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Ich bereite die nächste Serie für euch vor: UNVEREINBAR?
Immer wieder stoßen wir an Grenzen, die wir selbst gezogen haben. Imaginäre Denkverbote, Verhaltensregeln aus dem Jahre Schnee, Kommunikationsmuster aus dem Kindergartenalter oder der Pubertät … dazu kommen mitunter religiöse Tabus, die uns irgendwann eingetrichtert wurden oder Familienstreitigkeiten (so nach dem Motto: mit denen kann man nicht reden … die laden wir aber besser nicht ein zur Geburtstagsfeier … wenn die kommt, müssen wir die Bilder von Onkel X bzw. die Zeitung XY wegräumen, weil sonst Unfrieden entsteht …) und überhaupt: was sollen DIE bloß von mir/uns denken, wenn…
Also: Humor und tiefe Spiritualität helfen garantiert, solche “Zustände” zu überwinden, oder einfach alles zu vereinfachen…
Das Leben darf genossen werden!
An den nächsten drei Tagen findet ihr vorbereitende Übungen zum Weiten eurer Perspektive, zum Vertiefen des Humors und zum wirklichen Wesen der frohen Botschaft, die Jesus gebracht hat.

Predigt zu Mk 9, 38-41

So wie die Jünger da reagieren – das kommt uns bekannt vor. Oder?

Selbsternannte oder staatlich organisierte Religionspolizei tut das von jeher: Abweichlertum suchen und melden – und nach Möglichkeit zum Verschwinden bringen.

„Der hat sich uns nicht angeschlossen – und heilt und predigt trotzdem, indem er sich auf dich beruft, Jesus: wirklich unerhört!!

Bewundernswert, wie gelassen Jesus antwortet: Wer nicht gegen uns ist, ist für uns!

Ich habe in meiner Zeit in Braunau religiöse Fanatiker/innen kennengelernt, die ähnlich wie die Apostel im heutigen Evangelium eingestellt waren – und, wie ich stark vermute, auch jetzt noch immer sind …

Es wurden regelmäßig Prediger (ohne „-innen“ – es waren in der Tat ausschließlich Männer) eingeladen, die Thesen vertraten wie:

  • Die gesamte Naturmedizin, angefangen bei Heilkräutern, Bachblüten, Homöopathie, erst recht, wenn jemand Hände auflegt, Reiki usw. … das ist vom Bösen …(!)
  • Überhaupt samt und sonders alles, was sie (nämlich die Prediger selbst) unter Esoterik einstuften – ich würde eher meinen: Was sie nicht verstanden haben …😊 Schamanismus, Astrologie…
  • Traumreisen u. a. Methoden der psychotherapeutischen Arbeit …
  • Bücher, die phantastische Literatur sind – z. B. Harry Potter oder „Tintenherz! oder die „Unendliche Geschichte“ von Michael Ende … weil da Magie thematisiert wird bzw. Hexen und Zauberer vorkommen
  • Formulierungen, die sie als der Evangelischen Kirche oder einer nichtchristlichen Religion zugehörig einstuften …
  • Usw. usf. …

Egal, wie vorteilhaft sich etwas auf die Gesundheit von Menschen auswirkt; es darf nicht sein, weil es der Papst nicht erfunden hat …

Wie so oft, wenn kleine Geister sich ein Urteil über andere anmaßen: Was in der Bibel wirklich steht und gemeint ist, was Jesus tut und sagt, wird vernachlässigt, vergessen oder gleich verschwiegen (oder möglicherweise wissen sie es gar nicht – was bezeichnend ist für die Qualität dieser Art von Theologie.

Was sagt Jesus: Hindert ihn nicht, Gutes zu tun. Wer nicht gegen mich ist, ist für mich.

Möge uns diese Haltung auch bei der heutigen Wahlentscheidung helfen. Es ist ja nicht schwer festzustellen, welche Fraktionen im Sinne Jesu und des Evangeliums handeln – und welche nur lautstark christlich klingende Phrasen im Munde führen.

Predigt 25. 8. 2024

Liebe Brüder und Schwestern!

„Was er sagt, ist unerträglich.“

Einmal ehrlich: Wer von uns denkt sich das nicht des öfteren angesichts mancher Jesusworte, mancher Bibelstellen?

Gerade bei dem Abschnitt aus dem Brief an die Epheser, den wir zur Lesung gehört haben, einige sind, wie auch ich innerlich, zusammengezuckt, als es hieß: „Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter…“. Noch dazu wie Christus, dem Herrn. Nirgendwo in der ganzen Bibel verlangt Jesus, dass sich irgendjemand ihm unterordnet. Das ist ja gerade die frohe Botschaft des Evangeliums, dass alles aus Liebe, freiwillig geschieht… Nachfolge oder nicht. Niemand wird gezwungen.

Und wenn schon, dann gilt ganz genau dasselbe natürlich umgekehrt genauso für die Männer, und im ersten Satz, der Einleitung dieses Abschnitts, formuliert es Paulus auch so: „Einer ordne sich dem anderen unter…“  Eine Grund- und Kernaussage des Christlichen – in jedem anderen Menschen tritt mir ja Christus entgegen, gerade eben auch im Geringsten, mit dem sich Christus identifiziert, sich als real präsent darstellt, wenn er als Weltenrichter kommt, wie wir aus dem Matthäusevangelium wissen.

