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Predigt zu Mariä Empfängnis 2024

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Ohne Erbsünde – Erbsünde, was ist das überhaupt? Was wird da ver- oder geerbt – und von wem?

Liebe Brüder und Schwestern!

Das Wort ist eine sehr schlechte Übersetzung.

Im Lateinischen heißt es „peccatum originale“.

Originalsünde. Wir wissen was ein Original ist – die Ur- oder 1. Sünde ist sozusagen das Markenzeichen der Menschen. Wir haben das Copyright darauf.

Es ist zugleich die Ursache aller weiteren Sünden, Fehlhaltungen und Schandtaten, die Menschen begehen können und auch immer begangen haben. Der Grund für diese.

Woran leiden Adam und Eva – im Mythos so dargestellt – eigentlich, in welcher Beziehung verhalten sie sich falsch?

Sie kündigen Gott das Vertrauen auf.

Sie lassen sich von jemand X-Beliebigem, den sie gar nicht kennen und zu dem sie keinen Bezug haben, einreden, dass ihnen etwas fehlt. Man muss sich das vorstellen: Dass ihnen im Paradies etwas abgeht.

Jemand stört das Vertrauen, das gute Einvernehmen, die Beziehung zwischen den ersten Menschen und Gott.

Und gleich ist auch die Beziehung zueinander gestört – statt Vertrauen hat Adam plötzlich Angst vor Gott – und so kündigt er Eva, dem Liebsten, was er haben sollte, auch gleich das Vertrauen auf – gut dastehen will und muss er schließlich.

Fehlhaltungen entstehen aus einem Mangel an Vertrauen.

Schauen wir uns an, was aus dem Feiertag, dem 8. Dezember, geworden ist:

Es ist ja typisch menschlich, sich schnell einmal benachteiligt vorzukommen.

Die Diskussion um den 8. Dezember begann, als der 8. Dezember auf einen Adventsamstag fiel, langer Einkaufssamstag hieß das früher. Da erwartete man sich Umsatz, den großen Geschäftsgewinn – schrecklich, geschlossen halten zu müssen, keiner kann einkaufen gehen, und besonders in grenznahen Gebieten fürchteten Geschäftsleute, Kunden würden ins nahe Ausland ausweichen. Geschäftsentgang.

Da könnte einer das Geld verdienen, mit dem eigentlich ich gerechnet hätte …

Es ist dann nur logisch, dass, gleich in welchem Berufszweig, auch am Sonntag gearbeitet werden muss – sonst erwirtschaftet man ja um ein Siebentel weniger …

Kriege entstehen, weil sich Völker im Vergleich zu ihren Nachbarn benachteiligt fühlen.

Gewalt, Raub, Raubbau an der Natur und an der menschlichen Gesundheit, Diebstahl, Verleumdung, Mobbing …

Und so weiter und so fort …

Genau diese Grundhaltung hatte Maria nicht.

Im Gegenteil. Das genaue Gegenteil wird von ihr gesagt: „du bist voll der Gnade“.

Du bist reich beschenkt. Sie hatte diesen Mangelkomplex nicht, als ob Gott oder wer immer ihr etwas vorenthalten würde. Sie sagt um Verkündigungsengel nicht: O, ich bin nicht würdig… da gibt es besser Geeignete … wie lange hab ich Bedenkzeit … ich schaffe das nicht…

Nein. Selbstbewusst und im Vertrauen auf Göttins Hilfe erklärt sie sich bereit, das Wagnis und die große Verantwortung auf sich zu nehmen, nimmt sie es, Konigin bzw. Königsmutter zu sein.

Wir alle sind das im Grunde genommen auch: befreit von unserem ererbten Markeneichen. Die Taufe beseitigt die Erbsünde, so formuliert es die Theologie.

Also dann …

Aber mit uns ist es oft so wie mit einem Haus, dessen Fensterläden geschlossen sind. Erst wenn wir die aufmachen, kann das Licht hineinströmen. Wir sind wie vernagelt, wie es so schön heißt…

Maria war offen und empfänglich. Sie hat die Fülle Gottes, alle Geschenke, zu sich, in ihr Leben strömen lassen.

Wir können das lernen, so zu sein. Wir brauchen nur zu sagen: Bitte, ja ich möchte das. Probieren wir es doch!

Wer verursacht den Weltuntergang? Und: ist er unausweichlich? Mehr dazu erfahrt ihr in meiner Predigt zum gestrigen Sonntag.

