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Predigt                                    12. und 13. 6. 2021

Liebe Brüder und Schwestern!

Wir ahnen s hon: Jesus will uns keinen Kurs in effektiver Landwirtschaft geben. Es geht ums Reich Gottes.

“Gottes Reich” ist nach Jesu Verständnis überall dort, wo Menschen nach Gottes Maßstäben handeln, wo sozusagen Gottes Gesetze gelten.

Die Gesetze der Welt kennen wir allzu gut: Der Stärkste zählt und gewinnt, wer fit ist, jung und gesund, gebildet und erfolgreich, wer hervorragende Leistung und Herkunft vorzuweisen hat – der gilt heute etwas.

Ganz anders geht es zu, wo Gottes menschenfreundliche Gesetze gelten. Jesus hat das verkündet und gelebt:
Für ihn waren Außenseiter, Kranke, Schwache, Kinder, Fremde und Benachteiligte genauso wertvoll wie andere Menschen. Gerade ihnen hat er sich zugewendet. Er ist mit ihnen so umgegangen, dass ihr Selbstwertgefühl wachsen konnte und damit auch das Gesunde und Starke in ihnen und ihre Beziehungsfähigkeit. Seine Botschaft in Wort und Tat lautet: Das Kleine, das Schwache und Unscheinbare ist in Gottes Augen viel wert. Man muss ihm Raum geben und Zeit lassen, damit es wachsen und leben kann.

Damit sich auf diese Weise Gottes Reich in dieser Welt ausbreiten kann, hat Jesus keine Revolution angezettelt, obwohl das manche unter der Römerherrschaft gern gesehen hätten. Nicht mit Gewalt, sondern mit Geduld und Entschlossenheit; nicht im Großen, sondern im Kleinen, in einzelnen Begegnungen, hat Jesus die Maßstäbe verändert.

Liebe Brüder und Schwestern, morgen ist Vatertag.

Väter brauchen – übrigens natürlich auch Mütter und alle Erziehenden – diese beiden Eigenschaften: Geduld und Entschlossenheit.

Geduld: wieso?

Oft wünschen wir uns, dass eine Entwicklung schneller vor sich geht. Dass Kinder rascher begreifen, lernen, weniger Fehler machen, usw. …

Da kann das Gleichnis vom Wachsen der Saat helfen: Es nützt nichts, wenn man an den kleinen Halmen zieht. Sie wachsen dann nicht schneller.

Ja, man macht sie kaputt.

Entwicklungen brauchen ihre eigene Zeit.

Was wir tun können, ist: Gießen, Umgraben, Düngen, Unkraut entfernen.

Schauen, dass das Kind alles hat, was es braucht.

Luft, Freiheit, guter Boden – das Klima in der Familie.

Düngen: Schule, Begabungen fördern.

Verschiedenheit achten und beachten und wertschätzen. Eine Rose ist kein Erdapfel und ein Kirschbaum ist kein Hollerstrauch und schon gar nicht ein Getreidefeld …

Jeder braucht etwas anderes.

Darum gibt es wahrscheinlich eine ganze Legion von Erziehungsratgebern …

Übrigens: Forschungen haben ergeben, dass Pflanzen besser gedeihen, wenn man mit ihnen spricht und ihnen harmonische Klänge vorspielt. Z. B. Mozart oder entspannende Meditationsmusik.

Wenn man ihnen Aufmerksamkeit und Liebe entgegenbringt.

Also, wenn das schon bei den Pflanzen so ist …!

Und trotzdem: Dass die Pflanze wirklich prächtig gedeiht, das können wir fördern – wir können es auch verhindern -, aber eines können wir nicht: wir können es nicht machen.

Das soll uns nicht zur Verzweiflung treiben, sondern aufatmen lassen.

Vieles geschieht von selbst.

Wir müssen nicht viel machen – Das ist für viele, die gern die Kontrolle über alles haben, oder hätten, denn man hat sie nie, schon gar nicht über andere Menschen – schwieriger zu akzeptieren. Mit Ungewissheiten leben…, Erfolg nicht herbeizwingen können…, eigene Ohnmacht aushalten… und manchmal Rückschläge erfahren… alles normal.

Geduld fällt leichter, ich sag nicht leicht, sondern leichter, wenn wir glauben können: da ist noch jemand, der auf mein Kind schaut – und zwar besser als ich das selber könnte, weil er allmächtig und allwissend ist.

Und der die gleiche sorgt noch dazu für mich selbst auch.

Wir sind wunderbar gut aufgehoben, alle miteinander…

Und Gott als Vorbild nehmen als Vater oder Mutter dürfen wir auch.

Wenn Jesus sagt, wir sollen werden wie Kinder, meint er das in Bezug auf das Vertrauen, dass wir unbeschwert und spielfreudig leben. Dazulernen wollen.

Selbstverständlich nicht, weil er uns unfähig und unwissend und hilflos möchte. Ganz im Gegenteil.

Der Sinn des Vaterseins ist es, dass er als Vater eines Tages überflüssig wird.

Vom Sorgenden, aufbauenden, beschützenden wird man – auch als Mutter – zum Freund, zum Ratgeber, zur Freundin, Gesprächspartnerin des erwachsen gewordenen Kindes.

Und einmal kommt die Zeit, wo die Kinder, die gelernt haben, gut für sich und andere zu sorgen, für die Alten da sein werden.