Also repräsentiert ebenso die Ehefrau für ihren Mann Christus – wie umgekehrt.

Der Autor dieser Zeilen im Epheserbrief hat sich ganz einfach außer dem damals üblichen patriarchalen Familienmodell nichts vorstellen können. Es ist direkt rührend, wie er sich innerhalb der vorgefundenen Gesellschaftsordnung vorstellt, dass die frohe Botschaft Jesu in die Tat umgesetzt, heilbringend gelebt werden kann. – Nämlich insofern die Männer sich für ihre Frauen so einsetzen – mit Leib und Leben und unter Umständen bis zur Selbstaufgabe -, wie es Christus für die Kirche, für die Welt und die Menschheit tut.

Es handelt sich um biblischen Text, vom Heiligen Geist inspirierte Schrift.

Gottes Geist kann jedoch nur so und so weit wirken, wie es die Vorbedingungen des betreffenden Menschen erlauben. „Die Gnade baut auf der Natur auf“, so hat es der große Theologe Thomas von Aquin ausgedrückt. Es ist durchaus abhängig von Erziehung und Bildung, ebenso von den Zeitumständen, vom persönlichen Werdegang und vom kulturellen Umfeld, was und wieviel ich vom Anruf Gottes, von der Ausgießung des Geistes über mich, mitbekomme, aufnehmen kann.

Es gibt einen Fortschritt in der Erkenntnis, und glücklicherweise kann jeder einzelne und die Menschheit insgesamt, dazulernen. Wir heute wissen, dass es nie gut gehen kann, wenn einer gezwungen wird, sich unter den anderen unterzuordnen – dass da immer schwelendes Unrechtspotential bleibt, dass Unfrieden stiftet… und dass gerade viele Kriege und die meiste Not vermeidbar gewesen wäre, wenn Frauen sich gerade nicht unter den männlichen Herrschaftswahn untergeordnet sondern ihre Vorstellungen durchgesetzt hätten. Ein christliches Muster aus unseren Tagen: Ich habe vor mehreren Jahren die Autobiographie von Hillary Clinton gelesen, die an Intelligenz, Ausbildung, Status und politischem Ansehen ihrem Ehemann, dem ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, in keiner Beziehung nachstand. Als die Betrugsaffäre ihres Mannes mit der Büroangestellten in der Weltöffentlichkeit breitgetreten wurde, da ist sie trotz Verletztheit öffentlich immer zu ihrem Mann gestanden,  oft als einzige, und beide haben wieder einen Weg zueinander gefunden, die Ehe hat nach einer Phase des Verzeihens und Ordnens neu aufgelebt und besteht glücklich weiter bis heute. So großherzig und freundlich geht eine Frau im Akutfall mit ihrem Mann um, wenn sie sich vorher nie unterordnen und zurückstecken musste.

Jesu revolutionäre Art, mit Frauen genauso gleichwertigen Umgang zu pflegen wie mit Männern, das erschien der 2. Generation von Christen bereits als zu viel, und einige Generationen weiter erschien es vielen als unzumutbar. Oder es wurde gar nicht mehr nachvollzogen – das griechische Wort adelphos heißt z. B. Bruder, adelphe Schwester. In der Mehrzahl gibt es nur eine einzige Form, egal ob nur Männer oder Männer und Frauen zusammen bezeichnet werden sollen. Bei der Übersetzung des griechischen Urtextes des Neuen Testaments ins Lateinische wurde von den übersetzenden Männern, die bezeichnenderweise gar nicht weiter dachten, immer nur die Mehrzahl von frater verwendet, obwohl es in der lateinischen Sprache so wie in unserer, zwei vollkommen verschiedene Wörter gibt, nämlich auch soror, Schwester. Die Anrede in der Heiligen Schrift, die sich selbstverständlich an alle wendet, Christen und Christinnen, Frauen und Männer, lautet daher exakt „Brüder und Schwestern, oder, da wir ja über ein entsprechendes Vokabel verfügen, „Geschwister“.

Denken wir nur daran, wie lang es gedauert hat, bis Frauen und Nichtgeweihte überhaupt – wieder Verkündigerinnen sein, Theologie studieren, Gemeinden leiten durften…

Es gibt aber noch einiges mehr, nicht nur das rechte Verhältnis zwischen Frauen und Männern, was Jesus in den Evangelien sagt oder tut oder was sonst in der Bibel steht, das Anstoß erregt, was vielen Generationen von Christen unzumutbar, ja undurchführbar erschien, gerade Menschen, die überzeugte Christen und besonders rechtgläubig sein wollten. Immer wieder, und manchmal zum Schaden, manchmal zum Nutzen des Evangeliums – im Sinn von Erkenntnisfortschritt, da können Sie sich selber ein Urteil bilden…

Zum Beispiel: Schwört nicht. Nennt niemand Vater. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Oder zu den Jüngern: Nehmt keinen Geldbeutel mit und kein zweites Hemd. Schon Paulus macht es anders: Er ernährt sich von seiner Hände Arbeit, um niemandem zur Last zu fallen. Oder das 5. Gebot: Du sollst nicht töten. Wie war das mit den heiligen Kriegen…?… Das Erlassen der Schulden und Freilassen der Sklaven alle sieben Jahre. Oder im Brief an Titus: Der Bischof sei ein guter Familienvater mit gläubigen Kindern, nur einmal verheiratet, unbescholten, angesehen…

Das große Thema, das sich durch die Evangeliumsstellen der letzten Sonntage gezogen hat: Dass Jesus sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken gibt, da konnten schon damals viele nicht mehr mit. Jesus hat da damit gerechnet, er hat genau gewusst, wie unerhört dies klingt.

