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Liebe Brüder und Schwestern!

Wir haben soeben die Antrittsrede Jesu gehört – sein Programm sozusagen, seine Linie, die er am Beginn seines öffentlichen Wirkens vorstellt.

Ich bin gekommen, um ein Gnadenjahr des Herrn auszurufen.

Wahrscheinlich ist uns diese Botschaft Jesu seit langem vertraut.

Aber was ist denn das genau: ein Gnadenjahr des Herrn?

Im Judentum gibt es das Jobeljahr. Zuerst das kleine, da werden – ähnlich wie bei den Wochentagen und dem Sabbat – alle 7 Jahre die Felder brach liegen gelassen, damit sie neue Kraft schöpfen können. Man arbeitet wenig, die Menschen leben von dem Ertrag der 6 Vorjahre.

Als Zeichen des Vertrauens in die Zusage Gottes, dass er für sein Volk in Fülle sorgen wird.

Und alle 7 x 7 Jahre, also eigentlich in jedem 50. Jahr, wird das große Jobeljahr gefeiert: In dem herrscht nicht nur völlige Arbeitsruhe, sondern es werden sämtliche Schulden erlassen, Kreditschulden der Israeliten untereinander. Es soll zum Ausdruck kommen, dass alle Mítglieder des Volkes frei und gleich vor Gott dastehen.

Israel hätte eines der wenigen Völker sein können, wo Menschen nicht endgültig  in die Sklaverei geraten konnten – höchstens für 49 Jahre.

Die Bezeichnung „Jubeljahr“ oder „Jobeljahr“ wurde auf das Erlassjahr übertragen.[1]

Das israelitische Erlassjahr wurde mit Posaunen im ganzen Land verkündigt. Wie in einem Sabbatjahr sollte alle Feldarbeit während dieses ganzen Jahres ruhen. Die in Schuldsklaverei geratenen Israeliten seien freizulassen; verkaufte und verpfändete Grundstücke (Häuser in ummauerten Städten und dem Heiligtum gelobte Äcker ausgenommen) seien ohne Entschädigung aus fremden Händen wieder an den ursprünglichen Besitzer oder seine rechtmäßigen Erben zurückzugeben, und alle Schulden seien ihnen zu erlassen. Das sollte die von Gott gebotene Gleichheit aller Angehörigen des erwählten Volkes wiederherstellen und ihnen einen gemeinsamen Neuanfang gewähren. –

 Ob dieses Toragebot vor und nach dem Babylonischen Exil tatsächlich befolgt wurde, ist ungewiss. Landaneignung durch den Königshof, die scharfe Sozialkritik an Großgrundbesitz und Schuldsklaverei bei Amos und Hosea (8. Jahrhundert v. Chr.) und nachexilische Heilszusagen wie Jes 61,1f EU, die die Erfüllung des Gebots Lev 25 vom künftigen Messias erwarten, sprechen dagegen. (vgl. Wikipedia)

Wenn Jesus nun ankündigt, er werde dieses Jobeljahr jetzt ausrufen, dann weist er sich als den erwarteten Messias aus, von dem ja erwartet wurde, dass er Gottes ursprüngliche Heilsordnung wieder herstellen werde.

Eine Sensation.

Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet.

Kein Wunder. So etwas war noch nie dagewesen.

Aber JETZT. Und Hier – Nazareth war ein beliebtes Objekt für Witze im Israel zur Zeit Jesu – so wie die Burgenländer bei uns oder die Ostfriesen in Deutschland.

Liebe Brüder und Schwestern: Genau hier liegt die Frohe Botschaft für uns.

Jesus stellt die ursprünglich von Gott vorgesehene Ordnung wieder her. Er will es tun. Jetzt, in diesem Moment. Wenn wir ihn nur lassen.