Live-Video in der Facebookgruppe: “GöttInnen in Ausbildung” www.facebook.com/groups/goettinneninausbildung/

Predigt                                                                       10. 11. 2024, gehalten in Kienberg, NÖ

Liebe Brüder und Schwestern!

Die Lebensbedingungen der Ärmsten, der Witwen, sind Gradmesser für die Gesundheit , den Entwicklungsstand der Spiritualität einer Gemeinde/ eines Systems.

„Ich hab ja nichts zu verschenken.“

Können Sie sich noch an diesen Satz erinnern?

Vor einer Reihe von Jahren kam er regelmäßig in der Werbung vor: Niki Lauda, einer der reichsten Menschen Österreichs, sprach ihn aus. Er lässt sich die Reste von seinem Mittagessen einpacken. Dagegen ist nichts einzuwenden, es ist schließlich wirklich schade drum und muss sonst weggeworfen werden.

Bedenklich, und zwar sehr, finde ich die Mentalität, die da angesprochen und verstärkt wird unter der Normalbevölkerung. Wenn einer der Superreichen nichts zu verschenken hat, wieso soll dann ich als Durchschnittsbürger/in …?

Wo ich doch ganz sicher weniger habe als der …

Dabei ist diese Geisteshaltung ohnehin schon viel zu stark verbreitet. Sich benachteiligt oder arm vorzukommen und sich mit diesem Argument ins private Dasein zu vertschüssen, sich aus der Verantwortung für die Allgemeinheit und vor dem Anspruch der Nächstenliebe zu verstecken.

Eine Legitimierung des Egoismus. Da braucht man kein schlechtes Gewissen mehr zu haben, wenn sogar der nichts hergibt …

Es ist eine traurige Tatsache und weltweit zu beobachten, dass ärmere Menschen gastfreundlicher sind als wohlhabendere. Woran das liegt? Vielleicht bekommt Besitz ab einer gewissen Höhe des Wertes eine Eigendynamik, wo einem dann leid drum ist, dass mans hergibt … Oder man vergisst ganz einfach, wie es ist, in Not zu sein ….

So gesehen hat der Prophet Elia Glück gehabt, gerade auf die Witwe in Sarepta zu treffen, die selbst fast nichts mehr hatte.

Und so gesehen ist es vorbildlich und lobenswert, wenn die vielen Reichen im Evangelium viel in den Opferstock werfen. Das findet auch Jesus.

Was er tut, ist, die Leistung der Witwe besonders hervorzuheben.

Diese hat nämlich ihren ganzen Lebensunterhalt hergegeben. Hergeschenkt.

Wieso macht sie das?

Oder, besser gefragt: Wie kommt sie dazu, was bringt sie dazu?

Wo nimmt sie die Kraft her, das Vertrauen?

Wo hat der Hl. Martin, dessen Gedenktag wir morgen feiern, die Kraft hergenommen, das einzige, was er hatte, herzugeben? Den halben Mantel?

Es ist, so dürfen wir annehmen, genauso eingeübt wie das Mangeldenken, unter dem viele in unserem Land leiden – und das aus politischem Kalkül jahrelang hochgezüchtet wurde.

Ja, Jesus meint, wir können lernen, von der Fülle her zu denken, vom Beschenktsein her – im Stand der Gnade leben hat man früher einmal gesagt.

Die Witwe in Jerusalem konnte das. Obwohl sie ihren Mann verloren hatte und am Existenzminimum angekommen war.

Sie kommt ja in den Tempel, sie betet, weiß sich mit Gott verbunden.

Was können wir tun, um dieses Bewusstsein der Gnade, des Beschenktseins, zu bekommen – und dann daraus zu schöpfen?

Denken wir doch an unsere Vergangenheit – wo in unserem Leben bisher haben wir erlebt, dass Gott bei uns ist – uns hilft – uns etwas schenkt, weil wir darum gebeten haben – oder ohne dass wir darum gebeten haben? Glückliche Zufälle, unbeschwerte Tage, ein schöner Urlaub oder Waldspaziergang – die Schöpfung, Berge, Flüsse, Seen, Wiesen, das Meer, … Menschen, die wir lieben – mit denen wir uns versöhnt haben – Gesundheit – oder Heilung in Krankheit?

Die Fülle unserer Fähigkeiten und Möglichkeiten …

Oder einfach eine Art Geborgenheit – stiller Frieden inmitten des Alltagsstress?

Gott ist in unserem Leben auch jetzt gegenwärtig.

Es gibt nichts, was er uns nicht schenken könnte.

