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Ihr wisst: Besonders setze ich mich für Frauenrechte und ein lebenswertes Leben besonders von Frauen ein.

In den letzten Wochen höre ich immer wieder die Meinung: Das ist doch ein Luxusproblem! Wir haben auf dieser Erde Krieg, Terror, Migration, Hunger, Krankheit, Klima- und Wirtschaftskrise … man sollte sich doch zuerst einmal um die „echten“ Sorgen der Menschheit kümmern …!

Aber: Das ist ein Trugschluss.

Wenn die Hälfte der Menschheit als minderwertig eingestuft wird, kann es auf diesem Planeten nicht gut zu leben sein.

Gerade in patriarchalen Gesellschaften und autoritären Systemen sind Frauen aufgrund ihres Geschlechts besonders benachteiligt; sie leiden unter den Folgen der Entscheidungen, die Männer getroffen haben, ohne dass sie selbst in die Entscheidungsfindung eingebunden waren oder sich auch nur wehren konnten.

Krieg, Fehlverwendung von natürlichen Ressourcen, Fanatismus im religiösen Bereich, Mangelwirtschaft (Geld für Aufrüstung und Prestigeprojekte statt für Landwirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Gesundheit …) – von Männern begonnen, von Frauen – und im Endeffekt von allen Beteiligten – erduldet. Wie wäre die Lage im Gazastreifen, wenn Frauen sämtliche Entscheidungen träfen?

Ich habe brasilianische Basisgemeinden und eine Pfarre in Tansania vor Ort erlebt und weiß um die schlagartige umfassende positive Entwicklung, sobald Frauen Bildung, Entscheidungsmacht und etwas Geld erhalten.

Ist exotisch, das Problem gibt es bei uns nicht?

Heute, am 25. November wird wieder der Tag gegen Gewalt an Frauen begangen.

26 Österreicherinnen wurden in unserem Land seit Jahresbeginn von nahestehenden Männern ermordet.

Frauen – Gattin, Freundin, Tochter, Schwester, Mutter … als Eigentum zu betrachten, die sich dem Willen des Mannes zu beugen haben, wenn nötig mit Gewalt –  und wenn sie mir nicht gehören will, dann auf keinen Fall einem anderen; Wieso gibt es diese Einstellung in einem Land wie unserem noch? Wieso überhaupt? Ich meine: Menschen, Frauen und Männer, egal, und wo immer, werden ja nicht als von vornherein als bösartig und ungerecht geboren …

Die Bibel versucht das Phänomen Geschlechterungleichgewicht (vgl. Gen 3,16) mit einem Mythos zu erklären: als Folge des Sündenfalls.

Da dieser – um in der biblischen Denkweise und Sicht zu bleiben – aufgrund der Erlösung ungeschehen gemacht ist bzw. die Folgen nicht mehr zwingend eintreten, sondern aufgehoben sind, dürften – zumindest! – ChristInnen nicht in einer patriarchalen oder sonstwie ungerechten Ordnung leben und eine solche, wo immer sie auftritt, auf keinen Fall hinnehmen.

Paulus hat das genial erkannt: „Es gilt nicht mehr Mann und Frau, nicht Sklave und Freier, nicht Jude oder Grieche …“ (vgl. Gal 3,28)

Terror – richtet sich immer auch gegen Frauen (der eigenen Gruppe). Im Gazastreifen, in Kenia, im Iran, in Afghanistan zum Beispiel. Bei fundamentalistischen Christen in den USA und anderswo (Opus Dei, Engelwerk …), bei der politischen äußersten rechten Ecke …

Wie kann unser Beitrag zu einer gerechten Welt ausschauen? Höchstwahrscheinlich seid ihr alle, jede einzelne, bei der Veränderung dieser Welt zum Besseren aktiv.

Heute ist auch der Gedenktag der Heiligen Katharina von Alexandrien, Schutzpatronin der TheologInnen und eine der 14 „NothelferInnen“. Sie ist als Märtyrin gestorben – aber zuvor hat sie der Legende nach 500 ägyptische heidnische Priester bzw. Gelehrte durch ihre Predigt überzeugt, so dass sie sich taufen ließen.

Diese Power, dieses Selbstbewusstsein wünsche ich uns allen!

Und eine gute Zeit!

Predigt                                               6. So. d. Osterzeit           16./17. 5. 2020

Liebe Brüder und Schwestern!

Aha, haben wir eh befürchtet, es geht also doch vor allem darum, Gebote einzuhalten im Christentum … wie vor 100 Jahren üblich, Hauptsache brav und gehorsam…?

