Predigt
26. 1. 2020 Haid
Liebe
Brüder und Schwestern, liebe Kinder!
Diese
Berufung der ersten Jünger, v. a. Petrus und Andreas, haben wir, vermute ich,
gut im Gedächtnis. Vielleicht noch aus dem Religionsunterricht, auch wenn er
viele Jahre zurückliegt; vielleicht aus einem Film, in den klassischen
Jesusfilmen kommt das ja oft vor. Oder aus Redewendungen, oder einfach aus dem
Gottesdienst, es kommt ja jedes Jahr wieder.
Es
fasziniert uns, wie diese Fischer am See Genezaret alles stehen und liegen
lassen und mit Jesus mitgehen. Ihm nach – folgen im wörtlichen Sinn.
Es
fasziniert uns – und wir verstehen es nicht.
Alles
aufgeben? Beruf, Familie, Heimat, ein geregeltes Leben überhaupt? Wie kann man
nur… würden wir das tun?
Zuerst
muss eines klargestellt werden: Es war dieser Moment, den das Evangelium
schildert, nicht ein Abschied auf Nimmerwiedersehen. Wir wissen, dass Jesus
bald darauf bei Petrus zu Hause zu Gast ist und dort die kranke Schwiegermutter
heilt. Und wir wissen aus den Paulusbriefen, dass Petrus seine Frau auf den
Missionsreisen bei sich hatte als zweite, begleitende Apostelin.
Wir
können uns Gedanken darüber machen, ob die Kinder schon groß genug waren, den
Fischereibetrieb weiterzuführen …
Das
bedeutet, wir wollen feststellen, ob der richtige Zeitpunkt war.
Gleichzeitig
geschah damals, dass Johannes der Täufer inhaftiert wurde. Weil er das
Königshaus kritisiert hatte.
Im
Textheißt es: Jesus zog sich nach Galiläa zurück – er setzt sich ab,
verschwindet für eine Weile aus Jerusalem und Umgebung, dort ist nämlich jetzt
der Boden zu heiß.
Es
ist gefährlich, als Prophet momentan öffentlich aufzutreten – der Zeitpunkt ist
denkbar ungünstig, und doch: Genau jetzt beginnt Jesus verstärkt oder auch mit
seinem eigentlichen Wirken, indem er erstens die Umkehrpredigt des Vorläufers
fortsetzt und zweitens, indem er Jünger beruft.
Aber,
liebe Schwestern und Brüder, ist es nicht so: wenn wir da lang nachdenken mit unserer
menschlichen Sicht: Nach menschlichem Ermessen ist der richtige Zeitpunkt nie.
Wir
alle sind getauft und somit aufgerufen, Jesus nachzufolgen, seine Jüngerinnen
und Jünger zu sein.
Wie
kann das bei uns ausschauen?
Sollen
wir alle unverzüglich Beruf und Familie verlassen und in einen Orden eintreten,
als WanderpredigerInnen umherziehen oder uns im Priesterseminar anmelden –
davon abgesehen, dass sie nur 50% von uns nehmen werden …?
Vor
40 Jahren ca. gab es die Munsekte, Hare Krishna usw., die Jugendliche dazu
brachten, einfach wegzugehen – weg von Familie, Studium, Beruf.
So
in der Art kann es auch gehen – aber in 99,5 % der Fälle – und für Sie heute
hier in unserer Kirche kann das nicht wirklich gemeint sein mit „Nachfolge“.
Was
ist aber dann sonst gemeint?
Tatsächlich
ist es ganz einfach. Es wäre ganz einfach.
Bei
allem, was wir tun, fragen: Wie würde Jesus Christus sich an meiner Stelle
verhalten: Zu Hause, im Beruf, im Straßenverkehr, beim Einkaufen, beim Sport,
in der Freizeit, im Gottesdienst …
Was
würde Jesus essen und trinken? Anziehen? Wie sorgfältig wäre er bei einzelnen
Arbeitsvorgängen? Wie würde er reden und umgehen mit Familienmitgliedern, Kindern,
Nachbarn, Kollegen, Vorgesetzten, MitarbeiterInnen, mit Schwächeren und
solchen, die sich aufspielen…? Wie seine Freizeit gestalten, wie die Wohnung
reinigen, wo den Urlaub verbringen, das Gemeindeleben und den Staat
mitgestalten, Kulturelles genießen, wo würde er energisch einschreiten und wo
heraushalten, was täte er in einem Konfliktfall, angesichts von Unrecht,
Dummheit, Not …? Was würde er lesen, wofür sich interessieren?
Wie
wir das erfahren können? Auch ganz einfach: Das sind doch eh die ganz normalen
Inhalte unseres persönlichen Betens. Oder?
Das
Problem ist nicht, ob wir das wissen können, sondern ob wir unser tiefes
inneres Wissen ernst nehmen oder verdrängen, ob wir Vorbildern folgen, die wir
uns aus Filmen, Werbung, Gesellschaftsleben oder sonstwoher beziehen,
ausgesucht haben oder aufdrängen lassen … oder was grad angesagt ist im
Freundeskreis, in der Schulklasse, im Verein, in den Medien …
Da
auszusteigen, sich neu auf das eigene Christsein zu besinnen, auf den, dem wir
folgen sollen und dürfen – bestimmt denken wir da : Ist da jetzt die richtige
Zeit dafür? Soll ich nicht lieber zuerst meine Ausbildung oder die Schule
abschließen, im Beruf eine gute Position erreicht haben, im gesellschaftlichen
Umfeld anerkannt sein …?
Wie
gesagt, der rechte Zeitpunkt ist, wenn wir so denken, nie. Oder immer – wenn
wir uns vergegenwärtigen, dass wir Gesegnete sind, Menschen, bei denen Gott
anwesend ist. Als Helfer, Schutz, Begleiter, Freund.