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Predigt                                                                       26. 1. 2020   Haid

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

Diese Berufung der ersten Jünger, v. a. Petrus und Andreas, haben wir, vermute ich, gut im Gedächtnis. Vielleicht noch aus dem Religionsunterricht, auch wenn er viele Jahre zurückliegt; vielleicht aus einem Film, in den klassischen Jesusfilmen kommt das ja oft vor. Oder aus Redewendungen, oder einfach aus dem Gottesdienst, es kommt ja jedes Jahr wieder.

Es fasziniert uns, wie diese Fischer am See Genezaret alles stehen und liegen lassen und mit Jesus mitgehen. Ihm nach – folgen im wörtlichen Sinn.

Es fasziniert uns – und wir verstehen es nicht.

Alles aufgeben? Beruf, Familie, Heimat, ein geregeltes Leben überhaupt? Wie kann man nur… würden wir das tun?

Zuerst muss eines klargestellt werden: Es war dieser Moment, den das Evangelium schildert, nicht ein Abschied auf Nimmerwiedersehen. Wir wissen, dass Jesus bald darauf bei Petrus zu Hause zu Gast ist und dort die kranke Schwiegermutter heilt. Und wir wissen aus den Paulusbriefen, dass Petrus seine Frau auf den Missionsreisen bei sich hatte als zweite, begleitende Apostelin.

Wir können uns Gedanken darüber machen, ob die Kinder schon groß genug waren, den Fischereibetrieb weiterzuführen …

Das bedeutet, wir wollen feststellen, ob der richtige Zeitpunkt war.

Gleichzeitig geschah damals, dass Johannes der Täufer inhaftiert wurde. Weil er das Königshaus kritisiert hatte.

Im Textheißt es: Jesus zog sich nach Galiläa zurück – er setzt sich ab, verschwindet für eine Weile aus Jerusalem und Umgebung, dort ist nämlich jetzt der Boden zu heiß.

Es ist gefährlich, als Prophet momentan öffentlich aufzutreten – der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig, und doch: Genau jetzt beginnt Jesus verstärkt oder auch mit seinem eigentlichen Wirken, indem er erstens die Umkehrpredigt des Vorläufers fortsetzt und zweitens, indem er Jünger beruft.

Aber, liebe Schwestern und Brüder, ist es nicht so: wenn wir da lang nachdenken mit unserer menschlichen Sicht: Nach menschlichem Ermessen ist der richtige Zeitpunkt nie.

Wir alle sind getauft und somit aufgerufen, Jesus nachzufolgen, seine Jüngerinnen und Jünger zu sein.

Wie kann das bei uns ausschauen?

Sollen wir alle unverzüglich Beruf und Familie verlassen und in einen Orden eintreten, als WanderpredigerInnen umherziehen oder uns im Priesterseminar anmelden – davon abgesehen, dass sie nur 50% von uns nehmen werden …?

Vor 40 Jahren ca. gab es die Munsekte, Hare Krishna usw., die Jugendliche dazu brachten, einfach wegzugehen – weg von Familie, Studium, Beruf.

So in der Art kann es auch gehen – aber in 99,5 % der Fälle – und für Sie heute hier in unserer Kirche kann das nicht wirklich gemeint sein mit „Nachfolge“.

Was ist aber dann sonst gemeint?

Tatsächlich ist es ganz einfach. Es wäre ganz einfach.

Bei allem, was wir tun, fragen: Wie würde Jesus Christus sich an meiner Stelle verhalten: Zu Hause, im Beruf, im Straßenverkehr, beim Einkaufen, beim Sport, in der Freizeit, im Gottesdienst …

Was würde Jesus essen und trinken? Anziehen? Wie sorgfältig wäre er bei einzelnen Arbeitsvorgängen? Wie würde er reden und umgehen mit Familienmitgliedern, Kindern, Nachbarn, Kollegen, Vorgesetzten, MitarbeiterInnen, mit Schwächeren und solchen, die sich aufspielen…? Wie seine Freizeit gestalten, wie die Wohnung reinigen, wo den Urlaub verbringen, das Gemeindeleben und den Staat mitgestalten, Kulturelles genießen, wo würde er energisch einschreiten und wo heraushalten, was täte er in einem Konfliktfall, angesichts von Unrecht, Dummheit, Not …? Was würde er lesen, wofür sich interessieren?