Er hat, das Evangelium berichtet das so, niemanden in die Pflicht und in die Mangel genommen: das musst du jetzt glauben und basta… Nein, er lässt jedem einzelnen die Freiheit und die Wahl, sich abzuwenden und wegzugehen…

Ich bin mir sicher, auch Petrus und die, die bei Jesus geblieben sind, haben sich schwer getan mit diesen Worten. Sie sind aber nicht gegangen, sie sind dageblieben.

Und genau da drin könnte heute die Frohe Botschaft für uns liegen: Das Rezept: Bei Jesus bleiben, ihm weiterhin vertrauen, und in diesem Vertrauen, dass ers gut meint, das, was uns unzumutbar erscheint, schwer lebbar und verwirklichbar, einmal ruhen und wirken lassen, vielleicht auch weiterdenken… und offen bleiben für die Möglichkeit, dass wir das, was uns schräg und quer vorkommt, eines Tages verstehen werden.

Heute lade ich Sie und mich ein, kurz zu überlegen – jetzt und zuhause: Welcher Satz Jesu oder aus der Bibel erregt bei mir Anstoß, erscheint mir unzumutbar, packe ich nicht? Wo würde ich am liebsten davonlaufen? Halten wir Gott, Jesus, diesen Satz, diese Schwierigkeit hin, reden wir mit Jesus wie mit einem Freund über das, was uns beschäftigt.

Predigt 17. + 18. 8. 2024                                                      Lunz

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

Wir begehen heute den Sonntag mit der Caritas – Augustsammlung.

283 Millionen Menschen auf unserer Erde wissen oft nicht, wann sie das nächste Mal etwas essen können. Ein knappes Drittel der Weltbevölkerung macht immer wieder Tage oder Zeiten des Hungers, der Mangelernährung durch.

Während die Lage in Lateinamerika und Asien langsam besser wird, verschlimmert sie sich auf dem afrikanischen Kontinent immer mehr.

Woran liegt das?

Ich denke mir schon öfter, und Ihnen geht es vermutlich genauso: Seit ich ein Kind war, kann ich mich zurückerinnern, wird regelmäßig in der Kirche für die Armen in den Ländern Afrikas gesammelt.

Und doch: Ich werde den Eindruck nicht los, dass die Lage insgesamt nicht besser, sondern immer schlimmer geworden ist.

Mehr notleidende Menschen, mehr Hunger als je zuvor.

Und obwohl ständig durch Initiative von Hilfsorganisationen wie Caritas, Diakonie und vielen anderen vielversprechende Projekte entstehen, die auch wirklich nachhaltig helfen – Pflanzen von Wäldern, Mikrokredite, Geld für ein paar Hühner oder eine Nähmaschine, oder Solarkocher oder Saatgut oder Schulungen in Landwirtschaft und Gartenbau …

Dass vielerorts die Not größer statt geringer wird, liegt an menschlichem Fehlverhalten.

Gerade in Afrika Stammeskriege, Völkermord, Vertreibung, Machtgier einzelner , Bestechung, man will sich beliebt machen in ungeordneten politischen Systemen, mangelnde Bildung, etabliertes unhinterfragtes Unrecht, Frauen leisten in den Ländern des Südens 70% der Arbeit die Nahrungsmittel produziert – Landwirtschaft und Gartenbau – und 90% der Arbeit überhaupt, habe aber wenig Mitspracherecht – und sind die ersten, die nichtausreichend zu essen bekommen, wenn Mangel herrscht.

Dazu werden militärische und wirtschaftliche Interessen über das Wohl der Menschen gestellt.

Irgendwie wird uns klar, wieso da nicht viel weitergeht.

Und was können wir da tun – außer noch einmal und immer wieder zu spenden, um die ärgste Not zu lindern?

Jetzt sagt Jesus im heutigen Evangelium: Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben – und: wir sollen sein Fleisch essen.

Und das soll helfen? Milliarden sind in den letzten 2000 Jahren zur Kommunion gegangen und gestorben … genau wie davor auch.

Dass wir da schnell an die Kommunion, an das Sakrament der Eucharistie denken … das ist nicht unbedingt verkehrt, aber eine katholische Engführung. Jesus meint noch viel mehr damit, es steckt mehr hinter seinen Worten.

Des Rätsels Lösung liegt in der Lesung aus dem Buch der Sprichwörter. Die Weisheit hat ihren
Tisch bereitet und lädt zum Mahl ein – was gibt es da: Weisheit, Wissen, Durchhaltevermögen, Einsicht, Rat, Mut zu guten Entscheidungen, Gerechtigkeit … zum Beispiel.

Wir sind oft durch unsere katholische Prägung so sehr verblendet, dass wir das Naheliegende nicht mehr erkennen.

Jesus spricht über sich, seine lebendige Person und Persönlichkeit. Er selbst, das meint er damit, ist für uns Nahrung, die wir dringend brauchen, lebendnotwendig.

