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Liebe Brüder und Schwestern!

Wie oft finden Sie es normal, zu vergeben? Ein 2., vielleicht noch ein 3., in Ausnahmefällen ein viertes Mal …?

Petrus und zusammen mit ihm alle frommen Juden seiner Zeit haben ähnlich gedacht – dreimal entsprach der üblichen Barmherzigkeit.

Jetzt hat aber Petrus den Jesus schon eine Weile gekannt – irgendwie ahnt er schon, bei Jesus gelten andere Maßstäbe – Rabbi, wie oft muss ich vergeben? 7 mal?

Das Maximum ist das für ihn. Also, mehr ist nun wirklich nicht mehr drin.

Jesus meint: bis zu 7mal70x, also 490 mal. Das ist keine reale Zahlenangabe. 7 ist die Zahl der irdischen Vollkommenheit – 7mal 70 mal meint: sooft wie nötig – immer und jederzeit.

Und wie oft schaffen es wir zu vergeben?

Wahrscheinlich in manchen Fällen nicht einmal ein einziges Mal. Da trau ich mich wetten.

In persönlichen Fällen, wo ein Mitmensch uns enttäuscht hat und eigentlich ein gutes Verhältnis da ist, beide daran arbeiten und wollen, dass die Beziehung eine gute ist, geht es meiner Erfahrung nach leichter zu vergeben. Vor allem wenn in der Zukunft die guten Erfahrungen dann irgendwann überwiegen.

Es gibt aber andere Fälle.

Es kann vorkommen, dass wir einsehen, das wir als Christen, weil Jesus es sagt, jemandem vergeben sollen – aber im Herzen nicht wollen. Denn wenn wir einmal wollen und es bloß nicht schaffen, ist es leicht – wenn wir beten, dass wir vergeben können, so ein Gebet wird immer erhört, und zwar so rasch wie möglich.

So kann es also sein, dass wir insgeheim gar nicht daran denken zu vergeben – oft stehen Menschen, denen ein Unrecht geschehen ist, auf dem Standpunkt: es ist mein gutes Recht, beleidigt zu sein.  Vielleicht sogar nur unbewusst – wir merken es daran, dass wir um manche Menschen, Gruppen, Situationen einen Bogen machen.

Wir hegen Ressentiments – gegenüber einer Familie aus der Nachbarschaft – gegenüber einem bestimmten Verwandten – Kollegen – Mitschüler – Lehrer – den Männern oder den Frauen gegenüber – Ausländern – einer oder mehreren politischen Richtungen gegenüber – Berufsgruppen usw.

Den Eltern gegenüber, Geschwistern, Großeltern – oder auch Gott gegenüber – zumindest gegenüber dem, was wir unserer Vorstellung zufolge für Gott halten.

Ressentiments sind Vorbehalte – dir traue ich nicht zu 100 Prozent. Ich bin enttäuscht worden und erwarte nicht das Beste von dir – oder gar nichts Gutes.

Wir sind nachtragend ohne dass das nach außen hin groß wer merkt. Oft nicht einmal wir selber. Womöglich ist es so ein diffuses Spüren: dass wir nicht ganz glücklich oder frei sind – unbeschwert mit anderen umgehen können.

Und genau da möchte Gott unser Heil und Heilsein. Möchte uns helfen, eine andere Grundhaltung einzunehmen: die des grundsätzlichen Vergebens.

Nicht nur wegen der anderen Menschen, gegen die wir aus irgendeinem Grund etwas haben – sondern wegen uns selbst: damit wir glücklich sein können.

Gute freie Beziehungen zu den Mitmenschen sind fast schon der Inbegriff des Glücklichseins.

Was bedeutet es für eine Einschränkung unseres Lebens, wenn es Menschen gibt, mit denen wir nicht zusammentreffen wollen? Was, der ist auch zu der Feier eingeladen? Dann komme ich lieber nicht.

Was, die ist bei der Besprechung dabei? Im Team? Dann kann ich leider nicht mittun …

Schrecklich, oder?

Die Gemeinschaft leidet, das gedeihliche Miteinander – die Stimmung – und zuerst trifft es uns selbst, weil wir unsere Möglichkeiten einschränken.

Gott hat geplant, dass wir glücklich sind.

Ich sage mir: Zum nachtragend, beleidigt oder verfeindet sein ist das Leben zu kurz – und die Ewigkeit zu lang.

