Schlagwortarchiv für: Vorbilder

Wenn wir Frieden mit uns selbst schließen, ist es gut, zuerst die Vorbilder zu hinterfragen, die wir im Lauf der Zeit aufgedrängt bekommen oder selber übernommen haben.

In früherer Zeit waren das oft irgendwelche Heilige, deren Tugendkatalog gerade modern erschien – zuerst mutige Märtyrer/innen, später asketische Mönche oder Nonnen … dann wieder Muster an Hilfsbereitschaft.

Nach den Stars der Kirche kamen die von Film, Fernsehen und Popkultur.

Nicht zu vergessen: Mode und Sport.

Es kann auch eine ältere Cousine sein oder ein Onkel, eine Mitschülerin, ein Lehrer, eine Figur aus der Literatur …

Wer sind deine persönlichen Vorbilder? Welche Eigenschaften findest du nachahmenswert?

Hast du es schon einmal mit Jesus als Vorbild versucht?

Wichtig:

Du wirst nie so werden wie dein Vorbild.

Das sollst du aber auch gar nicht; es ist nicht im Sinne des „Erfinders“.

Gott hat ausschließlich Originale erschaffen. Und er hilft uns dabei, unsere spezifische Eigenart zu entfalten.

Sei du – und werde es immer mehr!

Wollen Sie, wollt ihr heilig werden? In der Jugendbibelrunde hat uns der Kaplan einmal genau diese Frage gestellt – da war ich 17, und wie selbstverständlich wie aus der Pistole geschossen kam die Antwort: Nein, ganz  sicher nicht.

Wir haben uns nämlich genau das vorgestellt, was einige hundert Jahre von der Kirche für ein Bild von den großen Heiligen gezeichnet worden ist. Blutleer, lebensfern, ständig beten, fasten und gehorsam sein … eine fade, freudlose Angelegenheit.

Die Kirchenschreiberlinge haben die Figuren stilisiert nach dem amtskirchlichen Lehramtsbedarf – wie sie sich vorgestellt haben, dass ideale Katholiken zu sein hätten, so haben sie die Bilder des Franz von Assisi, der Teresa von Avila, des Ignatius von Loyola, der Therese von Lisieux u. v.a. m. gezeichnet und propagiert.

Und: selbstverständlich will und soll auch nicht irgendjemand in ein Schema passen, das humorlose Mitmenschen erfunden haben.

Und genau das ist der Unterschied: Gehen wir zurück zu den Anfängen des Christentums, zu den Aposteln und Apostelinnen, zu Paulus, auch zu den großen Aufbrüchen der Kirche Franz von Assisi, Hildegard von Bingen, Teresa von Avila, Elisabeth von Thüringen, Ignatius von Loyola … – die dann oft ziemlich rasch kleingeschrumpft und zurückgestutzt worden sind … oder verschwiegen…

Gott will alles andere als uns in ein Schema pressen. Jede/r von uns ist einzigartig. Mit unverwechselbaren Begabungen und Eigenschaften. Wir alle befinden uns auf diesem Planeten, weil Gott uns ausdrücklich hier haben will.

Wenn die großen Heiligen Vorbilder sein können, dann insofern, weil sie ihre Einzigartigkeit, ihre individuelle Beziehung zu Gott gelebt haben, ihren unverwechselbaren nicht austauschbaren Auftrag angenommen und ausgeführt haben so gut und engagiert sie konnten.

Sie haben meistens etwas unglaublich Unerwartetes an sich: Franz und Elisabeth, Reichtum und Sicherheit total aufgeben. Johanna von Orleans. Die in den Krieg zieht – und ihn gewinnt… Teresa von Kalkutta – aus jeder Sicherheit heraus, sie war pensionsreif in ihrem Orden, hätte sich zur Ruhe setzen sollen und nicht sich in den Elendsvierteln häuslich niederlassen …

Die echten, klassischen Heiligen, die waren alle Originale, voll Blut und Leben, Vollblutmenschen und Vollblutchristen.

Sie haben ihre Berufung gefunden und gelebt.

Sie haben Jesus an die erste Stelle gesetzt in ihrem Leben. Das schließt nicht aus, verheiratet zu sein: Hildegard Burjan – sie ist in die Politik gegangen als Abgeordnete und Franz Jägerstätter, der für seine Nachfolge gestorben ist.

Heute würde man sagen: Diese Menschen sind authentisch. Und ein bisschen verrückt. Sie haben was Neues eingebracht, das es vorher so nicht gab in der Kirche, in der Menschheit. Was Menschen wie du und ich niemals tun oder wagen würden.

Und dazu jetzt noch eine Frage: Warum eigentlich nicht?

Ist es wirklich das Wichtigste im Leben, was andere von uns denken? Oder: Nicht aufzufallen? Überschaubare immer gleiche Sicherheit?

Ist das das Leben in Fülle?

Nicht wirklich, oder?

Die großen Heiligen haben das Risiko nicht gescheut. Manche sind im Inquisitionsgefängnis gewesen, manche als Märtyrer gestorben, viele wurden ausgelacht von ihren nächsten Angehörigen, sind bei den ersten Versuchen turmhoch gescheitert … aber alle haben genau das gemacht, was für sie richtig war. Glückliche Menschen. Erfüllung gefunden, weil sie ihrer Berufung gefolgt sind.

Bürgerliche Behaglichkeit ist nichts Verkehrtes – aber Leben in Fülle ist mehr, unermesslich viel mehr. Ja, heilig sein ist erstrebenswert – weil es glücklich macht. Uns und andere.

Lassen wir uns auf den Geschmack bringen.