ein Sich-Lieben-Lassen – aus dem
man gestärkt und ermutigt und reich beschenkt hervorgeht…
Und
dann ist da noch das Wort „einmütig“ im Evangelium.
Wir
haben, wenn wir beten, vielleicht den Eindruck, es bewirkt nichts, es tut sich
nichts …
Liebe
Brüder und Schwestern, viele haben Animositäten, Feindschaften, Vorbehalte
aufgebaut anderen gegenüber. Oder starre Vorstellungen, wie das Leben zu
verlaufen habe. Wie sich andere zu verhalten haben.
Festlegungen:
Das würde ich niemals essen… anziehen…
Das würde ich nie machen… dorthin würde ich nie fahren … Und wir
beginnen Menschen abzulehnen, die diese bestimmten Geschmacksvorlieben oder
Hobbies haben … Wenn die oder der dabei ist, dann komme ich nicht.
mit
der würde ich nie reden … mit dem setze ich mich nicht an einen Tisch … ja
warum eigentlich nicht?
Das
kann einfach nicht gut gehen. Nicht nur, dass wir mindestens die Hälfte der
Geschenke nicht haben wollen, mit denen Gott uns eine Freude machen will.
Sondern
so entsteht keine Einmütigkeit.
Das
macht niemanden glücklich. Fürs Verfeindetsein ist das Leben zu kurz und die
Ewigkeit zu lang.
Es
tut uns und der ganzen Menschheit gut, wenn wir uns vergegenwärtigen: Gott
betrachtet und behandelt jeden Menschen wie den besten Freund, die beste
Freundin. Oder, wir kennen das: wie das Herzibinki …
Da kann der Heilige Geist dann landen, etwas anfangen mit uns. Dass wir das erfahren, das wünsche ich Ihnen und mir.