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Predigt                                                              Christmette 2020

Liebe Brüder und Schwestern!

Wir haben oft den Eindruck, Weihnachten ist ein beschauliches, ruhiges Fest – oder sollte es zumindest sein. Vielleicht haben wir als gute Christen sogar ein bisschen ein schlechtes Gewissen, wenn wir noch kurz vor dem Heiligen Abend ziemlich gestresst sind.

Das Weihnachtsevangelium, das wir gerade gehört haben und das wir jedes Jahr wieder hören, spricht aber gar nicht von beschaulicher Ruhe.

Im Gegenteil: Ganz schön viel ist in Bewegung.

Schon der kaiserliche Befehl verursacht jede Menge Bewegung: Die Boten der Regierung strömen durchs ganze römische Reich.

Die Menschen sind unterwegs wegen der Volkszählung.

Maria und Josef suchen eine Unterkunft. Der Brauch des Herbergsuchens zeugt davon.

Die Hirten, eigentlich Nomaden, sind sowieso immer unterwegs, führen ein unstetes Leben ohne festen Wohnsitz.

Die Engel begeben sich vom Himmel auf die Erde, zu den Hirten und zum Stall.

Sogar der Stern von Bethlehem wird als Komet dargestellt, der vor den drei Weisen herzieht, aber davon später.

Auch die Geburt ist Bewegung: aus dem Mutterleib heraus in diese Welt, ins Freie.

Die Hirten kommen zur Krippe.

Und es dauert nicht lange bis zur Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten …

Gottes Kommen in die Welt bringt einiges in Bewegung, wenn nicht alles.

Es ist wie ein Umsturz des bisher Geltenden, eine Neuordnung.

Wenn man etwas neu ordnet, muss man es – alles – auch zuerst einmal vom gewohnten Platz weg bewegen.

Gott kommt zu uns Menschen, wird ganz menschlich: Er kommt mitten in unsere Hektik und Unordnung hinein, selbst ohne festen Wohnsitz, und die Nomaden, die keinen haben, bemerken und begreifen das als erste von allen …

Möglicherweise liegen wir falsch, wenn wir meinen, Gott käme, sobald alles ruhig und friedlich ist, geordnet und sicher.

Vielleicht ist es im Gegenteil gerade das Unstete, Ungesicherte, Improvisierte, die ungewisse Zukunft, der Gelegenheitsjob, die Übergangslösung, die getrennte und neu zusammengewürfelte Familie, die Flüchtlinge ohne Aufenthaltsgenehmigung, das Land ohne eigene Regierung, der viel Arbeitende, dem auf einem seiner gestressten Wege durch die Stadt kurz der Gedanke kommt, er könnte für einen Moment in die Kirche da hineinschauen …

Ja, vielleicht kommt Gott unangemeldet, ungeplant, im falschen Moment und zwischendurch … schneller und lieber und leichter, es käme nur drauf an, ihn zu bemerken …

Im AT ist Gottes Wohnung immerhin ein Zelt. Das ist etwas, wo man sich nicht fix niederlassen kann.

Als er Mensch wird, tut er das in einer Notunterkunft für Hirten und Tiere.

Alles bringt er durcheinander und in Bewegung: Die Weltordnung wird eine andere. Was Mächtige für unwichtig und vernachlässigbar halten (ein Kind armer Leute am Rand der Welt), wird zum Wesentlichen. Das übliche Verhalten wird als menschenfeindlich entlarvt. Die Menschen unten und am Rand der Gesellschaft, die in Unsicherheit und ständiger Bewegung leben müssen, sind die, auf die es ankommt, sind diejenigen, die Gottes Liebe zu spüren bekommen.

Die, die ihre starre Ordnung hinter geschlossenen Türen ängstlich zu bewahren suchen, bekommen nichts davon mit – höchstens eine kurze Störung merken sie, die sie aber nicht an sich heranlassen. Augen, Ohren, Herzen und Türen bleiben zu – angefangen in Bethlehem und bis heute.

Liebe Brüder und Schwestern: Auch Sie sind heute in Bewegung. Spät in der Nacht sind Sie noch in die Kirche gekommen.

