Predigt 22. und 23. 2. 2020
Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!
Wenn
wir „Feinde“ hören, fallen uns sofort ein: Israeli und Palästinenser. Oder der
„islamische Staat“.
„Liebt
eure Feinde, betet für die, die euch verfolgen“, sagt Jesus.
Schockierend,
oder?
Aber
denken wir gründlich nach: Es ist tatsächlich die einzige Möglichkeit, Frieden
zu schaffen. Wie Versöhnung möglich wird.
Wie
entsteht Feindschaft? Man denkt schlecht über einen anderen Menschen, über ein
anderes Volk …Wir erwarten, dass etwas Negatives kommt von dieser Seite.
Der
römische Besatzungssoldat, der zu Recht damals im Land Jesu von jedem Bürger
des Landes fordern durfte, dass er ihm etwas eine Meile trägt, hat sich
erwartet, dass der sich nicht freut, dass der murrt, sich ärgert, dass der Hass
auf die Römer vielleicht stärker wird.
Zu
Feindschaft gehört, dass man was macht, was den anderen kränkt, verletzt,
beleidigt, stört … was ihn schädigt.
Feindschaft
arbeitet mit Angst.
Hass
ist eigentlich eine verfestigte Meinung über andere, man erwartet nur
Schlechtes von deren Seite. Hass nährt sich von der Weigerung, den anderen
kennenzulernen.
Wer
hasst und verfeindet ist, schottet sich ab – vor Erkenntniszuwachs, vor einer
Annäherung oder einem Verstehenwollen des anderen – wie vor einer ansteckenden
Krankheit.
Diese
Menschen spüren etwas Richtiges: Wer auf andere Neugier verspürt, sich für sie
zu interessieren beginnt, hört automatisch auf zu hassen.
Freundlichkeit
ist ansteckend.
Liebe
ist stärker als Hass. Licht (Energie) vertreibt die Finsternis (Abwesenheit von
Energie).
Wer
dem Feind freundlich entgegenkommt, überrascht ihn.
Überraschung,
Aufsprengen der Erwartungshaltung. Da wird er neugierig: He, wieso macht denn
der/die das?
Jesus
rät uns, seinen Jüngern, dass wir für die beten sollen, die uns verfolgen.
OK,
wir hier leben nicht in einer Situation der Christenverfolgung.
Aber
hat jemand Feinde? Ungute Nachbarn? Depperte Kollegen, ungerechte Lehrer,
verständnislose Chefs …? Penetrante Familienmitglieder? Bekannte, um die man
lieber einen Bogen macht?
Ignatius
von Loyola schlägt eine super Methode vor.
Stellen
wir uns zuerst einen Menschen vor, den wir sehr schätzen und mögen. Wünschen
wir dem/der von Herzen alles Gute. Stellen wir uns ruhig Einzelheiten vor. Geht
gut, oder?
Pause,
durchatmen – Dann stellen wir uns jemand vor, der uns egal ist – einen
Nachrichtensprecher aus dem Fernsehen, die Verkäuferin vom Supermarkt o. ä ….
und probieren das Gleiche: wünschen wir ihr/ihm von Herzen alles erdenklich
Gute …
Geht
auch ganz gut.
Aber
jetzt: Stellen wir uns einen vor, den wir absolut nicht ausstehen können.
Und
wünschen wir dem alles Gute – erinnern wir uns an das Gefühl, das wir bei dem Menschen
hatten, den wir mögen … übertragen wir dieses Segensgefühl auf den, den wir
nicht mögen.
Es
geht.
Und
wir sollen es so lange üben, bis es mühelos geht.
3x
täglich.
Übrigens:
Jesu Worte in der Bergpredigt sind keine Kochrezepte oder Bauanleitungen. Es
geht um die Grundhaltung.
Jesus,
dem die Volksmassen ja nachlaufen als einem Befreier, weist ausdrücklich darauf
hin: Nein, es geht nicht um einen Umsturz, nicht darum, die Gesetze aufzuheben
– sondern es geht darum, das Herz einzuschalten, das gesunde G’spür für das,
was rechtens ist …
Es
geht nicht ums Gesetz, sondern um lebende Menschen.
Es
ist auch manchmal so, dass sich Menschen hinter Gesetze zurückziehen,
verschanzen, weil sie zu bequem sind, sich selber mit ihren Mitmenschen
auseinander- oder besser zusammenzusetzen und nach Lösungen zu suchen. Die
jüdischen und alle anderen Religionspolizisten haben diese Tendenz.
Man
kann ein Gesetz so anwenden, dass es größtes Unrecht verursacht.
Jesus
will uns sagen: Ihr müsst es anders machen.
Vielleicht
erinnert sich wer an Petrus, wie der den Jesus fragt: Wie oft muss ich meinem
Nächsten vergeben? 7 mal?
Jesus
antwortet: nicht 7x, sondern77x. Liebe Brüder und Schwestern: Das ist keine
Zahlenangabe (dass ich beim 78x den anderen köpfen darf …)! Sondern orientalische
Redeweise und meint: Lieber Petrus, du musst grundsätzlich vergebungsbereit
sein. Ohne Limit.
Den
Feind lieben: die Herausforderung annehmen, mich mit dem anderen
zusammenzuraufen … es ist eine immerwährende Aufgabe.