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Hier die heutige Predigt:

Liebe Brüder und Schwestern!

Da braucht man nichts mehr dazusagen.

Oder doch?

Vielleicht sind die Meinungen geteilt: Manche von uns sind möglicherweise schockiert: so streng kennen wir Jesus sonst nicht; manche reagieren erfreut und erleichtert: endlich Klartext!

Eines ist sicher:

Das, was Jesus sagt, ist durch und durch menschenfreundlich. Aus der Sicht der jeweils Schwächeren und auf dem Hintergrund der damaligen Zeit, Kultur, Lebensweise.

Ziel ist ein Zusammenleben in Liebe, gegenseitigem Wohlwollen, in Freundschaft und Achtung voreinander. Die Bergpredigt ist der Entwurf einer Idealgesellschaft.

Da passt es nicht dazu, dass jemand beschimpft wird. Wenn einer einen anderen so beschimpft, dann hält er den für weniger wert. Denken wir einmal konkret nach: Wen würden wir nicht beschimpfen? Jemand, den wir für höherrangig als uns selbst betrachten.

Kinder oder Lehrlinge kann man leicht mutlos machen durch blödes Reden. Wenn wir jemand nichts zutrauen, das macht den krank, zerstört Lebenschancen.

Unsere Gerechtigkeit soll weit größer sein als die bürgerliche Norm.

Wir sind alle Königskinder, Geschwister von Jesus. Gehen wir so miteinander um!

Wenn du merkst, dass jemand etwas gegen dich hat, unternimm was, damit es besser wird.

Die bürgerliche Norm lautet: Solang er mir nicht schadet, soll er mir doch den Buckel runterrutschen. Was geht mich den sein Gschauert an.

Jesus sagt nicht einmal: Wenn du etwas gegen einen anderen hast, bring die Sache in Ordnung – das würden wir noch leichter verstehen. Nein, er dreht es um – wir sind verantwortlich, dass es anderen gut geht, es darf uns nicht wurscht sein.

Übrigens: Jesus hilft uns, wenn wir Zwischenmenschliches in Ordnung bringen wollen. Da zahlt sich Beten aus.

Wenn beim nächsten Thema ausdrücklich nur Männer angesprochen werden, dann müssen wir das aus dem kulturellen Zusammenhang heraus verstehen.

Für Jesus sind Männer und Frauen vollkommen gleich wichtig.

Allerdings ist das Zusammenleben der Geschlechter ca. dem heute in Saudiarabien oder im Jemen vergleichbar. Ein Stück rückschrittlicher als etwa im Iran. Frauen waren so gut wie rechtlos. Sie hatten auch unsichtbar zu sein in der Öffentlichkeit. Dies lag nicht so sehr am jüdischen Religionsgesetz, sondern noch weit mehr am traditionell üblichen Verhalten der damaligen Männergesellschaft.

Eine Frau wurde durch ihre Ehe und Familie definiert – außer sie war selber sehr reich. Der Ehemann war praktisch Schutz und Sozialversicherung. Wenn ein fremder Mann einer Frau nachgeschaut hat, dann war das oft schon Grund genug, dass sie als Junge nicht mehr für eine Ehe vermittelbar war – und es war für viele Ehemänner Grund genug, ihr den Scheidebrief zu geben. Die Frau galt dann als leichtes Mädchen. Und einmal geschieden als Freiwild.

Jesus spricht da ganz aus der Sicht der schwächeren Partei.

Erstens eine Frau nicht dem Verdacht aussetzen, zweitens sie nicht aus der Ehe entlassen.

Wir wundern uns, da fehlt der für uns normale Zwischenschritt: Es ist furchtbar, aber für viele von sich selbst eingenommenen Pharisäer war es tatsächlich unter ihrer Würde, ja unvorstellbar, mit einer Frau ganz normal von Du zu Du zu reden, auch nicht mit der eigenen.

Man stellt sich vor, dass der Mann in einem Gespräch artikuliert, dass er gekränkt ist, eifersüchtig, weil da irgendein anderer seiner Frau schöne Augen macht und so mit seiner Frau die Sachlage klärt.

Das tun die meisten Betroffenen nicht einmal bei uns. So im Guten miteinander zu reden ist etwas, was man in der Eheberatung oder in der Mediation mühsam lernt. Zur Zeit Jesu waren die Verhältnisse nicht so.

Nicht einmal der Hl. Josef hat mit Maria drüber geredet, was los ist, als er bemerkt hat, sie ist schwanger.

Jesus hat größtes Befremden hervorgerufen, weil er mit Frauen ganz normal gesprochen hat, ja sie als Jüngerinnen immer dabei hatte.

Im Umgang zwischen Männern und Frauen wäre es extrem hilfreich, wenn sich alle so verhalten, als ob sie es mit Königen und Königinnen zu tun hätten.

Es geht Jesus um eine Atmosphäre des Vertrauens.

Lüge entsteht dort, wo ein Mensch nicht anders auskann – wo Verachtung, Spott, … drohen. Wo Zwang und Unfreiheit herrschen, wo Menschen nicht akzeptiert und geschätzt werden, wie sie sind. Diplomatisch muss man sein, wo für die Wahrheit Sanktionen drohen.

Je rigoroser ein System, desto größer Heuchelei und Verstellung.

Jesus möchte, dass wir frei und glücklich sind. Wenn wir uns wirklich darauf einlassen, bekommen wir, was im AT schon verheißen ist:

Ein neues Herz.