Gewöhnen wir uns offene Herzen und Hände an – um seine Fülle zu empfangen – und um sie weiterzugeben.

Übung: 10 Dinge, für die ich dankbar bin … jeden Abend aufschreiben

Als Meditation ur Übertragung der Hostien noch einmal…

Predigt      6. 10. 2024

Ich gebe zu, für mich ist die Botschaft auch schockierend. Denn: Wer möchte nicht gern reich sein? Klar freut es uns, wenn wir ein großes Vermögen besitzen.

Ich habe aber nun einmal beschlossen, dass das, was Jesus sagt, unbedingt eine frohmachende Botschaft darstellt – auch wenn es nicht immer gleich einsichtig ist, wieso.

Schauen wir uns an, worum es geht:

Da will einer Jesus nachfolgen.

Heute würden wir es so ausdrücken: Ein Mensch fühlt sich berufen und will dieser Berufung folgen, einen geistlichen Beruf ergreifen. Ordenschrist, Theologin, Pfarrer, Religionslehrerin … zum Beispiel.

Oder eventuell Politikerin, Arzt, Künstlerin, Lehrer, Medienfrau oder ähnliches.

Und da kommen wir, denke ich, der Sache schon näher.

Vor einer Woche erst waren Wahlen bei uns in Österreich. Immer wieder, davor und danach, kommen diese Klagen: Die Politiker, die Parteien schauen nur auf das eigene Wohlergehen und nicht auf das Wohl Österreichs.

So krass ist es zum Glück nicht. Aber es ist etwas Wahres dran: Das große Geld, der eigene Machtbereich, Einfluss , Bekanntheit, Beliebtheit … werden für Menschen derart bedeutend, dass sie das Eigentliche aus dem Blick verlieren.

Und es fallen uns Beispiele aus der Kirchengeschichte ein, wo theologische, kirchliche Entscheidungen gefällt wurden aufgrund von egoistischen Machtinteressen, im Bann von unguten Traditionen, von patriarchaler Verblendung, von Prägungen durch Erziehung oder Kultur oder was immer – nicht zuletzt hat auch die Frage des Geldes immer wieder eine Rolle gespielt, und keine positive.

Wir Menschen sind, auch wenn wir uns darum bemühen, keine idealtypischen Wesen. Wir sind subjektiv, beeinflussbar, egoistisch, durch unser Milieu und die Erziehung  mehr geprägt als uns lieb sein kann, genusssüchtig und bequem …

AUCH. Natürlich sind wir auch voller Ideale, kreativ, begeistert, bemüht, engagiert, mutig und vernünftig… lernfähig.

Und aus all diesen Gründen ist es bedeutsam, ja, wie ich finde, unverzichtbar, dass wir uns regelmäßig vor das Angesicht Jesu begeben, uns seinem Blick aussetzen – und bereit sind, uns von ihm liebevoll korrigieren – in die richtige Richtung bringen – zu lassen.

Jeden Sonntag einmal, lebenslang – zumindest einmal pro Woche, und nachdenklich in die neue Arbeitswoche zu starten, vielleicht mit neu zurechtgerückten Prioritäten, weil es gut für uns ist.

Er liebt uns. Vertrauen wir ihm.

Liebe Brüder und Schwestern!

So eine Lesung – und nun dieses Evangelium! Wie passt denn das zusammen?

Prallen da 2 christliche Grundhaltungen aufeinander, die sich normalerweise aus dem Weg gehen – das Sozialkritische, gesellschaftlich engagierte Christentum – und das fromme, private, innerlich mystische, mit Jesus, dem Heiland, wo Heilung, Gebet… ihren Platz haben?

Ich habe so das Gefühl, dass die Trennung irgendwie seltsam und nicht optimal ist. Dass da etwas getrennt wird oder wurde, was doch unbedingt zusammengehört.

Geht es Ihnen nicht manchmal so wie mir auch – es kommt mir vor, als ob der Glaube, das Christentum irgendwie kraftlos, schwach wäre, ohne wirkliche Wirkung?

Könnte es nicht sein, dass ein Aspekt für sich einfach nicht reicht?

Im Evangelium hören wir: Jesus heilt einen, der taubstumm ist.

Heilungen geschehen auch heute.

Es gibt große charismatische Heilungsgottesdienste, wo Menschen immer wieder berichten, dass und wie sie geheilt worden sind.

Aber warum sind das so wenige?

Bei Jesus im Evangelium heißt es immer, er heilte viele oder sogar alle, die man zu ihm brachte.

Ist Gottes Gnade begrenzt?