Liebe Mitchristen, wir sind eingeladen, genau hinzuhören.

Jesus sagt im Evangelium: Wer meine Gebote hat und hält, ist es, der mich liebt…

Wir erinnern uns: Jesus hat sich selber des öfteren nicht an die Gebote und Vorschriften der Pharisäer, des stenggläubigen Judentums gehalten – nämlich immer dann, wenn sie lebensfeindlich waren, wenn sie der Liebe diametral entgegengestanden sind.

Jesus selbst hat stets gegen engstirnige Auslegung gekämpft – man wollte ihm verbieten, am Sabbat zu heilen. Verurteilt ist er mit dem Argument worden: Wir haben ein Gesetz und nach dem muss er sterben – nämlich als Gotteslästerer.

Schauen wir, welche Gebote sind das denn, die Jesus gibt? Finden wir etwas im Evangelium?

Da gäbe es zunächst einmal die Bergpredigt.

Einige Sätze fallen mir spontan ein aus den Evangelien:

Seid barmherzig.

Vergebt nicht 7x, sondern 77 mal.

Liebt Gott von ganzem Herzen und euren Nächsten wie euch selbst.

Liebt eure Feinde, tut gutes denen, die euch hassen.

Betet für die, die euch verfolgen.

Sorgt euch nicht ängstlich.

Bemüht euch, durch die enge Tür zu gelangen.

Na gut, werden wir sagen. Aber viel Konkretes ist da nicht herauszufiltern.

Aber um das geht es auch nicht.

Jesu Absicht ist es nicht, ein Gesetzeswerk zu hinterlassen. Klar ist für Jesus, dass z. B. die 10 Gebote gelten.

ABER: Er verspricht, bei uns zu sein bis zum Ende der Welt.

Es geht darum, auf ihn zu hören.

Sich auf ihn einzulassen. Sein Wesen zu erfassen und unser Handeln, ja unser ganzes Denken und Sein nach ihm in Liebe auszurichten.

In den letzten Wochen sind gerade unter Christen immer wieder Zweifel aufgekommen im Zusammenhang mit den Bestimmungen, den Beschränkungen angesichts der Coronakrise.

Das Wesen des Christentums ist doch Gemeinschaft, Zusammenhalten, der Heilige Geist stiftet Verbindung, Kontakt, konkrete Nähe zwischenMenschen.

Im heutigen Evangelium, in der frohen Botschaft Jesu, bekommen wir da genau die Hilfestellung, die wir brauchen.

Jesus verspricht uns als Beistand den Heiligen Geist – und der ist lebendig. Was lebendig ist, ist nicht ein für alle Mal starr und fix. Ein Organismus, der sich nicht mehr verändert, ist tot.

Jesu Gesetz besteht nicht in starren Prinzipien, die ein für allemal gültig sind.

Das ist auch der Unterschied zu einem fundamentalistischen Buchstabengehorsam.

Das – das – Unterscheidungsmerkmal ist die Liebe, die je größere Liebe.

Wenn Nähe, Gemeinschaft, zwischenmenschlicher Kontakt extrem hohe Werte sind – dann kann es dennoch sein: dass in der Coronazeit Abstand, Distanz, weniger Kontakt das liebevollere Verhalten darstellen – weil es lebenserhaltend ist.

Es hat so Ansätze von Brutalo-Katholizismus gegeben. Nein, keinen Gottesdienst feiern widerspricht dem Christentum, nicht zusammenkommen, keine Körperkontakt, keine Sterbesakrament – das ist ja unchristlich, da sollten wir uns besser gar nicht dran halten …

Gottes lebensspendender Geist ist uns geschenkt, damit wir uns leicht tun zu unterscheiden: Wo ist etwas menschenfeindlich, wo werden Vorschriften oder sogar die Religion benützt, um anderen das Leben schwer zu machen — und wo sind sie menschenfreundlich, d. h. ermöglichen und garantieren Leben und machen das Leben leichter.

Es ist unsere Aufgabe als mündige Christen: immer wieder neu zu erforschen: Wo ist der Geist Jesu Christi eher am Werk?

Liebe Brüder und Schwestern!

 

Jesus ist es wichtig, dass wir auf seine Worte hören.

Jesu Absicht ist es nicht, ein Gesetzeswerk zu hinterlassen. Klar ist für Jesus, dass z. B. die 10 Gebote gelten.

Es geht darum, auf ihn zu hören.

Sich auf ihn einzulassen. Sein Wesen zu erfassen und unser Handeln, ja unser ganzes Denken und Sein nach ihm in Liebe auszurichten.

Wenn (WENN) ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.