Dieses Gehen in die Christmette ist ein Zeichen des Glaubens an diesen Gott und der Bereitschaft, sich von ihm in Bewegung setzen zu lassen. Die Feier in der Familie, zu Hause, das Essen, der Baum, die Geschenke und Gespräche, eigentlich ist es eine Störung, da herausgerissen zu werden.

Aber es ist die Gelegenheit, von Gott etwas mitzubekommen.

Denken wir an unser Leben: die Situationen, mit denen wir nicht gerechnet, die wir uns nicht gewünscht haben, gerade heuer, aber auch sonst überall, wo etwas schief gelaufen ist, wo wir traurig sind oder ein Stück ungeborgen oder heimatlos, gestresst oder überfordert, wo wir uns wünschen, es möge anders werden: Das, genau das sind die Orte, wo wir dem begegnen, wo der mitten drin ist, anwesend, präsent, der als Neugeborenes außer dem Stroh in der Krippe und einer Handvoll zwielichtiger Gestalten nichts weiter als Begrüßung durch die Welt vorgefunden hat.

Dies hat er sich zugemutet, selber. Weil so das durchschnittliche Schicksal eines der 8 Milliarden Menschen auf unserer Erde ausschaut.

Und wo er uns deswegen – von innen heraus- ganz und gar versteht. Weil er einer von uns geworden ist.

Heute ist der vorletzte Tag.

Bevor morgen zum Abschluss wieder ein Evangeliumstext im Zentrum stehen wird, ist es heute für uns Zeit, innezuhalten und uns den Verlauf der letzten Wochen zu vergegenwärtigen.

Diese Fragen könnte ich stellen:

  • Wann (an welchen Tagen) ist meine Seele besonders in Bewegung gekommen?
  • Welche Texte habe ich besonders liebgewonnen – oder in Erinnerung (vielleicht auch, weil sie mich nicht angesprochen, sondern abgestoßen haben)?
  • Welche Art zu beten, zu meditieren … ist so richtig „meine“ geworden?
  • Gibt es ein Wort, einen Satz, eine Übung, bei dem/der mir „das Herz brannte“, wo ich das Wehen des Heiligen Geistes, die Nähe Gottes gespürt habe?

Es gibt so etwas wie die „persönliche Berufung“. Die geistliche Übung – es kann sich durchaus um eine handeln, die nach außen hin ganz unscheinbar wirkt -, die in mir eine Bewegung auslöst, mich im Tiefsten meines Herzens beschwingt, motiviert, erfreut, tröstet, glücklich macht…, deutet auf dieses Persönliche hin: auf die gottgegebene Einmaligkeit meiner Person.

Ein Beispiel: Aus : Herbert Alphonso: Die persönliche Berufung. Münsterschwarzach 1993, S. 18:

„Du hast lange nicht gebetet. Sag mir: Hast du dich irgendwann in deinem Leben spontan Gott nahe gefühlt … hast du jemals dein Herz angerührt gefühlt und dich selbst in Berührung mit Gott, in Einheit mit Gott?“ Kaum hatte ich die Frage formuliert, da sagte er: „Natürlich, immer wenn ich auf mein vergangenes Leben zurückschaue und sehe, wie gut Gott zu mir gewesen ist, …“ Ich merkte, wie er dabei lebendig geworden war, daß er aus der Tiefe heraus sprach und seine Augen zu leuchten begannen.“

Heute gibt es wieder eine Buchempfehlung.

Lese gerade “Beweg dich – und dein Gehirn sagt danke” von Dr. Manuela Macedonia.

 

Jetzt wird mir klar, wieso es mir vorigen August beim Schreiben der Abschlussarbeit für den TEM-Lehrgang so gut gegangen ist: Ich bin jeden Abend eine Stunde schwimmen gegangen.

Topfit bin ich um ca. 19.00, 19.30 zurückgekommen und hab nach einer kurzen Jause noch munter und mit Freude eine Seite verfasst…

Mein Gehirn lebte auf.

 

Lest das Buch, und: bewegt euch!

Ihr werdet staunen.

Und teilt mir doch eure Erfahrungen diesbezüglich mit!