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Liebe Brüder und Schwestern!

Das, was die Menschen da so unerträglich finden; Jesus hat ja gesagt: Wer mein Fleisch ist, wird in Ewigkeit leben. Für die frommen Juden damals eine immense Zumutung. Sie stellen sich da Kannibalismus vor – und sie merken auch, dass Jesus von seiner eigenen Göttlichkeit spricht, und beides ist absolut tabu …

Aber ich möchte heute zur Lesung etwas sagen.

Wahrscheinlich haben Sie sie schon öfter gehört, und das starke Bedürfnis gehabt, auf der Stelle aufzustehen und die Kirche zu verlassen… Mir ist das selber einmal so gegangen, im Urlaub, diese Stelle wurde vorgelesen, und ich war schon weg.

Wieso stehen solche Worte überhaupt in der Heiligen Schrift? Ist ja heilig, also wichtig und wahr … oder?

Die biblische Theologie spricht von einer Hierarchie der Wahrheiten. Auf Rang 1 ist einmal das, was wir auch im Glaubensbekenntnis aufsagen – und das Beispiel, das Jesus mit seinem Leben und Reden gegeben hat.

Dann gibt es Historisches und spirituell Erbauendes, Weisheitsworte und gute Ideen.

Und unter ferner liefen rangiert alles, wo wir wissen, dass es zeit- und kulturbedingt ist. Z. B. war eben zur Zeit der Bibelautoren noch nicht bekannt, dass die Erde ein Planet ist … oder die Forderung im AT, Andersgläubige und Ketzer seien zu töten oder die ganzen Speise- und Reinheitsvorschriften des Judentums.

Man könnte es so ausdrücken: die wussten es damals halt nicht besser.

Was bei Texten wie dem heutigen Lesungstext aufregt: Die wussten es durchaus schon einmal besser. Die Autoren oder der Autor dieses Abschnitts – es handelt sich nicht um Paulus, aber in der Antike galt es als guter Ton, in der Tradition eines großen bekannten zu schreiben unter dessen Namen, heute würden wir sagen, das ist eine Fälschung oder der maßt sich etwas an…

Paulus redet noch ganz anders: Frauen sollen ein Kopftuch tragen, wenn sie predigen, das Evangelium verkünden oder sich die Haare schneiden lassen – oder: Es gilt nicht mehr Jude und Grieche, nicht Mann und Frau., alle sind 1 in Christus, d. h. Geschlecht und Volkszugehörigkeit sind absolut wurscht vor Gott. Äußerlichkeiten. Und diese spielen keine Rolle angesichts der Erlösung und Neuschöpfung durch Christus.

Und jetzt in der 2, Generation nach Jesus passiert etwas, das die Kirche jahrhundertelang geprägt hat.

Die Anhänger der neuen Jesusbewegung werden immer zahlreicher. Langsam fallen sie auf in ihrer heidnischen Umgebung. Und es fällt ihnen auf, dass sie auf Unverständnis stoßen: In der Urkirche predigen Frauen, missionieren, leiten die Hauskirche, meistens reiche Witwen mit einem großen Haushalt.

Im römischen Reich der Antike war die Situation der Frauen ähnlich wie bei uns oder vielleicht im Englischen Imperium im 19. Jahrhundert. Sie konnten Geschäfte tätigen und ziemlich selbständig agieren, solange sie alleinstehend oder verwitwet waren. In der Ehe waren sie vom Wohlwollen des Mannes abhängig. Im Judentum v. a. am Land war es so wie jetzt im hintersten Orient, z. B. wie es die Taliban gerade wieder einführen oder durchsetzen wollen.

In Rom konnten Frauen sehr reich und einflussreichsein, aber politisch bzw, öffentlich tätig werden konnten sie nicht.

Und jetzt geschieht etwas in den Christengemeinden: Man will anerkannt sein bei den Menschen der Umgebung, die Interesse zeigen – und passt sich an. Das, was Jesus gesagt und getan hat – naja, müssen wir ja nicht ganz so extrem betreiben, nicht wahr?

Es ist der feministischen Theologie der 70er und 80erJahre zu verdanken, dass diese Erkenntnis in die offizielle katholische Theologie gekommen ist.

Die Autoren des Epheserbriefes und andere haben allerdings eines gemacht: Sie haben die Liebe betont. Wir wissen: Menschen haben damals genauso wenig oder selten geheiratet, weil sie sich ineinander verliebt haben wie bei uns bis vor 100 Jahren … und die Männer sind nicht besonders rücksichtsvoll mit ihren Frauen umgegangen im Normalfall.