Wie wir das erfahren können? Auch ganz einfach: Das sind doch eh die ganz normalen Inhalte unseres persönlichen Betens. Oder?

Das Problem ist nicht, ob wir das wissen können, sondern ob wir unser tiefes inneres Wissen ernst nehmen oder verdrängen, ob wir Vorbildern folgen, die wir uns aus Filmen, Werbung, Gesellschaftsleben oder sonstwoher beziehen, ausgesucht haben oder aufdrängen lassen … oder was grad angesagt ist im Freundeskreis, in der Schulklasse, im Verein, in den Medien …

Da auszusteigen, sich neu auf das eigene Christsein zu besinnen, auf den, dem wir folgen sollen und dürfen – bestimmt denken wir da : Ist da jetzt die richtige Zeit dafür? Soll ich nicht lieber zuerst meine Ausbildung oder die Schule abschließen, im Beruf eine gute Position erreicht haben, im gesellschaftlichen Umfeld anerkannt sein …?

Wie gesagt, der rechte Zeitpunkt ist, wenn wir so denken, nie. Oder immer – wenn wir uns vergegenwärtigen, dass wir Gesegnete sind, Menschen, bei denen Gott anwesend ist. Als Helfer, Schutz, Begleiter, Freund.

Die ganze Woche hindurch machte ich einen weiten Bogen um die Aufgabe, eine Predigt für morgen vorzubereiten.

Zwischendurch habe ich ein bisschen in einem liturgischen Behelf gelesen, das Evangelium angeschaut, Da wir in Haid morgen Kindersegnung haben, und irgendwie der Spagat zwischen Berufung der ersten Apostel (Menschenfischer) und Segen klappen sollte, schob ich die entsprechende Vorbereitungsarbeit vor mir her. Begeistert war ich nicht.

Heute Vormittag musste es sein. Evangelium durchlesen, hinsetzen, Computer einschalten – und siehe da: nach einer guten Stunde: fertig!

Am späteren Nachmittag noch drübergeschaut, ein bisschen im Predigtforum der Redemptoristen recherchiert, was die zum Thema so haben – die Gedanken in einer der 4 Predigten dort fast gleich …

Also gut.

Wie geht es euch, wenn ihr eine Predigt vorbereitet?

Austausch wäre nett!

Viel Freude mit meiner Predigt.

Den Sektkorken müsst ihr selber knallen lassen.

Und den Text von Marianne Williamson gibt es morgen.

Predigt                                                                 Jahresschluss 2019

Sektkorken knallt – 1 Glas einschenken

Liebe Brüder und Schwestern!

Ein sogenannter „Knalleffekt“. Was ist ein Knalleffekt?

Ein lauter Krach, und dann kommt etwas Gutes, zumindest etwas Neues, dabei heraus. Der Krach muss etwas Großartigem oder doch Bemerkenswertem zum Durchbruch verhelfen. Es muss etwas schöner, besser, heller, gerechter werden als es vorher gewesen ist.

Wieviele solcher Knalleffekte haben wir im vergangenen Jahr erlebt?

Vielleicht das Bekanntwerden des Ibiza-Videos, das zu Neuwahlen geführt hat, wo der Weg frei gemacht hat für eine ganz neuartige Konstellation, wie wir sie jetzt dankenswerter Weise haben. Wo echte Hoffnung aufkommt.

Der Brand der Notre Dame in Paris. Oder der Anschlag in Christchurch, Neuseeland.

Oder das Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump.

Viele erwarten sich Knalleffekte, weil sie sich eine schlagartige Besserung erhoffen.

Viele gehen ja zu Silvester den umgekehrten Weg: Man lässt es ordentlich krachen, Raketen und Sektkorken, in der Sehnsucht, das neue Jahr würde dann viel Neues, Gutes, eine dauerhafte Veränderung zum Glück bringen.

Statt über den Lärm zu schimpfen, könnte man sich auch darüber freuen, dass die Menschen die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben.

Die Frage ist nur: Wie kommt denn Veränderung zum Besseren wirklich?

Oder: Sind Knalleffekte die Methode Gottes?

Wir haben uns den Advent hindurch mit dieser Wurzel hier beschäftigt.