Es gibt leider so vieles, was dieser guten Ordnung zuwiderläuft. Weil manche Menschen einen immensen Vorteil aus dem Unrecht, aus dem Gegenteil von Gottes Ordnung ziehen, sind sie nicht bereit, eine Änderung zuzulassen – ja nicht einmal denken und reden soll man davon. Wie sähe die weltweite Wirtschaftsordnung aus, gäbe es den vollkommenen Schuldenerlass alle 50 Jahre? Wer hält so etwas überhaupt für möglich?

Wer hält es für möglich, dass Familienfehden, Sorgen am Arbeitsplatz, Krankheiten, … sich ändern und zum Guten wenden können? Und überhaupt. Jetzt gleich, ab sofort? Gleich hier bei uns? In Braunau – Neustadt?

Es hat das viel mit Verblendet sein (die Wirklichkeit nicht sehen können oder wollen) und Nicht Zuhören wollen, aufeinander nicht hören und auf Gott nicht hören, zu tun, wenn sich nichts ändert.

Deswegen öffnet uns Gott zuerst einmal die Augen und die Ohren.

Das Gnadenjahr des Herrn, das Jesus damals in Nazareth ausgerufen hat, hat nicht mehr aufgehört. Jesus lebt und ist bei uns. JETZT und jederzeit ist für uns der richtige Moment, uns an ihn zu wenden, dass er die rechte Ordnung Gottes herstellt – wieder oder zum ersten Mal.

Achtung – er stellt nicht her, das muss nicht unbedingt etwas damit zu tun haben, was wir für richtig halten, sondern was Gott will.

Wo bei uns – in unserem Leben etwas nicht in Ordnung ist, in der Kirche oder in unserem Land und weltweit, ja im ganzen Kosmos.

Gönnen wir uns jetzt einen Augenblick der Stille und stellen wir das, was nicht in Ordnung ist, in Gottes heilende Gegenwart. Tun wir das vielleicht jeden Tag ein oder 2 Mal – und schauen wir, was dann geschieht.

Predigt 4. 7. 2021

Liebe Brüder und Schwestern!

Bestimmt haben Sie den einen oder anderen Film gesehen, in den 70er-Jahren waren die sehr beliebt, wo Jesus wieder auf die Erde kommt – in Montreal z. B. Fast niemand interessiert sich für ihn. Nur ein junges Ehepaar, das ihn aufnimmt. Seiner Botschaft hören nur wenige zu – am allerwenigsten glauben ihm die kirchlichen Amtsträger, dass er der Sohn Gottes ist.

Was den Mensch zu nahe ist, ist ihnen nichts Besonderes.

In der Kirche gibt es die Versuchung, alle, die de Frohe Botschaft verkünden, möglichst abgehoben von der Wirklichkeit, fremd, fast unwirklich darzustellen, zu stilisieren – damit Menschen den Inhalt des Verkündeten nicht als gewöhnlich oder alltäglich abtun.

Diese Vorgangsweise ist zwar verständlich, aber sie deckt sich nicht mit dem Evangelium.

Jesus war nicht abgehoben von der Wirklichkeit. Er war heilig. Er betete viel, intensiv, trat mit Vollmacht auf, heilte…

Paulus war nicht abgehoben von der Wirklichkeit – Krankheit, lebte von seiner Hände Arbeit… Petrus war nicht abgehoben, mit seiner Ehefrau unterwegs – freundliche normale Menschen.

Die Kraft Gottes kommt in der menschlichen Schwachheit zum Ausdruck.

Das Evangelium ist auch keine esoterische abgehobene Lehre, die nur Insider, besonders Gebildete o. ä. verstehen könnten oder erfahren dürften  – wo so etwas praktiziert wird, ist Vorsicht geboten – Engelwerk, wo nicht jeder alles wissen darf…– leider wurde jahrhundertelang dieser Eindruck erweckt, auch durch die Abgehobenheit der Amtsträger.

Gerade im Mönchtum und dann in den letzten Jahrzehnten wieder die Arbeiterpriester und neuen Frauenorden teilten das Leben gewöhnlicher Menschen, Arbeit, …

Gaben der Kirche, der Botschaft Jesu, Glaubwürdigkeit zurück.

