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Predigt                                                                           7. 11. 2021 HAID

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Firmkandidaten!

Geiz ist geil. Alles für uns, für mich – nichts für andere.

Diese Grundhaltung wird seit mehreren Jahren propagiert – vorher waren Menschen zwar auch gierig und geizig, Jesus spricht davon im Evangelium, aber es war jedem klar, dass es eigentlich etwas Schlechtes ist, ein Charakterfehler, eine Sünde.

Wie schaut es denn bei uns damit aus?

Viele Menschen haben das Gefühl, sie kommen zu kurz, sie bekommen nicht das, was ihnen zusteht, worauf sie eigentlich einen Anspruch hätten … als ob nicht genug da wäre für alle. Interessanterweise ist das eher bei Personen der Fall, die eh alles haben. Arbeit, Haus, Familie, ein ausreichendes Einkommen, gute Pension … es gehört fast zum guten Ton, ein bisschen zu tricksen, um noch und noch einen Vorteil wo für sich herauszuschlagen, die Schnäppchen- und Rabattpolitik tun ein übriges.

Jesus kennt das. Die Pharisäer und Schriftgelehrten, die besseren Kreise in Jerusalem, bringen die armen Witwen und Waisen um ihre Häuser … weil sie nicht genug bekommen können.

Die Industrienationen fressen den Lebensunterhalt der Armen der Erde auf und plündern dazu die gute Zukunft sämtlicher ErdenbewohnerInnen …

Wenn etwas den Namen „Evangelium“ trägt, dann muss da aber eine gute Botschaft drin stecken. Ein Ausweg aus dem Übel.

Diese Angst, selber zu wenig zu haben, oder: es könnte insgesamt nicht genug für alle da sein – ist Folge eines Irrtums – dem die Begüterten zur Zeit Jesu aufsitzen und auch bei uns heute viele …

Die arme Witwe, die objektiv betrachtet nichts besitzt, eine arme Kirchenmaus, tut das offenbar nicht.

Sie sieht die Realität, und die heißt: Gott hat die Erde und das ganze Universum in Fülle und Schönheit mit allem Reichtum und Luxus erschaffen.

Es ist mehr als genug für alle da – und es existieren immer mehr Möglichkeiten, als Menschen zu sehen vermögen.

Gott möchte, dass wir glücklich sind. Eu-angelion … gute Nachricht…

Wir etwas versuchen. Wir können ab sofort ganz bewusst und gezielt auf das schauen, was wir haben, was gut ist und gelingt, was Freude macht, was wir gut können.

Ja, ich weiß: in der Schule macht ihr andere Erfahrungen, und viele Menschen in der Arbeitswelt tun das auch. Es ist in, Fehler zu suchen. Es wird v. a. betont, was nicht passt…

Wir können uns darauf konzentrieren und das betonen, was sich gut entwickeln könnte…

Worüber bin ich froh?

Was darf ich erwarten?

Ich schlage immer wieder vor, ein Dankbarkeitstagebuch zu führen. Am Abend jeden Tages 10 Dinge aufzuschreiben, für die ich an diesem Tag dankbar bin.

Dankbare, glückliche Menschen haben ein offenes Herz – auch für Mitmenschen, die Hilfe brauchen.

Die arme Witwe im Evangelium war dankbar und froh, dass sie 2 kleine Münzen hatte. Und sie stellte sie Menschen zur Verfügung, die keine 2 Münzen hatten.

Ich habe einige Zeit in Brasilien verbracht, v. a. bei P. Josef Hehenberger in Jacobina. Es war kein Problem, dass je 1 oder 2 von uns bei einer Familie dort ein paar Tage mitleben konnten. Die hatten selbst nichts. Grad etwas zu essen …

In Österreich ist es ein Problem, wenn für sagen wir 7 – 8 Fremde Familien gesucht werden.