Die Bibel verwendet verschiedene Bilder, um die Änderung zum Besseren, die Gottes Geist bewirkt, zu beschreiben:

  • der tote Wurzelstock, Stamm, aus dem ein neuer Zweig wächst – hervorbricht.
  • das Samenkorn, das aufgeht und reiche Frucht bringt
  • der Sauerteig, der sich in der Wärme vermehrt und das Brot weich und  genießbar macht
  • die schwangere Frau, die in Geburtswehen liegt und so neues Leben hervorbringt
  • das Licht, das in der Dunkelheit unbeirrt leuchtet

Bilder neuen Lebens. Gott arbeitet in der Weise organischen Wachstums. Fast im Verborgenen. Manches schaut aus, als ginge es von selber.

Nicht mit Gewalt, aber durchaus auch nicht immer leicht und mühelos.

Es sind durchaus Knalleffekte dabei.

Viele Theologen haben von der Sprengkraft des Evangeliums gesprochen.

Es ist nicht eine gigantische Umwälzung wie die Sintflut gemeint – oder dass der Weltuntergang mit Pauken und Trompeten kommt.

Eher die Kraft der Wurzel, die den Beton sprengt – oder das Samenkorn, das auch gesprengt wird, damit der Keimling sich entfalten kann.

Die Kraft der Auferstehung, wo Särge und Gräber sich öffnen. Natürlich auch im übertragenen Sinn: Wenn starre Herzen wieder lebendig werden. Die Sicht, der Blickwinkel sich ändert, in Richtung Helligkeit und Weite.

Neues Leben kann über Nacht kommen; wie ein Knalleffekt. Aber zum Wachsen braucht es Zeit und Geduld.

Ich habe einen Text von Marianne Williamson, einer amerikanischen Mystikerin, mitgebracht, den Sie vielleicht bereits kennen. Ist einer meiner Lieblingstexte. Nelson Mandela hat ihn bei einem Kongress in Südafrika vorgelesen und auf Apartheid – Rassentrennung – bezogen. Manche Menschen, so wie er, sind Knalleffekte des Heiligen Geistes, durch die sich enorm viel verändert auf dieser Welt. Film – Maria Theresia. Was ist das Nachhaltigste, was von ihrer Regierungszeit blieb? Die allgemeine Schulpflicht. Erste weltweit.

Franz von Assisi. Ihm verdanken wir 2 Dinge, die wir jetzt noch haben: Die Krippendarstellungen und das Verständnis dafür: Natur ist heilig. Elisabeth von Thüringen: Burgherrin Verantwortung übernimmt für das Wohlergehen der Untertanen, der Menschen im Dorf unten. Charityveranstaltungen jedweder Art gehen im Grunde auf sie zurück. Das gab es vorher nicht.

Ich möchte Ihnen diesen Text heute mitgeben ins neue Jahr mit der Einladung, dass wir uns öffnen und umdenken.

 

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

 

Heilig – was ist das? Vielleicht schweben uns da noch so Bilder vor, wie es lange üblich war, eine Nonne, ein Mönch kniet auf dem Boden, die Augen verdreht Richtung Himmel, die Hände gefaltet …

Etwas blutleere Gestalten, nicht ganz auf dieser Erde, schon gar nicht mit beiden Beinen, schon fast jenseitig, tugendhaft und bedürfnislos …

 

Ich hab mir auch so was Ähnliches vorgestellt früher – in meiner

Heimatpfarre hat ein Kaplan einmal die Frage gestellt: wer von euch will heilig werden? Und wir haben reflexartig geantwortet: nein, sicher nicht.

 

Klar nicht – ich will schließlich das volle Leben.

Es hat ein bisschen gedauert, bis ich draufgekommen bin: ja, das volle Leben – und heilig – das ist ja ein und dasselbe! Das hat doch Gott gemeint.

 

Und da sind wir auf der richtigen Spur. „Heilig“, da steckt das „Heil“ drin, das Heil Gottes – Schalom – das Leben in Fülle, die volle Fülle – die können Menschen aus eigener Kraft nicht erreichen, die wird geschenkt. Von Gott.