Alles, was ihn ausmacht. Wie er lebt, denkt und redet, wie er sich verhält, handelt: das sollen wir essen; aufnehmen, uns zu Gemüte führen. Inhalieren.

Ich habe im Gymnasium einen wunderbaren Klassenvorstand gehabt, Frau Prof. Zechmeister, wir hatten sie auch in Mathematik und Physik. Wenn sich die eine oder andere von uns sagen wir eine Woche vor der Schularbeit noch immer nicht wirklich bei einer Rechenart ausgekannt hat, hat sie regelmäßig gesagt: Haiderer, Wagner, Ruhm, … hörst, du kennst dich ja gar nicht aus – das solltest du vor der Schularbeit auf jeden Fall noch einmal inhalieren …

Jesus möchte, dass wir uns auskennen mit ihm, dass wir immer vertrauter werden, bis wir ganz vertraut sind mit ihm, mit Gott selber …

Das heilige Brot, die Eucharistie, ist eine sicht- und greifbare Hilfe dazu, ein Sakrament, wirkkräftiges heiliges Zeichen, Zeichen für das, was eigentlich geschieht. In der nächsten Dimension, wo wir hingehen, wenn wir die Erde verlassen, gibt es keine Sakramente mehr, weil wir Jesus live und echt selber erleben können…

Menschen, die Jesus quasi inhaliert haben – denken wir kurz nach: So jemand macht, was sich gehört, was gut und richtig ist und gibt niemals auf – glauben an die Macht der Veränderung durch kleine und kleinste Anfänge, geben dem neuen Projekt wieder eine Chance. So jemand ist immun gegen unchristliche, antichristliche Meinungen und Machenschaften…

Sie haben sich die Denkweise Jesu zu eigen gemacht. Und: Würde Jesus aufgeben? Menschen, die von seinem Geist erfüllt sind, denen dringt diese lebensbejahende und menschenfreundliche heilstiftende Seinsweise Gottes buchstäblich aus allen Poren und durchdringt die sie umgebende Welt, um diese zu verändern …

Und wir, Sie und ich, können solche Menschen sein …

Im heutigen Sonntagsevangelium erfährt die engste Familie von Jesus eine krasse Abfuhr. Sie wollen ihn mit Gewalt nach Hause zurückhole; weil sich die Massen bei ihm anstellen, um seine Predigt zu hören und geheilt zu werden, halten sie ihn für übergeschnappt. “Wer mein Wort hört und den Willen meines Vaters tut, ist für mich Schwester und Bruder und Mutter”, sagt er. Also: Das sind wir.

Jesus hatte seine spezielle Berufung, sein Wesen zutiefst erfahren – in der Szene, wo er sich taufen lässt, ist das verdichtet fassbar.

Und jetzt kommt die Familie und will ihn davon abhalten, zu tun, zu leben, was er als richtig und ultimativ heilbringend für die gesamte Menschheit erfahren hat.

Umso erstaunlicher, weil im Orient zur damaligen Zeit die Familie über alles ging. Ohne die mizpoche v. a. im Judentum heute noch erlebbar, war man niemand und eigentlich verloren.

In unserem modernen Verständnis ist es normal, dass Jugendliche sich von der Ursprungsfamilie entfernen, selbständig werden, sich ein eigenes Leben aufbauen – schon auch einmal konträr zum zu Hause Erfahrenen und Gelernten. Es gilt sogar als gesund und normal, den eigenen Weg zu gehen – auch und gerade über Widerstände hinweg.

Das Richtige zu tun: davon werden allerdings auch heute Menschen abgehalten oder lassen sich abhalten durch falsche Rücksichtnahme.

Wie viele werden heute noch neurotisch oder sonstwie krank oder unglücklich, weil sie auf die Meinung von Nachbarn, FreundInnen, Eltern, Verwandten, KollegInnen … gehört haben, sich nach ihnen gerichtet haben, obwohl sie spürten, dass etwas anderes richtig wäre?

Sich von der eigenen Berufung, von der eigenen Integrität abbringen lassen, um gut dazustehen, um nicht anzuecken …

Heute wird in der gesamten EU gewählt.

In unserem Land treten mehrere Parteien an. Da sind jetzt unter uns immer wieder Menschen “politikverdrossen” – es geht nichts weiter in der Politik, und man wendet sich enttäuscht ab.

Es ist tatsächlich erschreckend, wie sehr Politikerinnen sich an Meinungsumfragen orientieren – nicht das entscheiden und umsetzen, was wichtig und richtig ist, sondern was opportun erscheint – damit man bitte nur ja von möglichst vielen gewählt wird.

Schade. So wird Integrität verspielt. Und weiter geht auch nichts, was schrecklich ist: in der Klimafrage, in der Asylpolitik, im Bildungsbereich, im Gesundheitswesen … in der Armutsbekämpfung…

Als Christen sind wir berufen, in der Politik mitzumischen. Uns zu orientieren an unserem großen Vorbild Jesus und unserem Gewissen. Leuchttürme sein. Nicht irgendwelches seltsames katholisches ewiggestriges Zeugs wiederzukäuen…

Dass das immer mehr und immer besser gelingt, dazu helfe uns Gottes inspirierende stärkende Geistkraft.

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag – und eine gute Wahl!