Liebe Brüder und Schwestern, auch wenn uns diese Zeitjetzt einiges abverlangt: Wir haben Grund, uns eine neue Grundhaltung, Lebenshaltung anzugewöhnen: und zu testen, auszuprobieren. Das Vertrauen einüben: Gott sorgt für mich.

Und zwar bestens.

Eine orientalische Weisheitsgeschichte:

Ein vornehmer Mann, dem Vollkommenen in besonderem Masse zugetan, vernahm von dem Liebreiz eines armen Mädchens. Er hatte alle Schätze zu besitzen vermeint und glaubte sich gesättigt von ihrer Schönheit. Aber von diesem Tage an verzehrte er sich in Sehnsucht, und er wünschte nichts so sehr, als zu allen anderen Kostbarkeiten auch noch das Herz dieses Mädchens zu gewinnen. Er durchstreifte das Land viele Tagereisen weit, ohne sie erblickt zu haben, die er suchte. Einmal, am hohen Mittag, kam er in ein weites Tal. Die Sonne brannte so heiß, dass die Luft wie ein glühender Nebel vor seinen Augen wallte, und außer einigen niederen Sträuchern unterbrach nichts die Ruhe. 

Da und dort arbeiteten Leute auf den Feldern. Aber ihr hartes Los rührte nicht an das träge Herz des reichen Mannes, der seinem Wunschtraum nachjagte. Plötzlich trat aus einem der Büsche ein Mädchen auf ihn zu. Der Mann verhielt den Schritt, geblendet von ihrer Schönheit. Nie hatte er ein solches Ebenmaß an Gestalt, so zierliche Füße, so prächtiges Haar und einen so schönen Mund gesehen!

“Bist du es, die ich suche?” fragte er. Aber da sah er plötzlich, wie die Blätter, welche ihre Hand gestreift hatten, zu welken begannen und wie die kleinen Tiere aus der Spur ihrer Schritte flüchteten. Ja, selbst der Bach, der die Felder tränkte, bog plötzlich wie erschrocken aus und änderte seinen Lauf. Nun erst bemerkte er voll Entsetzen, dass die Vermeintliche Schönheit innen hohl war und bedeutungslos.

Kaum hatte er das aber erkannt, so begann sich das schöne Antlitz auf eine so grauenhafte Art zu verändern, dass er schnell entfloh.

Er kam dabei vom Wege ab und geriet an eine schattige Stelle. Aber hier war es wenigstens nicht so unerträglich heiss. Eine Quelle sprudelte, die Zweige eines Baumes bedeckten wie ein Baldachin ein morsches Boot, der im Wasser schaukelte. Darin lag ein Mädchen und schlief. Es lag da mit nackten Füßen, in einem ärmlichen Gewand, das Gesicht zur Hälfte von einem Strohhut verdeckt. Das Mädchen schien nicht besonders hübsch zu sein, und seine Hände zeigten die Spuren harter Arbeit. Der Verirrte hätte es kaum beachtet, so aber weckte er es, um es nach dem Weg zu fragen. Als es aber die Augen aufschlug, da sah er: Ihre Augen lachten, obwohl sie seine Frage nach dem Weg ungeduldig beantwortete- um rascher wieder zu Ihrer Familie zu kommen, der sie bei der Feldarbeit helfen sollte.

Und er sah: Die kleinen Vögel kamen herbei, setzten sich auf den Baum und begannen zu singen, stärker sprudelte der Quell, und an jedem Zweig, den die Hand des Mädchens berührte, brach eine Fülle weißer Blüten auf. Und als der Mann näher herantrat, sah er das Wesen des Menschen ihm gegenüber leuchten in einer unsagbaren Schönheit. 
Da verneigte sich der Mann tief vor ihr, denn er erkannte in einem einzigen Augenblick, dass wahre Schönheit als ein göttliches Geheimnis aus den Tiefen steigt und nichts mit Äußerlichkeit gemein hat. Er bat sie, mit in seinen Palast zu kommen, und wurde einer der glücklichsten Menschen.