Predigt 5. SoJk-B
Liebe Brüder und Schwestern!
24 Stunden im Leben von Jesus… Wir wissen, dass Jesus viele Menschen geheilt hat, von feststellbarer Krankheit, aber auch von vielem sonst, worunter jemand leiden kann – Hass, Streit, Unversöhnlichkeit, Engstirnigkeit, Angst, Einsamkeit… falsche Vorstellungen
Heute dürfen wir sehen, wie er das gemacht hat.
Die Schwiegermuter des Petrus lag also mit Fieber im Bett.
Wenn wir uns einmal in ihre Lage hineinversetzen: Kein Wunder.
Ich denke, sie war fix und fertig. Vor lauter Sorge.
Gerade eben haben ihr Schwiegersohn und sein Bruder, die Ernährer der Familie, alles stehen und liegen gelassen und sind Jesus nachgefolgt. Sie ziehen mit ihrem Rabbi durch die Gegend.
„Und wo bleiben wir?“, wird sie sich gefragt haben.
„Was ihm, der sich neuerdings Petrus nennt, einfalle, seine Frau, seine Kinder, seine Familie, mir nichts, dir nichts im Stich zu lassen? Hat ihm der Mann aus Nazaret etwa einen geregelten Arbeitsplatz verschafft? Nein? Und wovon sollen wir leben? Uns von mildtätigen Fremden erhalten lassen? Die ganze Arbeit anderen überlassen, um selber als unverschämter Parasit ohne jede Verantwortung dem nachgehen zu können, was man als seine neue Freiheit zu bezeichnen die Frechheit besitzt…“
Und die Schwiegermuter des Simon hätte recht, wenn sie so denken und reden würde.
Und Grund genug, am Fieber zu erkranken, als sie hörte, Jesus komme in ihr Haus, denn er stellt ja alles in Frage, wofür man im bürgerlichen Sinn leben zu müssen glaubt.
Wahrscheinlich hat Petrus selber Jesus eingeladen extra aus dem Grund: Wenn seine Schwiegermutter ihn persönlich kennenlernt, dann wird sie verstehen, anders zu denken beginnen…
Aber diese Vorstellung treibt sie auf die Palme und zur Weißglut… im wahrsten Sinn des Wortes.
Und jetzt?
Petrus und die anderen sprechen mit Jesus über sie. Über die Frau, die sich durch Jesus in ihren Lebensglück und ihrer Existenz bedroht fühlt.
Und er ging zu ihr, fasste sie an der Hand und richtete sie auf.
Die Erfahrung von Nähe, Liebe und Sorge.
Natürlich richtet Jesu die Kranke nicht in erster Linie körperlich auf – sondern gibt ihr Mut, Kraft, Zuversicht, … Sie darf spüren und hautnah erfahren: Ich selber bin diesem Jesus wichtig, er meint mich, mich als Person, er nimmt mich ganz ernst auch und gerade in meiner Verbitterung und Zukunftsangst.
Er versteht mich zutiefst. Sie begegnet dem Wesen Jesu – die besondere Nähe ihres Schwiegersohns zu diesem Rabbi nimmt ihr nicht etwas weg, sondern schenkt ihr neue, ungeahnte Möglichkeiten, bringt der ganzen Familie Heil und Segen, Gott bevorzugt im Grunde niemand vor dem anderen, es sind bloß die Berufungen, die Aufgaben verschieden…
Überströmende Liebe Gottes, die nichts und niemanden ausschließt oder kurz hält, ja die ganze Umgebung ist mit-gesegnet, die ganze Stadt war vor der Haustür versammelt…
Gottes Güte kennt keine Grenzen.
Heute werden wir auch gesegnet. In besonderer Weise, wer will, kann nach dem Gottesdienst den Blasiussegen erhalten.
Was hat so ein Segen für einen Sinn?
Warum ist es gut, wenn Christen überhaupt segnen und sich segnen lassen?
Am heutigen Evangelium ist mir besonders aufgefallen: Jesus spricht nicht nur. Er tut etwas. Er handelt. Er gebraucht seine Hände. Er geht zur Kranken. Er beugt sich liebevoll zu ihr. Er nimmt sie an der Hand. Er richtet sie auf, er hilft ihr, sich hinzusetzen.
Die Frohe Botschaft, die wir weitersagen dürfen, braucht mehr als Worte. Klar sind Worte wichtig, segnen heißt im lateinischen benedicere, Gutes sagen – zu jemandem. Über jemanden. Und natürlich auch denken. Das Beste von jemand annehmen.
Segnen stammt von „signare“, ist eine Eindeutschung, das bedeutet „bezeichnen“, gemeint ist natürlich mit dem Kreuzzeichen.
Die Worte benötigen die Verleiblichung, Menschwerdung – auch bei uns. Bei einer Segenshandlung geschieht Berührung. Man kann etwas sehen und spüren.
Ein Kreuz auf die Stirn machen.
Die Hand auf die Schulter legen. Auf den Arm.
Über den Kopf streichen.
In den Arm nehmen.
Jemandem einfach nur freundlich, ermutigend zunicken.
Wir brauchen es, den Segen richtig sehen und spüren zu können.
Ja, Gott ist mit seiner Liebe immer für und da.
Aber er hat uns ganz konkret aus Fleisch und Blut erschaffen.
Wir sollen und dürfen und können – den Segen selber erfahren und dann ein Segen sein. Für unsere Mitmenschen und unsere Umgebung. Gottes Liebe weitertragen.
Gott hat uns auch nicht als isolierte Einzelwesen erschaffen. Wir sind aufeinander angewiesen. Wir sind auch aufgerufen, einander auf die Anwesenheit Gottes aufmerksam zu machen, uns gegenseitig Mut und Trost zu geben. Geborgenheit. Freundschaft, Sorge füreinander.
Wenn Christen segnen, dann schöpfen sie immer aus dem gigantischen Reservoir der Liebe und des Segens Gottes. Oft wird ja ausdrücklich um den Segen Gottes oder Jesu gebeten.
Besonders sollen Menschen andere segnen, für die sie Verantwortung tragen: Eltern in der Familie; LehrerInnen ihre SchülerInnen; Ehepartner oder Geschwister und Freunde einander; Anführer eines Teams bei einem schwierigen Einsatz (Kapitäne, Bergrettung, …); Seelsorger/innen die ihnen Anvertrauten aus der Gemeinde…besonders auch beim Gottesdienst; Gruppenverantwortliche die Gruppenmitglieder…
Es gibt, wo Menschen miteinander zu tun haben, immer auch Missverständnisse, Streit, Neid, Hass,…Engstirnigkeit. Einander segnen beginnt mit dem guten Denken übereinander. Mit dem Glauben daran, dass der/die andere gesegnet ist und ich genauso.
Tun wir es oft. Und wir und andere werden mit der Zeit merken, dass wir tatsächlich Gesegnete sind.