Predigt                 21. 4. 2024, Jesus, der gute Hirte

Liebe Brüder und Schwestern!

Dieses Evangelium vom Guten Hirten Jesus wird jedes Jahr wieder  – ich möchte sagen: missbraucht -, in dem Sinne, dass wir um mehr Priesterberufungen beten sollen in der röm. Kath. Kirche.

Erst gestern habe ich wieder eine Predigt gehört; da wird gejammert, dass der Priester nicht mehr so angesehen ist wie früher – dass die Menschen gar keine Priester mehr beanspruchen, nachfragen …

Erstens ist diese Sicht extrem beschränkt, zweitens hat das Gründe. Ich mache auch um so manche Priester und andere Kirchenamtliche, gerade um solche, die in diesem Stil predigen,  – einen weiten Bogen.

Wieso?

Die heutigen Kirchenschafe merken es sehr genau und sehr schnell, wenn ihnen verdorbenes Gras geboten wird, wenn sie es in der Verkündigung nicht mit dem lebendigen Jesus und seiner frohen Botschaft zu tun bekommen, sondern mit der Forderung, irgendetwas zu tun und zu leisten, Erfüllung von Geboten und Normen, die größtenteils der Systemerhaltung dienen…

Die Menschen spüren, ob es um SIE geht – oder um die Macht- oder sonstigen Interessen …

Wir merken es genauso in der Politik und in großen oder kleineren Organisationen, bei Ärzten, Wirtschaftstreibenden, Beratern aller Schattierungen und vielen anderen, wenn es in erster Linie um das Ego und die Vorteile des Anbieters geht, um den Systemerhalt, um irgendwas – aber nicht so sehr um die Interessen der Klienten, Heilungswilligen, Anvertrauten, Kunden …

Jetzt aber noch etwas ganz anderes.

Evangelium ist immer Frohe Botschaft. Da erfahren wir etwas darüber, wie Gott ist, an uns handelt. Es geht um uns. Um UNS.

Jesus bezeichnet sich selbst als den guten Hirten, weil es Gott immer um UNS MENSCHEN geht.

Jesus will, dass es uns gut geht im umfassenden Sinn – Lebenssinn, Aufgabe, Bewältigung von Problemen, Fähigkeiten entfalten, Liebe, Gemeinschaft, Verstehen…

Gott sorgt sich um alles in unserem Leben, wenn wir ihn nur lassen:

Das Beispiel von Pfr. Schobesberger ist legendär: und viele haben die Probe gemacht, es funktioniert: bitten Sie Gott, wenn Sie dringend wo in eine Stadt, Braunau Innenstadt oder Linz … fahren müssen, um einen Parkplatz in der Nähe der Ortes, wo Sie hinmüssen, es wird einer frei sein. Mir ist es sogar schon passiert, mir sind in Linz dann im Verkehrstrubel Bedenken gekommen – und ich habe den ersten freien Parkplatz in vertretbarer Nähe benützt. Genau vor dem Haus, wo ich etwas zu erledigen hatte, war einer frei.

Gott hat Humor. Und liebt uns über alles. In dieser Woche findet ihr jeden Tag ein weiteres Beispiel dafür hier in der Gruppe, wie sehr wir verwöhnt werden von den himmlischen Mächten. Postet auch gern selber eure Erfahrungen! Ich freue mich.

Predigt Frauengottesdienst                                                        17. 3. 2023

Liebe Schwestern!

Hab keine Angst.

Wieso findet es Gott so immens wichtig, die immer und immer wieder zu sagen zu den Menschen?

Weil sie Angst haben. Weil wir Angst haben.

Ind: Weil Angst der frohen Botschaft des Evangeliums diametral widerspricht.

Gott möchte, dass wir frei und glücklich leben.

Liebe und Angstschließen einander aus.

Wovor haben wir denn Angst? Wovor fürchten wir uns?

Krank zu werden?

Arm und bedürftig zu sein?

Unfrei zu sein?

VorVerlust, Diebstahl, Gewalt, …?

Wirtschaftskrise?

Krieg?

Terrorß

Gefahr?

Vor dem Tod?

Schmerzen? Hunger? Kälte?

Einsamkeit?

Dass niemand da ist im Extremfall, wenn wir Hilfe brauchen?

Dass wir nicht geliebt werden?

Vor Hass, vor Missachtung, vor dem Ausgelachtwerden?

Tatsächlich sind die beiden Gefühle, die bei Menschen den größten Stress, das größte Unbehagen auslösen:

Angst und Beschämung.

Beides kombiniert: Die Angst, beschämt zu werden.

Dass einem gezeigt wird: Du bist minderwertig, dumm, unfähig, nicht wichtig, hast nichts zu sagen…wirst nicht beachtet.

Bei den allermeisten Missständen und Fehlentwicklungen in Politik und Wirtschaft ist das der Grund: die nackte Angst – Angst vor Machtverlust, vor Einbuße an Wichtigkeit…

Dieser Versuch, Menschen dazu zu bringen, dass sie sich unwichtig, ja wertlos vorkommen, den gibt es in der Politik, das versuchen Reiche und Vorgesetzte, Promis, Künstler, Menschen, die die Frechheit besitzen, sich Adelige zu nennen.