 

Ich habe ein paar Bekannte gefragt, welche/r Heilige beeindruckt dich am meisten? Da wurden folgende genannt:

 

Franz von Assisi – weil er wirklich ganz arm und bedürfnislos gelebt hat, ohne Pomp – das, was er von Jesus als richtig erkannt hat

Hildegard von Bingen – sie hat es dem Domkapitel von Mainz „hineingesagt“, ihr Fehlverhalten, wo sie sich ändern müssen – als Frau auf dem Domplatz, öffentlich – wie die alttestamentlichen Propheten

Antonius – weil er alles findet, was ich verliere

Elisabeth von Thüringen – sie hat das gelebt, was sie als richtig erkannt hat,  ohne Wenn und Aber

Teresa von Kalkutta und Edith Stein, die ziemlich neu erst heiliggesprochen worden sind.

 

Jede/r von den Genannten hat etwas unglaublich Unerwartetes an sich: Franz und Elisabeth, Reichtum und Sicherheit total aufgeben. Teresa von Kalkutta – aus jeder Sicherheit heraus, sie war pensionsreif in ihrem Orden, hätte sich zur Ruhe setzen sollen und nicht sich in den Elendsvierteln häuslich niederlassen …

 

Die echten, klassischen Heiligen, die waren alle Originale, voll Blut und Leben, Vollblutmenschen und Vollblutchristen.

Sie haben ihre Berufung gefunden und gelebt.

Sie haben Jesus an die erste Stelle gesetzt in ihrem Leben. Damit auch 2 Verheiratete vorkommen: Hildegard Burjan – sie ist in die Politik gegangen als Abgeordnete und Franz Jägerstätter, der für seine Nachfolge gestorben ist.

 

Heute würde man sagen: Diese Menschen sind authentisch. Und ein bisschen verrückt. Sie haben was Neues eingebracht, das es vorher so nicht gab in der Kirche, in der Menschheit. Was Menschen wie du und ich niemals tun oder wagen würden.

Und dazu jetzt noch eine Frage: Warum eigentlich nicht?

 

Ist es wirklich das Wichtigste im Leben, was andere von uns denken? Oder: Nicht aufzufallen? Überschaubare immer gleiche Sicherheit?

 

Ist das das Leben in Fülle?

Nicht wirklich, oder?

 

Die großen Heiligen haben das Risiko nicht gescheut. Manche sind im Inquisitionsgefängnis gewesen, manche als Märtyrer gestorben, viele wurden ausgelacht von ihren nächsten Angehörigen, sind bei den ersten Versuchen turmhoch gescheitert … aber alle haben genau das gemacht, was für sie richtig war. Glückliche Menschen. Erfüllung gefunden, weil sie ihrer Berufung gefolgt sind.

Bürgerliche Behaglichkeit ist nichts Verkehrtes – aber Leben in Fülle ist mehr, unermesslich viel mehr.

Lassen wir uns auf den Geschmack bringen.

Predigt                                                                St. Leonhard, 26. 10. 2019

 

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

 

Sankt Leonhard, der Löser der Ketten und Befreier der Gefangenen. Er hat sich tatsächlich für die Freilassung Inhaftierter – die waren damals in Verliesen – eingesetzt.

Es werden heute später auch Pferde gesegnet, der heilige Leonhard wird traditionsgemäß auch mit dem Großvieh, Rindern, Eseln und Pferden, in Verbindung gebracht und als deren Schutzpatron verehrt.

Die (zerbrochenen) Ketten, mit denen er üblicherweise dargestellt wurde, hat man als Tierketten verstanden.

Ursprünglich riefen Menschen den Hl. Leonhard bei unrechter Inhaftierung an. Mehrere Legenden schildern, wie Ritter, die im Zuge der Kämpfe mit muslimischen Mauren in Gefangenschaft geraten waren, ihn anrufen und auf wunderbare Weise befreit werden.

 

Das Befreien von zu Unrecht Gefangenen gehört zutiefst und schon seit den Anfängen zur christlichen Tradition. Der Messias wird auch als Befreier von (politischen) Gefangenen erwartet, die gab es nämlich, man hatte ja die römische Besatzungsmacht im Land … und Jesus stellt sich auch so vor. Ich bin gekommen, den Gefangenen die Freiheit zu verkünden.

Die ersten Christen haben Geld gesammelt, um getaufte Sklaven freizukaufen, man empfand es als absolut unpassend, dass Getaufte, freie Bürger des

Reiches Gottes, im römischen Staat als Unfreie leben sollten, und hat etwas dagegen unternommen.