 

Wie können wir das schaffen?

Wir könnten uns – wieder einmal oder endlich einmal – bewusst machen, dass Jesus tatsächlich da ist. Er hört uns zu, wenn wir beten.

Wir können mit Fragen, Problemen, … mit allem zu ihm kommen.

Immer wieder schauen: wie verhält er sich im Evangelium.

 

Wir werden zu einer gewissen Unterscheidung kommen:

Was der Liebe zuwiderläuft, widerspricht, kann nicht seine Eingebung sein. Da haben wir etwas missverstanden oder unseren eigenen Filter darübergelegt.

 

Der Unterschied zwischen fanatischer Rechthaberei, menschenverachtender Gesetzesfrömmigkeit und liebender Mission, Verkündigung – es geht nicht um wortwörtliche Bibelauslegung. Besser: wörtliches Bibelverständnis. Die Heiligen Schriften sind nicht fixfertig vom Himmel gefallen oder den Schreibern von Engeln oder so vorgesagt worden, so dass man bloß mitschreiben musste.

Das ist Fundamentalismus.

Sie sind in der Absicht, von Gott Wesentliches weiterzugeben, von heiligen Menschen, d.h., für den Heiligen Geist offenen betenden Kindern ihrer jeweiligen Zeit u. Bildung und Tradition und Situation und Persönlichkeit nach allen Regeln der ihnen zu Gebote stehenden Kunst verfasst worden.

 

Der Evangelist Lukas, der das sog. Lukasevangelium redigiert hat, in die endgültige Fassung gebracht hat, wie wir es kennen, und ebenso die Apostelgeschichte, schildert in der heutigen Lesung eine Situation, wo es um das Treffen einer  – man könnte sagen kirchenpolitischen – Entscheidung ging, die weitreichende Folgen hatte – bis in unsere Zeit herauf.

Es gab die Streitfrage, ob Römer und Griechen, die sich zu Jesus Christus bekehrt hatten, sämtliche Gesetze und Reinheitsvorschriften beachten müssten, die Männer sich beschneiden lassen usw. D. h., ob jemand zuerst Jude werden muss, bevor er / sie getauft und Christ werden kann.

Petrus sagt entschieden Nein – widersteht dem Petrus ins Angesicht, wie es so schön heißt.

Wir wissen, dass sich die liberale Richtung des Paulus auf dem Apostelkonzil gegen die Partei der Herrenbrüder und des Petrus durchgesetzt hat, und wir profitieren noch heute davon.

Viele Denker der Menschheitsgeschichte haben festgehalten: Buchstabengetreue Auslegung und Beobachtung des Gesetzes hat weit mehr mit Unrecht und Menschenfeindlichkeit zu tun als mit Gerechtigkeit.

Marcus Tullius Cicero, der große römische Anwalt und Staatsphilosoph, schrieb: summum ius – summa iniuria – ist sich einig mit Paulus. Stehlen zugunsten des Lebens – z. B. fahren ohne Führerschein, bei Rot über die Straße gehen, …

Jesus selbst hat stets gegen engstirnige Auslegung gekämpft – man wollte ihm verbieten, am Sabbat zu heilen. Verurteilt ist er mit dem Argument worden: Wir haben ein Gesetz und nach dem muss er sterben – nämlich als Gotteslästerer.

 

Der wahre Unterschied zwischen Fundamentalismus und echtem Glauben menschenfreundlicher Religion ist genau das: Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren: Fundamentalisten überlegen, wie sie mithilfe der Religion und der Vorschriften Menschen das Leben schwer machen…

Wir alle und die gesamte Kirche sollte ohne selbstauferlegte Scheuklappen überlegen, wie das Leben durch den Glauben leicht wird.

Ist die Möglichkeit zur Eucharisitefeier und die Lebendigkeit der Pfarrgemeinden nicht wichtiger und höherwertig als das Zölibatsgesetz und andere antiquierte seltsame Weihebedingungen?

Die große Mehrheit der Bevölkerung mit gesundem Menschenverstand kosten die Angebote der Kirche keinen Huster mehr, weil sie ein System, wo Frauen und Männer nicht gleichberechtigt sind, in keiner Weise ernstnehmen.

 

Oder auch wenn wir überlegen, wie wir wählen sollen – morgen ist EU-Wahl –

 

Wenn wir ernsthaft fragen,

  • was hätte Jesus getan,
  • wie würde Jesus heute handeln,
  • wo ist der Geist Christi wohl eher am Werk,
  • wo bleiben wir „in der Liebe“…

 

und um Gottes Geist bitten, wird uns der Beistand bestimmt gegeben.