In diesem Text mit seiner ausgesprochen schrägen Beweisführung – was hat der Umstand, dass Jesus das Haupt der Kirche ist, mit dem Geschlechterverhältnis zu tun? – aber die Autoren benützen das, um liebevolles Verhalten einzufordern.

Ein bissl christlicher Humanismus statt der authentischen jesuanischen Botschaft von der Gleichwertigkeit aller Menschen.

Sie haben, so hoffe ich, nicht geahnt, dass sie 1900 Jahre die Predigt oder Vorstellung von der Zweitrangigkeit der Frau einzementiert haben … In Österreich haben wir erst seit 1986 keine Familien- oder Haushaltsvorstände mehr …

Wenn wie in der Bibel etwas entdecken, wo wir uns denken na servas, dann bleiben wir bei unserem Gefühl des Unbehagens. Die Texte sind heilig, aber nicht, weil sie oberstes Gebot oder absolut richtig sind, – wir stellen uns Gott oft so vor wie die Taliban. Sie haben sich ein Bild von Gott gemacht nach ihrem eigenen: Sie sind das männliche Oberhaupt, das keinen Widerspruch duldet, und Gott ist noch viel mächtiger, also gilt das bei ihm (IHM!) umso mehr …

Widersprüchlichkeiten sollen uns anregen v. a. zum persönlichen Gebet: He, Jesus, mich beutelts, wenn ich das lese oder höre – was soll das? Er schickt dann den Heiligen Geist, und wir kommen drauf.

Die Zeitschrift, die monatlich erscheint, ist 35 Jahre alt.

Kaum zu glauben.

Ich kann mich noch an die Sensation erinnern, als die ersten Nummern erschienen; anlässlich der Ernennung von Dr. Kurt Krenn zum Weihbischof von Wien.

Kirchenkritik von innen, Insiderwissen, Theologie abseits des damals lahmen hinterwäldlerischen ewiggestrigen Mainstreams.

Ein geflügeltes Wort, das es damals auf den Punkt brachte (und immer noch bringt): Tradition ist nicht Hüten der Asche, sondern das Feuer am Brennen zu halten.”

Und: Kirche ist kein Museum

Oder: Auftreten statt austreten.

Tipp: Abonnieren!

Einzelexemplare gibt es in Linz in der Buchhandlung Veritas.

Eine Webseite gibt es auch: www.kirche-in.at

Heute in einer Runde theologisch sehr interessierter Freunde/innen und Bekannter. Es gab verschiedene Meinungen zum Thema (Priester)weihe für Frauen:

 

  • Ja, ist unbedingt notwendig wegen des Priestermangels und wegen der Gerechtigkeit, weil viele Junge (unter 45) nichts mehr mit der katholischen Kirche zu tun haben möchten wegen der Ungleichstellung der Frauen
  • Wäre eine nette Geste der Kirchenleitung, die Frauenweihe einzuführen (wenn, dann auch Priester, nicht nur Diakone, das wäre ein guter Anfang), aber es stellt sich die Frage, ob es nicht bereits zu spät ist. Dieser Schritt hätte spätestens vor 20 Jahren erfolgen sollen.
  • Der Priestermangel würde nicht behoben, die wenigen, Frauen, die sich weihen lassen würden, machten “das Kraut nicht fett”
  • Weihe ist theologisch gesehen nicht wichtig – eine einfache Ordination (wie z. B. in der evangelischen Kirche) reicht aus
  • Thema ist nicht so wichtig, es gibt wichtigere, um die sich die Kirche vorrangig kümmern muss und sollte
  • Das Weiheamt muss überhaupt neu überdacht und teilweise neu “erfunden” werden. Klerikalismus darf nicht mehr, sondern muss abgebaut werden – keine Verdopplung auf Frauen auch noch)
  • Rom muss endlich umdenken, sich für den Heiligen Geist öffnen

 

Was meinen Sie?

 

Predigt                                                                 20./21. 7. 2019

 

Liebe Brüder und Schwestern!

 

Aha – möchte uns Jesus etwa faul und untätig haben? Oder was soll das heute wieder im Evangelium? Sollen wir nur mehr beten und nicht mehr arbeiten?

 

Da kommen drei Ebenen, drei Schichten der Wirklichkeit zur Sprache, von denen alle drei uns in unserem Leben ganz konkret begegnen und bei denen Jesus uns helfen will. Eine gute Nachricht für uns hat.