Wenn wir uns bei Amnesty International oder CSI, Christen in Not für politisch, weltanschaulich oder religiös Verfolgte einsetzen, stehen wir in einer guten Tradition.

 

Jetzt hat aber das Befreien, das Lösen oder Sprengen von Ketten weitere Dimensionen.

 

Zunächst das Befreien aus dem Tod. Es gibt eine Reihe von Bildern, die Jesus als Auferstandenen zeigen, wie er an den Händen links und rechts die Verstorbenen aus der Unterwelt herausholt ins Licht, in seinen Bereich, in den Himmel.

 

Dann natürlich das Befreien von der Sünde, das Jesus bewirkt. Und da steckt mehr dahinter als die schnelle Lossprechung nach einer noch schnelleren Aufzählung von Verhaltensweisen, die uns verkehrt vorkommen.

 

Und da kommen wir zum heutigen Evangelium.

 

Vielleicht kommt es uns erheiternd vor, wie der Pharisäer betet, selbstgerecht wie aus dem Bilderbuch. Natürlich können und sollen wir, wenn wir beten auch Danke sagen für all das Gute, das uns geschenkt ist, Herkunftsfamilie, Wohlstand, Erziehung, Bildung, auch dass wir glauben können.

Aber natürlich geht es nicht, auf andere verächtlich herabzusehen – die die all diese Vorteile nicht haben…

 

Jesus ist gekommen, um Ketten jedweder Art zu entfernen, im übertragenen Sinn: die der eigenen beschränkten Sicht, der Unwissenheit, der religiösen Sturheit, des Fanatismus,… er möchte uns den Klotz am Bein entfernen, der Standesdünkel heißt und Vorurteil. Selbstgenügsamkeit, nichts mehr dazulernen, keine neuen Menschen kennenlernen wollen.

Die gesellschaftlich üblichen Schranken will er aufheben: jede Art von Diskriminierung, Feindschaft oder auch Angst.

Und klarerweise alles, was Menschen knechtet, unfrei sein lässt: Zwänge, Süchte, weltanschauliche sogenannte verschlossene Türen, Tabus, menschenfeindliche Gesetze, und seelische und körperliche Krankheiten sowieso.

Der Unterschied zwischen dem Pharisäer und dem Zöllner besteht darin, dass der Pharisäer seine Unfreiheit nicht merkt, seine Ketten nicht spürt. Er hat sich darin eingerichtet, ja er profitiert sogar davon, weil er sie benützt, um sich im Vergleich zu anderen gut zu fühlen.

Der Zöllner weiß genau, was nicht passt in seinem Leben. Gott, sei mir Sünder gnädig meint, hilf mir, ich selber schaffe es nicht. Er bittet Gott darum, befreiend in sein verkorkstes Leben einzugreifen.

 

Dass auch wir – alle – das tun, dazu will uns Jesus ermutigen.

 

Halten wir ihm unsere Ketten hin, die wir aus eigener Kraft nicht loswerden: Gewohnheiten, Denkweisen, verfahrene Situationen, alles wo wir glauben es muss so sein aber im Grunde darunter leiden, fixe Vorstellungen, Festlegungen anderer, wie wir angeblich immer seien oder zu sein haben, Feindschaften, Beziehungen, Gruppenzwänge, die Weltlage und und und …

Wir brauchen nur sagen, wir wollen das nicht mehr…

 

Heilige haben die Aufgabe, auf uns Menschen ein bisschen ein Auge zu haben – wie ältere Geschwister auf Kleinere. Bitten wir den Heiligen Leonhard, dass er sich für uns einsetzt, wo wir unfrei sind. Als Befreier aktiv wird Jesus, Gott, selber.

Wir brauchen uns nur überraschen lassen, wie und wie sehr.

 

 

Wegen meines arbeitsintensiven Dienstsantritts als Pfarrassistentin in den Haid und Pucking erst heute die Predigt zum vorgestrigen Sonntag:

 

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

 

Nach oben buckeln, nach unten treten. Diesen Spruch haben Sie sicher schon öfter gehört – und es beschreibt treffend das Verhalten mancher Menschen – und es ist kein Kompliment.