Ich glaube ganz ernst, Gott will alle und immer heilen.

Aber ich bin auch davon überzeugt, dass Gott oder der Heilige Geist den Menschen dort zuerst heilt, wo der die Heilung am nötigsten hat.

Der Mann im Evangelium ist „taubstumm“. Schrecklich genug, und Grund genug, dass er geheilt werden möchte.

Das griechische Wort, eigentlich sind es zwei, bedeutet nicht nur taub, sondern auch verschlossen, dumm.

Es gibt Menschen, die sind „zu“. Sie haben sich zugemacht, abgeschottet vom Leben, von der Umgebung, von der Umwelt, von den Mitmenschen … sie wollen unbeteiligt sein, unberührt vom Schicksal der anderen, unbehelligt, nur nichts anderes und Neues bitte…

Dicht gemacht. Keine Chance, kein Einfallstor für die Gnade Gottes. Da kommt und dringt nichts durch. Abgeschirmt. Teilnahmslos. Für diese Trennung von Gott und den Menschen gibt es ein Wort: Sünde.

Bei der Feier der Taufe gibt es den Effataritus. Gott möge dem Täufling Ohren und Mund öffnen, so habe ich selbst 25 Jahre bei Taufen gebetet, damit das Kind lernt, auf Gott zu hören und die frohe Botschaft zu bekennen vor den Menschen. Das kind soll mit offenen Sinnen durch die Welt gehen, gscheit werden.

Ich glaube, wir spüren schon den Zusammenhang mit dem Text und Anliegen der Lesung.

Vor lauter Tradition und Verhaltensregeln und Angelerntem und Altgewohntem können Menschen so verblendet sein, dass sie die extremsten und furchtbarsten Zustände für normal, ja gottgewollt halten.

Sklavenhaltung. Unterdrückung der Frau. Heiliger Krieg. Verfolgung, Folter, Mord im Auftrag Gottes?! Intoleranz.

Oder auch nur eine Gesellschaftsordnung, die so alt und gewohnt ist, dass die Botschaft Jesu dagegen nicht ankommt, nichts ausrichten kann, keine Chance hat.

Reiche, vornehme vorne auf den guten Plätzen, Arme hinten. Klar, wie auch sonst… Wer zahlt, hat recht … In den USA ist es so bei den Freikirchen, kein Kirchenbeitrag – da ist die Gefahr sehr groß – der Großspender setzt sich durch – Fundamentalismus.

Jakobus in der Lesung meint: So nicht.

Das, was ihr da treibt, hat mit Christentum nichts zu tun.

Wo war denn Jesus immer? Wen rückte er ins Zentrum? Wo nahm er seine Apostel her, fand er Freunde?

Also bitte.

Gott ist groß und menschenfreundlich genug, um alle und alles zu heilen und in Ordnung bringen zu wollen.

Nicht nur die körperlichen Gebrechen. Es gibt schließlich was, das ärger ist. Störender im Heilsplan Gottes.

Die sozialen Sünden, der Dünkel, der falsche Stolz, der Irrglaube, als Mensch mehr zu zählen, weil man reicher, vornehmer, schöner, erfolgreicher, gesünder und fitter ist, mehr Kinder hat oder zu einer bestimmten Nation, gehört … alles, was einer offenen Gesellschaft entgegensteht.

Die Äußerlichkeiten können so stark sein, dass Menschen tatsächlich und wirklich „zu“ sind für den Anruf des Heiligen Geistes.

Es ist nicht so, dass Gott uns nicht erhören würde, wenn wir beten. Davon kann keine Rede sein.

Aber, liebe Mitglaubende. Ist es nicht angebracht, dass auch wir immer besser auf Gott hören – es zumindest versuchen? Unsere Wünsche sind immer wieder einmal kurzsichtig und allzumenschlich. Was uns unfähig macht, auf das Ganze zu sehen, die Zwischentöne zu hören, das Offensichtliche mutig an- und auszusprechen, das möchte Jesus heilen. Unsere Verletzungen, schlechten Erfahrungen – halten wir sie ihm hin, lassen wir uns berühren – jede Begegnung – Gebet, Schrift, Sakrament, Reden, Lesen über den Glauben – mit dem Herrn wirkt heilsam auf uns..

Wir sind eingeladen: Machen wir uns auf, Ohren, Herz … für die Wirklichkeit.

Predigt 25. 8. 2024

Liebe Brüder und Schwestern!

„Was er sagt, ist unerträglich.“

Einmal ehrlich: Wer von uns denkt sich das nicht des öfteren angesichts mancher Jesusworte, mancher Bibelstellen?