Jesus – oder vielleicht können wir sagen: Gott selber – nehmen das volle Risiko in Kauf: die Gefahr, dass das, was gewöhnlich alltäglich normal daherkommt, nicht ernst genommen wird, nicht als wichtig gilt.

Es gilt, die Blickrichtung zu ändern.

Gott ist im letzten Kaff am Rande der Welt in einer Handwerkerfamilie Mensch geworden, aufgewachsen unter einer Reihe von Geschwistern, weil es jederzeit so ist, dass Gott in jedem Geringsten anwesend ist.

Ich habe vor ein paar Wochen ein Buch gelesen, da geht es um die alte Geschichte ob heute noch leibliche Nachkommen von Jesus aus einer Ehe mit Maria Magdalena leben und dass die etwas Besonderes sind …

Der wahrscheinlich meiner Meinung nach wichtigste und christlichste Satz aus diesem Buch lautet: Wenn es auch der bettelnde Straßensänger sein kann oder vielleicht die Frau aus dem Altersheim, die gerade mit dem Rollator durch den Garten geht oder das Kind auf dem Weg in die Schule – dann kann es eigentlich jeder sein, dann kann man nicht wissen, ob der Mensch, der einem gerade gegenübersteht, ein Nachkomme, eine Nachkommin ist –

Liebe Brüder und Schwestern: Und dann können wir nicht anders, als jede und jeden noch so unscheinbaren als das zu sehen und jeder Person so zu begegnen, als das, was sie ist: direkt von Gott auf diese Erde gekommen und mit ihm verbunden … einzigartiger Anwesenheitsort der göttlichen Herrlichkeit.

Sensationell, finden Sie nicht?

Viele erwarten von der Kirche oder von der Botschaft Jesu gar nichts mehr, zumindest nicht, dass es da das Heil und Glück gibt.

Das ganze kirchliche Brauchtum ist so normal, selbstverständlich geworden, ja es hat sich sogar verselbständigt – wie viele feiern Weihnachten oder suchen Ostereier ohne eine Ahnung zu haben vom religiösen Hintergrund? Oder wollen eine kirchliche Hochzeit …Aber auch praktizierende haben ihre frommen Übungen – Ohne Konsequenzen, ohne Lebensrelevanz, Bezug zum Leben …

Aber Christ zu sein, das Evangelium ernst zu nehmen, HAT Konsequenzen.

Es geht beim Christentum um – ja, um was eigentlich?

Dass alle an Gott glauben und ihn verehren?

Das machen alle anderen Religionen auch …

Im Christentum geht es darum, dass Gott höchstpersönlich möchte, dass Menschen glücklich sind. Glücklich werden und dauerhaft bleiben …

Dass es Lösungen gibt für die Schwierigkeiten des Lebens, der Welt. Bei Unfrieden und Streit, bei Krankheit und Not, bei Mutlosigkeit und Verlust der Lebensfreude, auch bei Klimawandel und Weltwirtschaftskrise und Pandemie: gibt es was.

Jesus predigt in Nazareth grade vor der heutigen Evangeliumsstelle: Ich bin gekommen, den Armen eine frohe Botschaft zu bringen, den Blinden das Augenlicht, die Zerschlagenen in Freiheit zu setzen …ein Gnadenjahr des Herrn auszurufen (Versöhnung und Lebensschancen für alle).

Das haben Jesu ehemalige Sandkistenfreunde und Schulkameraden nicht glauben können.

Es käme darauf an, dass wir, das glauben können. Uns Gott, Jesus anvertrauen und darauf erwarten, dass das Beste geschieht. Dass wir Wege gezeigt bekommen. Handlungsmöglichkeiten, die zum Guten führen.

Gott wird verehrt, indem wir das, was er/sie zu bieten hat, in Anspruch nehmen!

Probieren wir doch einfach, wie es sich anfühlt, wenn wir das tun.