Zeitungen, Bereits getrimmte Großmütter und Eltern erziehen Kinder und Enkel zu dem irrtümlichen Bewusstsein: du bist niemand, sei klein und bescheiden…

Und zur Zeit Jesu war das sicher noch ärger, auch im Volk Israel.

Bei9m Sturm auf dem See Genezareth hatten die Jünger Angst vor dem Ertrinken, vor dem Tod.

Und Jesus macht etwas Einzigartiges:

Er schaut den Menschen an, Petrus – und sagt: ja, probiers, was ich kann, kannst du auch.

Die einzige Möglichkeit, das einzige, was gegen Angst hilft: Mitten hinein zu springen. Genau das zu tun, wovor wir Angst haben.

Das geht nicht einfach so.

Aber es geht, wenn wir uns vergegenwärtigen: Gott ist bei uns. Jesus ist da und schaut mich an, will, dass ich mutig bin und frei bestimme über mein Leben. Mich nicht knechten lasse – von nichts und niemand, schon gar nicht von Angst und Furcht.

Gott weiß, wie wichtig diese Zusage seinerseits an uns ist: Fürchtet euch nicht.

Angst hat etwas Dämonisches, Unheimliches: Tut man nichts dagegen, wird sie größer.

Was ist dann Mut? Die Abwesenheit von Furcht?

Nein. Dabei handelt es sich eher um Dummheit.

Mut ist Angst, die gebetet hat.

Und das wollen wir jetzt tun – in einer besonderen Form.

Liebe Brüder und Schwestern! Liebe Kinder!

Ihr seid das Salz der Erde.

Wozu ist Salz gut?

Salz brauchen wir zum Leben. Es bindet Wasser an den Körper. Ohne Salz würden wir nicht Nahrung aufnehmen und nicht Wasser im Körper, in den Zellen halten können – es gäbe keinen Stoffwechsel, keinen Austausch, keine Entgiftung des Körpers, kein Leben. Wir würden ohne Salz verdursten.

Essen schmeckt nicht nur besser mit Salz, sondern wir brauchen es dringend.

Wir Christen sind nötig auf dieser Erde. Alle Arbeit und jedes Vergnügen ist schal, geschmacksneutral, geschmacklos – ohne Sinn, ohne Zukunft.

Licht gibt Orientierung und vermittelt Geborgenheit.

Wir Christen sind im Optimalfall so: Sicherheit, Gewissheit in Zeiten des Umbruchs, des Zweifels, der Not – den Weg zeigen, Orientierung geben.

Eine Zuflucht sein für Gestrandete, für vom Leben Zerbrochene.

Rückgrat beweisen, einen aufrechten Gang gegenüber Unrecht, Willkür, Lüge, Gewalt usw.

Salz macht aber noch etwas anderes. Es brennt in offenen Wunden.

Wir sollen auf offene Wunden dieser Welt aufmerksam machen, damit sie nicht schöngeredet oder vergessen werden, damit sich die Satten und Zufriedenen nicht an sie gewöhnen, die Armut, die Ungleichstellung verschiedener Menschen, Not, Krieg, unheilbare Krankheiten, Fanatismus, Dummheit, Bosheit Unrecht … für normal halten – „da kann man nichts tun“ – Christen haben die Verpflichtung, in schrecklichen, schwierigen und aussichtslosen Fällen etwas zu tun, sich einzumischen, die Wunden öffentlich zu machen.

Salz kann aber auch heilen. Wunden heilen schneller, wenn man z. B. im Meer badet. Brennt zwar am Anfang, aber hilft enorm.

Salz brauchen wir im Winter, um Glatteis aufzutauen.

Christen sollen auch unter eiskalten Bedingungen, Umwelt … das Eis des Hasses, der Gleichgültigkeit, der Feindschaft, des Unglaubens, … zum Schmelzen bringen.

Anderen helfen, die aufs Glatteis gelangt sind.

Menschen in Sicherheit bringen, für einen gangbaren Weg sorgen.

Für ein gefahrloses Ans Ziel Kommen.

Übrigens: Zuviel Salz im Essen ist ungesund, ja gesundheitsschädlich.

Ein Buch, das vor mehr als 10 Jahren ein Theologe geschrieben hat, trägt den Titel: „Ihr seid das Salz, nicht die Suppe.“ (Jonathan Düring)

Bitte nicht zuviel des Guten. Wo es nichts anderes gibt als nur mehr Bibelverse, Moralkontrolle jeder durch jeden – christliche Milieus uah, Tilman Moser spricht da von Gottesvergiftung.

Es ist gut, sich bei allem an Jesus zu orientieren.

Aber in aller Freiheit, freiwillig und sicher mit Humor – denn Salz ist auch eine Metapher für einen guten Witz, für Humor, das Augenzwinkern…

Das alles muss drin sein.

Eines geht für seine Jüngerinnen und Jünger nämlich nicht, meint Jesus: fad da sitzen. Geschmacksneutral. Gar nichts tun – oder nichts tun, weil es einen nicht interessiert oder weil wir uns zu minderwertig vorkommen, zu unbegabt, weil wir uns nicht in den Vordergrund rücken wollen, oder uns nicht trauen.

Er räumt uns einen Rang neben sich ein. Er ist ja das Licht der Welt. Hier sagt er, WIR sind es. Er traut uns wirklich viel zu.

Liebe Brüder und Schwestern!

Wer hier möchte heilig werden?