Gerade bei dem Abschnitt aus dem Brief an die Epheser, den wir zur Lesung gehört haben, einige sind, wie auch ich innerlich, zusammengezuckt, als es hieß: „Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter…“. Noch dazu wie Christus, dem Herrn. Nirgendwo in der ganzen Bibel verlangt Jesus, dass sich irgendjemand ihm unterordnet. Das ist ja gerade die frohe Botschaft des Evangeliums, dass alles aus Liebe, freiwillig geschieht… Nachfolge oder nicht. Niemand wird gezwungen.

Und wenn schon, dann gilt ganz genau dasselbe natürlich umgekehrt genauso für die Männer, und im ersten Satz, der Einleitung dieses Abschnitts, formuliert es Paulus auch so: „Einer ordne sich dem anderen unter…“  Eine Grund- und Kernaussage des Christlichen – in jedem anderen Menschen tritt mir ja Christus entgegen, gerade eben auch im Geringsten, mit dem sich Christus identifiziert, sich als real präsent darstellt, wenn er als Weltenrichter kommt, wie wir aus dem Matthäusevangelium wissen.

Also repräsentiert ebenso die Ehefrau für ihren Mann Christus – wie umgekehrt.

Der Autor dieser Zeilen im Epheserbrief hat sich ganz einfach außer dem damals üblichen patriarchalen Familienmodell nichts vorstellen können. Es ist direkt rührend, wie er sich innerhalb der vorgefundenen Gesellschaftsordnung vorstellt, dass die frohe Botschaft Jesu in die Tat umgesetzt, heilbringend gelebt werden kann. – Nämlich insofern die Männer sich für ihre Frauen so einsetzen – mit Leib und Leben und unter Umständen bis zur Selbstaufgabe -, wie es Christus für die Kirche, für die Welt und die Menschheit tut.

Es handelt sich um biblischen Text, vom Heiligen Geist inspirierte Schrift.

Gottes Geist kann jedoch nur so und so weit wirken, wie es die Vorbedingungen des betreffenden Menschen erlauben. „Die Gnade baut auf der Natur auf“, so hat es der große Theologe Thomas von Aquin ausgedrückt. Es ist durchaus abhängig von Erziehung und Bildung, ebenso von den Zeitumständen, vom persönlichen Werdegang und vom kulturellen Umfeld, was und wieviel ich vom Anruf Gottes, von der Ausgießung des Geistes über mich, mitbekomme, aufnehmen kann.

Es gibt einen Fortschritt in der Erkenntnis, und glücklicherweise kann jeder einzelne und die Menschheit insgesamt, dazulernen. Wir heute wissen, dass es nie gut gehen kann, wenn einer gezwungen wird, sich unter den anderen unterzuordnen – dass da immer schwelendes Unrechtspotential bleibt, dass Unfrieden stiftet… und dass gerade viele Kriege und die meiste Not vermeidbar gewesen wäre, wenn Frauen sich gerade nicht unter den männlichen Herrschaftswahn untergeordnet sondern ihre Vorstellungen durchgesetzt hätten. Ein christliches Muster aus unseren Tagen: Ich habe vor mehreren Jahren die Autobiographie von Hillary Clinton gelesen, die an Intelligenz, Ausbildung, Status und politischem Ansehen ihrem Ehemann, dem ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, in keiner Beziehung nachstand. Als die Betrugsaffäre ihres Mannes mit der Büroangestellten in der Weltöffentlichkeit breitgetreten wurde, da ist sie trotz Verletztheit öffentlich immer zu ihrem Mann gestanden,  oft als einzige, und beide haben wieder einen Weg zueinander gefunden, die Ehe hat nach einer Phase des Verzeihens und Ordnens neu aufgelebt und besteht glücklich weiter bis heute. So großherzig und freundlich geht eine Frau im Akutfall mit ihrem Mann um, wenn sie sich vorher nie unterordnen und zurückstecken musste.