 

Stellen wir uns diese Situation, die geschildert wird, ganz konkret vor. Es kommt seltener Besuch. Die Hausfrau ist nicht wirklich greifbar, weil sie ununterbrochen herumsaust um besondere Festmenübestandteile zu zaubern zu ordern – es war ja ein vornehmes Haus mit Dienern, das Beste vom Besten soll es sei, ist ja ein denkbar vornehmer Gast.

Dieser Gast ist extra gekommen – warum? Um mit den Menschen, die er besucht, Kontakt zu pflegen. Um sich mit der Hausfrau, mit der Hausherrin, denn das war Martha, zu unterhalten, auszutauschen. Der Besuch gilt – ihr und dem Bruder Lazarus und der kleinen Schwester Maria … Der Gast würde sich über ein weniger aufwändiges Mahl, dafür über die Gesellschaft seiner lieben Freundin, durchaus mehr freuen.

Persönliche Beziehung ist wichtiger als äußere Perfektion.

 

Dann ist da die 2. Ebene – der Besuch, der da kommt, ist wie auch schon in der Lesung – Gott in Menschengestalt, Jesus.

Maria hat das Bessere erwählt, weil sie das wahrnimmt. Und entsprechend handelt – sie tut das Angemessene: sie begibt sich in seine Nähe, hört zu, nimmt ihn ernst, nimmt seine Botschaft in sich auf.

 

Uns geht es ja oft so: Wir sind wie Martha total beschäftigt – und zwar in kirchlichen Belangen, denn sie tut durchaus etwas für Jesus, für Gott – wie die vielen Ehren- und Hauptamtlichen, die in dieser und anderen Pfarren unermüdlich tätig sind – Fast hätt ich gesagt. Rastlos tätig sind. Denn genau das wäre verkehrt.

In Braunau – St. Franziskus habe einmal folgendes erlebt: Einer der Firmbegleiter und ich trugen 10 schwere Tische vom Keller ins Erdgeschoß, damit beim Eltern- und Patenabend am Abend des gleichen Tages die Leute im schönen Raum bei Tischen sitzen könnten. Wir machten das gleich in der Früh; der Firmbegleiter ging dann in die Arbeit, ich in den Schulunterricht.

Kurz nach Mittag rief mich eine sehr ordnungsliebende, fleißige Mitarbeiterin der Pfarre an und erklärte empört: „Also, die Leute sind wirklich furchtbar. Da lassen sie einfach 10 Tische mitten am Gang zur Kirche stehen Was denken sich die dabei?

Ich habe alle wieder in den Keller getragen!“

Wieviel Pläne wurden – in unserer Diözese, im Pfarrgemeinderat, in der einen oder anderen Gruppe oder Fachausschuss – schon gemacht, wieviel Seelsorgskonzepte existieren und füllen Bibliotheken, wieviel Ratgeber für Verkündigung und Liturgie kann man erwerben – und doch übersieht man oft das einzig Wichtige:

Auf Gott, auf Jesus selbst zu hören.

Beten.

Mit ihm in Kontakt treten, zuhören, mit dem Herzen hinspüren, was er gerade von mir, genau von diesem Gremium, exakt in dieser speziellen Situation, … will, was es braucht, was wirklich gut ist und angemessen. Und nicht nur Beschäftigungstherapie.

 

Seien wir ehrlich: Das persönliche Beten, überhaupt die Pflege unserer Spiritualität, da gehört Kunst, Kultur, Nichtstun dazu,  fällt oft unserer unermüdlichen Tätigkeit, unserer Überbeschäftigung zum Opfer.

Wie in den zwischenmenschlichen Beziehungen, dort ist es auch nicht das Wahre, machen wir es auch in der Freundschaft mit Jesus Christus: Wenn es stressig wird, wenn die Zeit knapp ist, sparen wir die Beziehungspflege ein, lassen wir die Kommunikation verarmen, …

Und dann wundern wir uns, wieso unsere Bemühungen ins Leere laufen…

Wir benötigen unbedingt den Austausch mit Gott, so bekommen wir Energie, Ideen, Ausdauer, …

Mit Sport und Bewegung ist es auch ganz ähnlich.

 

Unsere gesamte Tätigkeit nützt nichts, wenn die Richtung nicht stimmt.