 

Geschichte vom Portier

 

Vor einigen Tagen war erst der G7-Gipfel, und in den Zeitungen wurde unter anderem kommentiert, wer neben wem saß und wie lange und warum …

Und bei uns im Kleinen und in der Öffentlichkeit ist oft zu bemerken, wie jede vornehme Zurückhaltung schlagartig und restlos verschwindet, sobald es zum Sturm auf die Futtertröge, in die Medienberichte oder sonst auf die besten Plätze geht.

Zur Zeit Jesu gab es das genauso wie heute – und zu allen Zeiten, die dazwischen liegen.

Ich weiß nicht, ob es ein Trost ist, dass auch die Pharisäer nicht anders gehandelt haben – die Elite der Frommen und (religiös) Gebildeten damals, – oder ob wir uns aufgrund dieser Tatsache eher schrecken sollen.

 

In der Kirche ist es nicht anders – obwohl in den letzten Jahrzehnten weit besser geworden und obwohl Papst Franziskus eine ganz andere Sprache spricht.

Zumindest hat er diese ganzen überflüssigen Ehrentitel Monsignore, Geistlicher Rat usw. abgeschafft.

Man könnte jetzt solches Gehabe auch ganz lustig finden, Prof. Nemecek hat den Begriff „Knopflochrotlauf“ erfunden, Kleider- und Rangordnung, Titelsucht usw. … wenn nicht eine ganz reale Gefahr dahinterstünde: Nämlich die, dass Menschen, die sich in diesen Systemen an den oberen Plätzen befinden, tatsächlich oft überheblich auf die da unten herabschauen – und sich besser vorkommen, als die besseren Christen, die besseren Menschen, die fitteren, gesünderen, Tüchtigeren, Fähigeren … Beliebteren, Schöneren, Reicheren die, die es „geschafft“ haben, eben.

Im religiösen Bereich fühlt man sich dann näher bei Gott, würdiger, spiritueller, geistig entwickelter, intelligenter, gebildeter usw.

 

Und da wird uns klar, warum Jesus so ein Verhalten kritisiert. Nicht, weil er Menschen herabsetzen will – ja, wir haben diese Redewendung, es ist genau diese Situation gemeint, jemanden an einen schlechteren Platz, weiter unten an der Tafel, zu platzieren -, nein, Jesus, der für Gott spricht, möchte alle an den besten Platz holen, einladen, gerade und vor allem die, die im normalen Leben übersehen, ausgegrenzt, schief angeschaut, verachtet werden, keine Geltung haben, die die vornehme Welt nicht dabei haben will.

Die Unsichtbaren sichtbar machen, ihnen den zustehenden Wert als Kinder Gottes, die Würde des guten Platzes geben.

 

Wir erinnern uns wahrscheinlich, dass Jesus in einer ähnlichen Situation an seine JüngerInnen die Parole ausgibt: „Bei euch aber soll es nicht so sein.“

 

Für die neue Ordnung, die er zu schaffen gekommen ist, im Reich Gottes, haben andere Maßstäbe zu gelten.

Ich vermute, dass Sie hier in der Pfarre Haid diese Maßstäbe Jesu leben.

Wo alle gleich wertvoll sind, gleich geachtet und willkommen beim Gottesdienst, bei Festen, beim Mitarbeiten und Mitgestalten in der Pfarre.

Arbeiter/innen und Chefs, Chefinnen. Geschäftsleute und Putzfrauen. Lehrer und SchülerInnen. Ingenieure und Hausfrauen. Bankangestellte und Arbeitslose. Lehrlinge und Pensionisten.

Bei Gott hat niemand, wer er auch sei, dem anderen etwas voraus.

Und zwar deswegen, weil jedem/r einzelnen das volle Maß, die unmittelbare Nähe und Freundschaft bereits geschenkt sind. Mehr geht nicht.

Ich in meiner Funktion als Leiterin und Seelsorgerin möchte Helfen, dass wir alle hier in Haid diese Geschenke – das volle Maß des Heils – annehmen und verwenden.

Predigt

 

Wind bläst alles durcheinander, wirbelt Staub auf und dann ist alles sauber. Wind erfrischt. In der Heimat Jesu bringt Wind den ersehnten Regen in der Hitze und Dürre des Sommers. Und: Wind kann ein Feuer, das am Verlöschen ist, neu entfachen.