Jesu revolutionäre Art, mit Frauen genauso gleichwertigen Umgang zu pflegen wie mit Männern, das erschien der 2. Generation von Christen bereits als zu viel, und einige Generationen weiter erschien es vielen als unzumutbar. Oder es wurde gar nicht mehr nachvollzogen – das griechische Wort adelphos heißt z. B. Bruder, adelphe Schwester. In der Mehrzahl gibt es nur eine einzige Form, egal ob nur Männer oder Männer und Frauen zusammen bezeichnet werden sollen. Bei der Übersetzung des griechischen Urtextes des Neuen Testaments ins Lateinische wurde von den übersetzenden Männern, die bezeichnenderweise gar nicht weiter dachten, immer nur die Mehrzahl von frater verwendet, obwohl es in der lateinischen Sprache so wie in unserer, zwei vollkommen verschiedene Wörter gibt, nämlich auch soror, Schwester. Die Anrede in der Heiligen Schrift, die sich selbstverständlich an alle wendet, Christen und Christinnen, Frauen und Männer, lautet daher exakt „Brüder und Schwestern, oder, da wir ja über ein entsprechendes Vokabel verfügen, „Geschwister“.

Denken wir nur daran, wie lang es gedauert hat, bis Frauen und Nichtgeweihte überhaupt – wieder Verkündigerinnen sein, Theologie studieren, Gemeinden leiten durften…

Es gibt aber noch einiges mehr, nicht nur das rechte Verhältnis zwischen Frauen und Männern, was Jesus in den Evangelien sagt oder tut oder was sonst in der Bibel steht, das Anstoß erregt, was vielen Generationen von Christen unzumutbar, ja undurchführbar erschien, gerade Menschen, die überzeugte Christen und besonders rechtgläubig sein wollten. Immer wieder, und manchmal zum Schaden, manchmal zum Nutzen des Evangeliums – im Sinn von Erkenntnisfortschritt, da können Sie sich selber ein Urteil bilden…

Zum Beispiel: Schwört nicht. Nennt niemand Vater. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Oder zu den Jüngern: Nehmt keinen Geldbeutel mit und kein zweites Hemd. Schon Paulus macht es anders: Er ernährt sich von seiner Hände Arbeit, um niemandem zur Last zu fallen. Oder das 5. Gebot: Du sollst nicht töten. Wie war das mit den heiligen Kriegen…?… Das Erlassen der Schulden und Freilassen der Sklaven alle sieben Jahre. Oder im Brief an Titus: Der Bischof sei ein guter Familienvater mit gläubigen Kindern, nur einmal verheiratet, unbescholten, angesehen…

Das große Thema, das sich durch die Evangeliumsstellen der letzten Sonntage gezogen hat: Dass Jesus sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken gibt, da konnten schon damals viele nicht mehr mit. Jesus hat da damit gerechnet, er hat genau gewusst, wie unerhört dies klingt.

Er hat, das Evangelium berichtet das so, niemanden in die Pflicht und in die Mangel genommen: das musst du jetzt glauben und basta… Nein, er lässt jedem einzelnen die Freiheit und die Wahl, sich abzuwenden und wegzugehen…

Ich bin mir sicher, auch Petrus und die, die bei Jesus geblieben sind, haben sich schwer getan mit diesen Worten. Sie sind aber nicht gegangen, sie sind dageblieben.

Und genau da drin könnte heute die Frohe Botschaft für uns liegen: Das Rezept: Bei Jesus bleiben, ihm weiterhin vertrauen, und in diesem Vertrauen, dass ers gut meint, das, was uns unzumutbar erscheint, schwer lebbar und verwirklichbar, einmal ruhen und wirken lassen, vielleicht auch weiterdenken… und offen bleiben für die Möglichkeit, dass wir das, was uns schräg und quer vorkommt, eines Tages verstehen werden.

Heute lade ich Sie und mich ein, kurz zu überlegen – jetzt und zuhause: Welcher Satz Jesu oder aus der Bibel erregt bei mir Anstoß, erscheint mir unzumutbar, packe ich nicht? Wo würde ich am liebsten davonlaufen? Halten wir Gott, Jesus, diesen Satz, diese Schwierigkeit hin, reden wir mit Jesus wie mit einem Freund über das, was uns beschäftigt.

Predigt                                                          Sonntag, 11. 8. 2024 Lackenhof

Liebe Brüder und Schwestern!

„Ich bin das Brot des Lebens.“

Sagt Jesus über sich. Diese Worte sind uns vertraut, wir denken da gleich an die Eucharistie und Kommunion.

Es steckt allerdings noch viel mehr dahinter.

Jesus spricht über sich, seine lebendige Person und Persönlichkeit. Er selbst, das meint er damit, ist für uns lebensnotwendig.

Alles, was ihn ausmacht. Wie er lebt, denkt und redet, wie er sich verhält, handelt – und weil er ja Mensch und auch ganz Gott ist: das sollen wir essen; aufnehmen, uns zu Gemüte führen. Inhalieren.