Vom himmlischen Gastgeber sind nämlich alle eingeladen – schade um die, die sich dazu entscheiden, wegbleiben zu müssen, weil sie dort die Anwesenheit bestimmter anderer nicht aushalten …

Eine Übung schlage ich vor. Sie stammt von Ignatius von Loyola:

Stellen wir uns einen Menschen vor, den wir sehr schätzen und mögen. Spüren wir auf unser Gefühl hin, wie ist es, wenn wir ihm/ihr alles erdenklich Gute wünschen? Geht, oder?

Dann denken wir an einen Menschen, dem wir neutral gegenüberstehen, z. B. einer Verkäuferin in einem Geschäft oder einem Nachbarn usw. Wünschen wir ihm alles Gute, von Herzen. Spüren wir wieder hin.

Und zuletzt denken wir an jemanden, den wir überhaupt nicht mögen, vielleicht sogar hassen. Und wünschen wir ihm alles Gute. Schwierig. Machen wir diese Übung jeden Tag. Bitten wir Gott, dabei zu sein.

Und lassen wir uns überraschen, was sich im Lauf der Zeit die Dinge entwickeln.

In Haibach war heute eucharistische Anbetung, vorbereitet vom Gebetskreis.

Das Gebet zur Sorgenübergabe möchte ich euch heute bekannt machen:

 

Gebet Sorgenübergabe

 

Herr, ich übergebe dir meine Sorgen,
die ich mit mir oder meinen Mitmenschen habe,
mit meinen seelischen und körperlichen Leiden.
Du sagst auch zu mir:
“Werft alle eure Sorgen auf den Herrn,
denn er kümmert sich um euch!” (1 Petr. 5,7)
Mit einem großen Vertrauen nehme ich dich beim Wort
und werfe alle meine Sorgen dir in die Hand.
Mache du damit, was du willst.
Von nun an gehören sie alle dir.

Mit meinen Sorgen übergebe ich dir auch
alle meine Ängste und unguten Gefühle,
die in mir wühlen und immer wieder hochkommen,
die mich quälen und unglücklich machen.
Ich löse sie von den Menschen und Umständen,
von den Ursachen und Zufälligkeiten,
in denen sie begonnen haben.
Ich übergebe sie dir, so wie sie sind,
auch wenn sie in mir noch spürbar bleiben.
Alle Unsicherheit und Angst tausche ich ein
für die Gewissheit, dass du für mich sorgst.

Ich übergebe dir alles, was mich aufregt,
jede Unzufriedenheit und Enttäuschung,
jeden Ärger und Zorn, Hass und Schmerz.
Zeige mir, wie du alles beurteilst
und hilf mir, meine Aufgabe zu erkennen,
aus allem das Beste zu machen.
Heile mich, wo ich mich beleidigt und gedemütigt fühle.

Beende Unrecht und Unfrieden in meinem Leben.
Hilf mir, dass ich vergeben und vergessen kann.

Ich überlasse es dir,
mich zu verteidigen und mit´r Recht zu verschaffen.
Ich will niemand Böses mit Bösem vergelten,
ich will nicht bei mir immer nur das Gute
und bei anderen das Schlechte hervorkehren,
ich überlasse dir die Beurteilung jeder Situation.

Ich übergebe dir jeden Grund, den ich habe,

mich zu sorgen und zu ängstigen.
Ich will nicht mehr zurückdenken,
wie und warum etwas begonnen hat.
Es genügt, dass du es weißt.
Ich übergebe dir auch meine Krankheiten und Leiden.
Du kennst ihre Ursachen und Auswirkungen.
Du kennst auch den Weg der Besserung und Heilung.
Ich will mit Vertrauen in die Zukunft blicken,
weil du nur mein Bestes willst.

Alle meine Sorgen lege ich zusammen
und werfe sie dir in die Hand, o Herr.
Ich vertraue dir, dass du sie übernimmst,
dass du für mich sorgst und mir hilfst,
mit allem in rechter Weise fertig zu werden.

Herr, ich danke dir und preise dich,
dass du mich so entschieden aufgefordert hast,
anstatt mich zu ängstigen und zu ärgern,
anstatt zu jammern und unglücklich zu sein,
dir zu vertrauen und dich für mich sorgen zu lassen.
Ich weiß, dass du mir hilfst und danke dir dafür.

Nach: Gib dem Herrn deine Sorgen v. P. Paul Haschek