Als ich 18 oder 19 war, war ich zu Hause in meiner Pfarre in einer Jugendbibelrunde. Irgendwann einmal fragte der Kaplan damals: Wer von euch will heilig werden?

Nein danke, sicher nicht, war meine 1. Reaktion. Ich war mir ziemlich sicher, wie so ein heiliges Leben aussehen müsste: ohne Freude, Feste, Fröhlichkeit, Freiheit, Schönheit… In meiner Vorstellung gab es höchstens so etwas wie einen traurigen Heiligen oder einen komischen Heiligen, jedenfalls nichts, was irgendwo erstrebenswert ausschaute.

Im Evangelium steht „selig, die…“ Da ist nicht das kirchliche Seligsprechungsverfahren gemeint, sondern „glücklich“. „Makarios“ meint „glücklich“, und zwar nicht irgendwann und irgendwo, im Jenseits oder nach dem Tod, sondern hier und jetzt in diesem konkreten Leben.

Ändern wir die Frage: Wer von Ihnen möchte glücklich werden?

Die kirchliche Verbildung reicht so weit, dass ich erst vor ein paar Tagen in einem Kommentar gelesen habe: Das „Selig“ bezieht sich auf die Ewigkeit.

Na, sicher nicht. Jesus und sein Evangelium gelten immer für den speziellen Menschen.

Glücklich ist, wer hier und jetzt Gott zutraut,  dass er alles zum Guten wenden kann. Er wird es nämlich erleben.

Glücklich, wer mit seiner Trauer und seinen Sorgen sich an Gott wendet, denn Gott tröstet.

Wer keine Gewalt anwendet, durchbricht die Spirale der Gewalt und stiftet dauerhaft Frieden und Wohlstand.

Die Barmherzigen sorgen für ein Klima des Zusammenlebens, das ihnen selbst auch zugute kommt, wenn sie Fehler machen oder Hilfe brauchen.

Nur wer ein reines Herz hat, unverbildet von menschlichen Traditionen, Machtsystemen, egoistischen Interessen…, kann überhaupt erfassen, wie es Gott tatsächlich meint…

Gott zieht keine Trennungslinie mit seinem Heil zwischen vor und nach dem Tod. Aber Jesus wendet sich immer an hier und jetzt lebende wirkliche reale Personen mit einer handfesten Lebenswirklichkeit.

Deshalb gibt es unter den echten Heiligen auch keine Kopien, sondern nur Originale.

Wenn wir Lieblingsheilige nehmen, die wir auch gern als Vorbild nehmen, dann nicht um bestimmte Verhaltensweisen, Eigenheiten oder sogar Absonderlichkeiten nachzumachen, sondern um uns abzuschauen, wie das gehen kann, wie das schon einmal jemand geschafft hat: mit der eigenen Geschichte, mit all den persönlichen Eigenschaften, mit Vorzügen und Begabungen, aber auch Fehlern und Sünden, mit der je anderen gesellschaftlichen und kulturellen Herkunft und Erziehung – manchmal trotz dieser Herkunft und Erziehung – , zu verschiedenen Zeiten mit verschiedenem Familienstand und Beruf und Intelligenzquotienten den Weg als Christ/in mit Gott, mit Jesus zu gehen und auf diesem Weg GLÜCKLICH zu werden.

Aber jede/r von uns muss den eigenen Weg selber gehen.

Verheiratet oder Nicht, mit oder ohne Kinder, asketisch oder lebensfroh, arm oder reich, in sich gekehrt oder weltoffen, in einem Orden oder nicht, mit kirchlichem Beruf oder mit eigenem Geschäft, als Bäurin oder Angestellter, als Akademikerin oder Arbeiter, als Schülerin oder Pensionist…

Wie sich das Leben mit Gott gestaltet, ist für den einzelnen keineswegs beliebig.

Wer nicht zur Ehe berufen ist und das im Herzen spürt, würde mit Partner und Kindern nicht glücklich. Es wird auch nur der im Kloster glücklich, seine tiefste Erfüllung finden, für den das wirklich der persönliche Weg ist. Wessen Weg es ist, Straßenarbeiter oder Bettlerin zu sein, der/die wird als solcher weit glücklicher sein als ein Konzernchef, der im Grunde eine andere Berufung gehabt hätte. Katharina von Alexandrien ist ihrer Berufung, Theologin und Wissenschafterin, treu geblieben – sie hat gespürt: Gemahlin des Oströmischen Kaisers – das bringts nicht.

Elisabeth von Thüringen: Arbeit für Kranke, früher Tod – und sie war glücklich dabei. Sie hätte ebenfalls Gattin eines Kaisers werden können.

Jeder Mensch ist dazu berufen, einen ganz bestimmten Aspekt Gottes im Leben und durch sein Leben auszudrücken. Wir sind ja schon nur deswegen geboren worden, weil Gott uns ausdrücklich auf dieser Erde haben will.

Was das für jeden von uns ist?

Da können wir drauf kommen: wer Gott ernsthaft bittet, dem zeigt er diesen einzigartigen Weg, der von Grund auf glücklich macht: das ist an keine Altersgrenze gebunden. Wer Gott mit 12 bittet, ihm den Weg zu zeigen, der wird ihn natürlich früher finden als einer, der mit 40 oder 60 oder 80 Jahren zu fragen und zu suchen beginnt. Aber möglich ist es immer.