Ich habe im Gymnasium einen wunderbaren Klassenvorstand gehabt, Frau Prof. Zechmeister, wir hatten sie auch in Mathematik und Physik. Wenn sich die eine oder andere von uns sagen wir eine Woche vor der Schularbeit noch immer nicht wirklich bei einer Rechenart ausgekannt hat, hat sie regelmäßig gesagt: Haiderer, Wagner, Ruhm, … hörst, du kennst dich ja gar nicht aus – das solltest du vor der Schularbeit auf jeden Fall noch einmal inhalieren …

Jesus möchte, dass wir uns auskennen mit ihm, dass wir immer vertrauter werden, bis wir ganz vertraut sind mit ihm, mit Gott selber …

Das heilige Brot, die Eucharistie, ist eine sicht- und greifbare Hilfe dazu, ein Sakrament, wirkkräftiges heiliges Zeichen, Zeichen für das, was eigentlich geschieht. In der nächsten Dimension, wo wir hingehen, wenn wir die Erde verlassen, gibt es keine Sakramente mehr, weil wir Jesus live und echt selber erleben können…

Brot des Lebens.

Es wird öfters so getan, als ob Religion Luxus wäre, eine Bereicherung und Verschönerung des gewöhnlichen Lebens. Nun, das ist sie sicher auch. Aber den Kern der Sache trifft es nicht. Dafür wäre eher der Wein zuständig, Eucharistie ist uns ja in 2 Gestalten geschenkt …

Brot des Lebens bin ich, sagt Jesus, Brot für das Leben der Welt.

Ob jemand glaubt oder nicht, ist kein Luxusproblem. Spiritualität ist nichts, was bei Bedarf und nach Belieben noch dazu kommt, weils nicht wirklich wichtig ist. Im Gegenteil: Er ist essentiell. Grundlegend für uns und unser gelingendes Leben.

Und zwar nicht nur für das individuelle gelingende Leben jedes einzelnen – das wäre auch schon sensationell – sondern für das gelingende glückliche Leben für alle Menschen, für alle Wesen auf dieser Erde…

Warum? Wenn ein Mensch Jesus quasi „inhaliert2, so wie ich das vorher beschrieben habe – alles, was ihn betrifft, begeistert aufnimmt, sich davon nährt – und im Gebet regelmäßig mit Jesus sich austauscht, so jemand wird immer mehr und mehr im Leben verkörpern, verwirklichen, was Gott gemeint hat. Wie Gott das Leben gemeint hat …

Liebe deine Nächste wie dich selbst ein Herz haben für andere, sich einsetzen für Ärmere, Benachteiligte. Hier und in armen Ländern. …Fairness. Hilfsbereitschaft. Geduld. Verzeihenkönnen. Verlässlichkeit. Freundlichkeit. Paulus beschreibt es in seinem Brief perfekt…

So jemand macht, was sich gehört, was gut und richtig ist – ist immun gegen den allgemeinen Volksglauben … kennen Sie den?  Die meisten Menschen religionsübergreifend – verehren den Wassa – Gott: Wassa-gen die Leute, Wassa-gen die Leute … und richten sich in ihren Entscheidungen danach…

Wer dieses Brot isst, wird in Ewigkeit nicht sterben.

Wer sich vom Geist Jesu erfüllen lässt, wird gestärkt im Umgang, im Widerstand gegen diesen Wassa – Gott…und wenn es sich um noch so prominente Autoritäten handelt.

Ein Vorschlag: Wenn Sie heute zur Kommunion gehen, achten Sie bewusst darauf, wie Sie dadurch gestärkt werden. Nehmen Sie mit Jesus, der Ihnen ja dann ganz nahe ist, geistig Kontakt auf. Fragen Sie sich selbst: Bin ich bereit, will ich so wie ich den Leib Jesu in meinen Leib aufnehme, seine Persönlichkeit, die Gegenwart Gottes, in mein Leben hereinlassen und mein gesamtes Sein von Gott erfüllen, stärken, nähren, ordnen, beleben lassen?

Predigt 2.6.2024 Heilen am Sabbat

Liebe Brüder und Schwestern!

Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat.

Sagt Jesus. Die fromme Religionspolizei seiner Zeit dachte allen Ernstes, am Sabbat, am heiligen freien Tag, dürfe man nicht einfach etwas am Wegrand abpflücken und essen.