Vielleicht kennen Sie noch den Ausspruch der ersten Motorradfahrer in den späten 50er- Jahren: Halbstarke hat man sie genannt: Wir wissen zwar nicht, wohin wir wollen, aber dafür sind wir umso schneller dort …

 

Und dann gibt es noch eine dritte Ebene, eine Schieflage, die hier durch Jesus zurechtgerückt wird. Maria tut etwas, was zwar im Jünger- und Jüngerinnenkreis um Jesus üblich geworden war, was aber für das damalige und auch das heutige Judentum in seiner orthodoxen oder ultraorthodoxen Form unerhört ist: Sie sitzt zu Füßen des Rabbi, das ist die Position des Rabbinerschülers, des Jüngers. Sie hört den Ausführungen des Meisters zu und diskutiert vielleicht nicht heute, aber später mit. Und Schüler/in eines Rabbi zu sein hat ein Ziel: selber einer zu werden, zu lehren, schriftkundig zu sein.

Vielleicht erinnert sich jemand an den Film „Yentl“ – die Tochter eines Rabbiners, die sich als Mann ausgibt, um selber Rabbi zu werden. Unnachahmlich dargestellt von Barbra Streisand.

Im orthodoxen Judentum dürfen Frauen die Hl. Schrift nicht lesen und auch die Torarolle nicht berühren – denn da drin ist Gott anwesend, und Frauen sind – unrein.

 

Die große Schwester Marta verhält sich umgekehrt genau so, wie es von der vorbildlichen jüdischen – und auch Jahrtausende lang christlichen – Hausfrau erwartet wurde (und wird).

 

Wenn Jesus jetzt das Verhalten Marias als vorbildlich lobt und Marta freundschaftlich tadelt – so in der Art – geh Marta, jetzt kennst mi schon so lang, denk do amal nach – dann rückt er die Rolle der Frauen zurecht – in die Richtung, wie es Gottes Absicht besser entspricht.

Der Platz der Frau ist laut Jesus im Kreis der Jünger/innen, bei der Theologie, in der Diskussionsrunde, dort wo Gesetze gemacht werden, denn genau das geschah unter Schriftgelehrten und Gesetzeslehrern, sichtbar und hörbar in der Öffentlichkeit. Nicht wie die Stammmutter Sara, die noch vom Zelt aus zuhört …

Es soll eine Aufmunterung für Marta sein und für alle Frauen, die heute noch im orientalischen Bereich es allzuoft für normal, gottgegeben halten, sich mit dem privaten Bereich, mit Küche und Haushalt zu begnügen. Sondern das Bessere, ein besseres Los, zu wählen.

Jesus zeigt Gottes Menschenfreundlichkeit und Gerechtigkeit.

Und ich wünsche uns, Ihnen und mir, dieser zu vertrauen, sie annehmen zu wollen.

Auch das Nachdenken über Gott, über den Glauben, über biblische Zusammenhänge, über kirchliche Strukturen … ist eigentlich BETEN. Theologie ist eine Form des Betens.

Manchmal haben wir nicht diesen Eindruck, und viele TheologInnen werden sofort ihre Meinung kundtun: nein, sicher nicht.

Kann sein, dass jemand auch von außen über diese Themen nachdenkt oder forscht, z. B. um einen Zeitungsartikel zu schreiben …

Es gibt einen “Trick” dabei, wie solches Nachdenken, wie theologisches Tun zum Gebet wird:

WENN WIR ES VOR GOTTES ANGESICHT TUN,

d. h., wenn wir uns vor oder während des Nachdenkens, der Beschäftigung mit einschlägigen Themen bewusst sind, dass Gott da ist und unser Tun bemerkt, ja wahrscheinlich oder sogar sicher unterstützt, fördert, uns zur Erkenntnis verhilft, unsere Gedanken in hilfreiche Bahnen lenkt.

Dann ist es Theologie. Nachdenken, was mein Leben mit Gottes Botschaft zu tun hat oder zu tun haben könnte, sollte, dürfte …

das Leben aus dem Glauben, im Licht des Evangeliums deuten – das ist Theologie.

 

Probiert es aus!

 

PS.: Natürlich steht nichts dem im Wege, dass wir über das, was wir gedacht oder erforscht haben, mit Gott ins Gespräch kommen …

Das wäre dann unmissverständlich und eindeutig und ausdrücklich “Beten”.

Berufsgemeinschaft der pfarrlichen PastoralassistentInnen …

Da gehöre ich jetzt dazu.

Ein Netz von spirituellen, theologischen, pastoralen ExpertInnen

Die Haute-Volée der katholischen Kirche Oberösterreich.

SeelsorgerInnen.

Geballte Einsatzfreude, Glaube, Ideenreichtum, Charismenvielfalt.

Kirche lebt.

Zumindest hier.