In der Erzählung des Pfingstgeschehens in der Apostelgeschichte ist von einem Brausen die Rede, das vom Himmel her kommt – wie wenn ein mächtiger Sturm daherfährt. Die Bibel vergleicht das Wirken des Heiligen Geistes mit dem Wind.

 

Wir haben bei unseren Bußgedanken heute über verschlossene Türen gesprochen. Wenn alles bummfest zu ist, kann kein Wind herein, kein frischer Wind – dann hat der Geist Gottes auch keine Chance.

Er ist zwar da, er wäre da – wir merken es sogar -, aber wir öffnen uns nicht, geben ihm keinen Raum bei uns. Setzen uns ihm nicht aus.

 

Ich möchte Ihnen heute auch mitteilen, dass ich ab 1. September als Pfarrassistentin in Haid und Pucking tätig sein werde.

 

Es gilt also, zu überlegen, wie die Pfarre gut weiterleben kann, wenn kein hauptamtlicher Laie am Ort ist. Dafür gibt es unterschiedliche Modelle, die in mehreren Pfarren seit einigen Jahren umgesetzt werden.

 

 

Ein wichtiger Punkt: immer weniger Menschen kommen in die Gottesdienste bzw. zu Veranstaltungen der Pfarre. Das Interesse für Kirche und Pfarre verschwindet zusehends. Der MitarbeiterInnenpool, die vielen Ehrenamtlichen, die das Pfarrleben tragen, lebendig und bunt machen, werden immer weniger – und immer älter. Wer wird Bei der nächten PGR-Wahl 2022 kandidieren? Werden es genug Personen sein? Wie schaut der Altersdurchschnitt aus?

 

 

  1. Wir tun als ob nichts wäre, lassen alles weiterlaufen wie gehabt – es werden einfach immer weniger, und nach und nach hören die verschiedenen Gruppen, Gottesdienste, Veranstaltungen … von selber auf, und vielleicht fällt es gar niemandem auf …

Dies würde bedeuten, wir bunkern uns ein und versperren dem Heiligen Geist die Türen.

2. Oder ihr stellt aus Protest jede Tätigkeit für die Pfarr ein, was nicht zu hoffen ist. Ihr macht das ja nicht für ein abstraktes Etwas,das Pfarre heißt, sondern in Wirklichkeit eh für euch selbst. Pfarre ist ja im besten Fall euer Zuhause…

Dies würde bedeuten: Es ist uns die Luft ausgegangen, und wir haben keine Hoffnung mehr, dass Gottes Geist sich irgendwie für uns interessiert.

3. Es kommt zu einem Neustart, einer Neubelebung unserer Pfarre. Neues Interesse, mehr Menschen in den Gottesdiensten, neue und mehr Ehrenamtliche, Verjüngung, Vertiefung der Spiritualität, neue Ideen, Aktivitäten, mehr Leute, die kommen und sich einbringen …

Dies wird allerdings nicht von selber gehen, sondern ist mit mühsamer Kleinarbeit verbunden, ständig und immer wieder muss persönlich eingeladen und angesprochen werden – mit der Garantie, dass nur ein Bruchteil die Einladung annehmen wird. Und Vorbedingung ist, dass wir, einige von uns, zuvor vom Heiligen Geist erfüllt, begeistert und verändert werden. Dies kann man nicht „machen“, herstellen, wir können uns nur öffnen dafür.

 

 

Predigt                                       Christi Himmelfahrt 2019 Aschach

 

Liebe Brüder und Schwestern!

 

Winnetou, Old Shatterhand, Robin Hood, Aeneas, Odysseus, König Artus, Johanna von Orleans, Gandhi, Friedrich Bonhoeffer, Sophie Scholl, Harry Potter, Mutter Teresa … Bischof Erwin Kräutler …

Echte Personen und erfundene Gestalten –

Was haben sie gemeinsam?

Sie sind unter Umständen das, was wir als Helden oder Heldinnen bezeichnen können.

Was sind Helden?

Sie setzen sich unbedingt für das Gute ein. Für Schwächere, für Gerechtigkeit.

Oft gegen eine Übermacht, gegen den Widerstand der Mächtigen, nehmen Verfolgung und Unbequemlichkeit, Mühe … unbeirrt in Kauf, haben einen guten Charakter, Gerechtigkeitssinn, sind hilfsbereit, sozial eingestellt, geben das Äußerste für ihre Ideale, und die sind sehr hoch.