Gemeinsam ist ihnen: Ihr Leben ist durch und durch heil geworden. Sie haben zu ihrem tiefsten Wesen gefunden, ihre Berufung gelebt, sind glücklich geworden (das hat nichts mit dem bürgerlichen Erfolgsverständnis zu tun!), strahlen das Heil Gottes aus, Menschen haben gespürt: bei diesem Menschen ist es gut sein, da kann ich selber etwas von Gott spüren…

Und genau darauf kommts an.

Predigt     Sonntag der Weltkirche 2022                                    Pucking                                                  

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

Wir kennen diese Stelle aus dem Evangelium alle schon lange und ziemlich gut.

Zachäus, der Jesus zu Besuch hat. Ausgerechnet.

Die anderen, die „Frommen“, haben das gar nicht verstanden, dass Jesus gerade bei Zachäus einkehrt, dem Zolleintreiber zugunsten der feindlichen Besatzungsmacht… und noch dazu mit dessen Freunden isst und trinkt, sich freut … mit ihnen zu reden. Und wie sich der dann besinnt und das unrechtmäßig Genommene zurückgibt.

Heute ist mir ein Blickwinkel, ein Detail dieser Evangeliumsstelle besonders aufgefallen.

Jesus sagt über Zachäus: Auch dieser ist ein Sohn Abrahams. Alle Verheißungen und Zusagen Gottes, alles Gute, das er für die Menschen bereithält und plant, ist genauso für ihn gedacht.

Für jeden einzelnen Menschen auf der Welt. Spirituell und materiell.

Heute geht es ja um die Weltkirche. Ich war ja in Brasilien und habe dort 2 Basisgemeinden vor Ort kennengelernt.

Seitdem sind mir die Anliegen der Entwicklungshilfe, wie es heißt, der Zusammenarbeit zwischen 1. Und 3. Welt, in Fleisch und Blut übergegangen.

Viele Menschen in den Industrieländern in der sogenannten „1. Welt“ verhalten sich ähnlich wie Zachäus vor seiner Begegnung mit Jesus.

Die Menschen tun dies nicht jede/r einzeln und geplant und gezielt. Die große Wirtschaft tut das.

Jahrzehntelang ist den Ländern des Südens alles genommen worden. Vor allem den einfachen Menschen dort. Die Mächtigen wurden z. T. reich durch die Zusammenarbeit, die Kollaboration mit der Weltwirtschaft, mit den großen Konzernen.

Begonnen hat es im 18. Jahrhundert mit dem Sklavenhandel. Baumwolle. Reis. Bananen. Schokolade. Kaffee. Ananas. Palmöl. Hölzer des Regenwaldes. Bodenschätze. Seltene Erden. Rindfleisch auf gerodetem Regenwald.

Seit den 80erJahren gibt es die EZA, die Initiative Entwicklungszusammenarbeit. Das Bewusstsein wird stärker, die Initiative greift, Erfolge, Kleinbäuerinnen … können leben von dem, was sie anbauen und tun.

Viele ArbeiterInnen in Fabriken und Bergwerken oder auf Plantagen können das nicht.

Ihnen jetzt das Evangelium zu verkünden oder den Kirchenbesuch nahezulegen allein hilft da nicht. Echte Missionare sorgen immer für gerechte Lebenschancen, für Gesundheit, Bildung, Gerechtigkeit…

Mission so gesehen kann nie längst überholt sein. Aber:  Hat das etwas mit uns zu tun?

Mission ist, wenn wir hinausgehen in die Öffentlichkeit.

Wir wirken als Gesamtperson.

Wenn wir ordentlich arbeiten, Fleiß, Verlässlichkeit, Tüchtigkeit, Genauigkeit, Umsicht, Verantwortung, gerecht, fair, hilfsbereit, anständig – auch großzügig, lebensfroh, humorvoll sind ..… dann wird es heißen: aha, Sie sind also ein Christ – interessant … kann ich das auch?

Wir sind Gottes Gesandtschaft – die Werbeträger der Botschaft.

Das Christentum ist niemals abstrakt – es ist die Religion der Menschwerdung, Inkarnation – das Evangelium wird an uns abgelesen oder eben nicht.

Die Trennung von „Sakral“ und „profan“ gibt es nicht. Alles ist Gottes gute Schöpfung, durchwoben und durchatmet von seiner Gegenwart.

Es gibt ein modernes Kirchenlied: „Jeder Mann, jede Frau, jedes Kind ist unserem Gott heilig“.

Katholisch heißt allumfassend – offene Augen, Interesse dafür, wie es anderswo zugeht – in Lateinamerika, Afrika, Asien, … Anteilnahme an den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, Einsatz für das Gute, für die Gemeinschaft – Salz sein, das in blind gewordenen Augen brennt, Sand im Getriebe der Rüstungs-, Umweltzerstörungs- und Menschenverachtungsmaschinerie.

Wer getauft ist, hat kein Recht, sich auf Dauer ins Privatleben, in einen Elfenbeinturm oder auf eine Insel der Seligen zurückzuziehen. Der Schlaf der Sicherheit. Geht mich nix an.

Wer getauft ist, hat überall Familie. Darauf möchte der Sonntag der Weltkirche jedes Jahr hinweisen.