Vorbilder, Originale, nicht erreichbar, man fühlt sich sicher, wenn sie da sind. Man empfindet es als tragisch, wenn se sterben, wenn sie nicht mehr sind.

 

So in diese Richtung etwa haben sich die Menschen zur Zeit Jesu den Messias erhofft.

Jesus ist durchaus in vielem so gewesen als Mensch auf der Erde.

Aber eben noch viel mehr, er hat den Rahmen gesprengt.

Bei der Himmelfahrt – oder wie wir das, was in Lesung und Evangelium geschildert wird, nennen wollen, geht er noch ein letztes Mal über menschliche Maßstäbe und Erwartungen hinaus.

 

Himmelfahrt – das ist ein Abschied. Ein menschenfreundlicher Abschied. Vorsichtig, behutsam, nach und nach.

Jesu, der Auferstandene, zeigt sich immer und immer wieder den Jüngerinnen und Jüngern.

40 Tage ist keine Zeitangabe, sondern 40 ist die biblische Zahl der Vollkommenheit. Der Abschied, die Phase der Umstellung auf das Neue, dauert genau so lang, wie es gut ist. Eine ideale Zeitspanne. Bis alle Jünger so weit sind und es packen. Trauer und Überraschung und Schock und alte Erwartungen verarbeitet haben.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren: Jesus hätte es gern schneller, er hätte uns Menschen gern selbständiger, mutiger, … und er verabschiedet sich zum frühest möglichen Zeitpunkt.

Es entspricht seinem Wesen und dem Wesen Gottes, uns selbständig agieren zu lassen. Er braucht uns nicht zu kontrollieren wie ein misstrauischer Chef. Er vertraut uns wie seinen besten Freunden.

Gott sieht uns allezeit, aber er schaut uns voll Liebe an wie eine Mutter, die die Fortschritte ihres Kindes beobachtet …

Klopft uns nicht gleich auf die Finger, wenn wir etwas falsch machen, lässt uns die Folgen ausbaden, aber unterstützt uns dabei.

Und nie entzieht er uns das Vertrauen …

 

Jesus handelt auch wie optimale Pädagogen: Er zeigt den Jüngern alles, er lehrt sie alles, er sagt: Was ich tue könnt ihr ebenfalls, und sogar noch Größeres …

Sie waren auch immer wieder ohne ihn, selbständig unterwegs, haben verkündet, geheilt, Wunder gewirkt.

Jesus hat die Seinen zur größtmöglichen Selbständigkeit erzogen.

 

Die allzu Zaghaften tröstet er mit der Zusage: ich bin eh bei euch…

Wir brauchen seine Freundschaft, wir brauchen das: zu fragen: was hätte Jesus gesagt, was würde er in einer bestimmten Situation tun, wie würde er entscheiden …

Da könnte sich die Kirche ein gutes Stück abschneiden: Entscheidungen, die von Angst oder Kontrolle, von Vertrauensverlust oder -verweigerung bestimmt werden, kommen ganz sicher nicht vom Heiligen Geist.

Wartet, bis der Heilige Geist euch erfüllt – wartet mit Entscheidungen, bis ihr das ganz deutlich spürt …

 

Aber dann nichts wie los.

 

 

Auto zum Autohaus fahren, weil etwas gerichtet gehört.

An der Kinderliturgiesitzung teilnehmen.

Sich um einen Keksausstecher in Taubenform kümmern.

Plakate aufhängen

Zum Mittagessen Reste verwerten: Käse, Nudeln, Spargel

Vergeblich 2 Sparkassenfilialen aufsuchen – weil beide heute geschlossen waren

Mitarbeiter/innen fürs Fronleichnamsfest anrufen zwecks Aufgabenkoordination

Einen Gottesdienst vorbereiten für die KFB Haibach

Einen Gottesdienst vorbereiten für morgen, Christi Himmelfahrt, dazu eine anständige Predigt

An der PGR-Leitungssitzung in Aschach teilnehmen, neue Ideen äußern

den mittleren Koffer für den morgen Nachmittag beginnenden Urlaub aus dem Keller holen

bügeln

etwas Musik hören, beten, die Predigt für morgen durchgehen, ein Glas Rotwein trinken, diesen Blog warten

und Schluss.

Freue mich auf morgen.