Da würden sich unsere heutigen Beeren- oder SchwammerlsucherInnen, die ihre Freizeit im Wald verbringen, schön bedanken…

Davon abgesehen: Die guten Leute haben ebenso allen Ernstes geglaubt, am Sabbat dürfe niemand geheilt werden. Jesus tut dies öfter, z. B. auch die Frau, die seit 18 Jahren mit einer extremen Rückgratverkrümmung leben musste.

Bedeutende Denker der Menschheitsgeschichte haben festgehalten: Buchstabengetreue Auslegung und Beobachtung des Gesetzes hat weit mehr mit Unrecht und Menschenfeindlichkeit zu tun als mit Gerechtigkeit.

Marcus Tullius Cicero, der große römische Anwalt, Politiker und Staatsphilosoph, ist sich einig mit Paulus.

Jesus selbst hat stets gegen engstirnige Auslegung gekämpft. Verurteilt ist er mit dem Argument worden: Wir haben ein Gesetz und nach dem muss er sterben – nämlich als Gotteslästerer.

Der wahre Unterschied zwischen Fundamentalismus, religiösem Fanatismus und echtem Glauben menschenfreundlicher Religion ist genau das: Fundamentalisten überlegen, wie sie mithilfe der Religion und der Vorschriften Menschen das Leben schwer machen, sog. „Moderne“ überlegen, wie das Leben durch den Glauben leicht wird.

Wir haben in der katholischen Kirche ebenfalls Religionsgesetze, die menschenverachtend und schlicht hirnrissig sind und das Glaubensleben behindern. Das Verbot, dass Frauen das Weihesakrament nicht empfangen dürfen oder dass Menschen, die geschieden sind, kein weiteres Mal heiraten dürfen (in beiden Fällen ist die Folge Exkommunikation, zumindest de iure, eben dem Gesetzeswortlaut bzw. der momentanen Gesetzesauslegung entsprechend).

Wo ist da der Geist Christi am Werk?

Predigt                                                       Dreifaltigkeitssonntag

Liebe Brüder und Schwestern!

Lesen Sie eine Zeitung von vorn nach hinten – oder von hinten nach vorn? Oder blättern sie lieber darin herum, irgendwas Interessantes steht überall …

Manche Bücher kann, ja soll man genau so lesen – Ratgeber für bestimmte Themen, Medizin, Garten,  Kochbücher …, Gedichtbände, da ist es sinnvoll, sich jeweils das herauszusuchen, was man gerade im Moment braucht.

Die Bibel ist auch so ein Buch. Es st eine Sammlung von Büchern, mit einem einzigen Thema in unzähligen Variationen: Wie sind Menschen Gott begegnet, Wie können Menschen, wir, Gott begegnen, was folgt, ergibt sich daraus für unser Leben und für die Zukunft der ganzen Welt …

Die Vielzahl von Gottesbildern und Gotteserfahrungen ist auf keinen logischen Nenner zu bringen.

Immer wieder heißt es: Ja, der Gott des AT ist grausam, rachsüchtig, strafend, gewalttätig – der des NT ist barmherzig, menschenfreundlich, verzeihend, liebend …

Aber das stimmt so nicht.  Die Texte des Ersten Testaments geben die Erfahrung mit Gott vielfältig wider: Als Schöpfer, der aus Liebe zum Leben und zur Vielfalt alles hervorbringt, was ist – als Anwalt der Schwachen, Witwen, Armen, Fremden und Waisen, als Retter und Befreier seines unterdrückten Volkes, als sorgsamer Begleiter auf dem Weg aus Ägypten heraus und durch die Wüste – als Mahner, wenn die Gebote – wenn Nächstenliebe, Gerechtigkeit, Freiheit außer Acht gelassen werden … als eifersüchtiger Liebhaber, der seine Geliebte, Israel, nicht aus den Augen lässt und vor Zorn und Trauer außer sich ist, wegen der anderen Liebhaber seiner Gattin – Religionen, heidnische Gottesvorstellungen, Kulte und Bräuche sind gemeint – und ihr dann aber verzeiht und die Beziehung neu anfangen lässt, sooft sie zu ihm zurückkehren will.

Als Mutter, die den Säugling nährt und lieb hat – als Henne und Adlermutter, die die Küken unter ihren Flügeln sammeln will. Als Freund, dem man sich anvertrauen kann und auf dessen Rückhalt und Hilfe man hoffen darf.

Jahwe st der Herr der Geschichte, der nach Bedarf eingreift – er ist ein verlässlicher Partner, der mit dem Volk einen Bund schließt – und ihn einhält, auch wo die Menschen darauf vergessen.

Die Erfahrungen sind unglaublich vielfältig – wie in der indischen Legende von den Blinden, die zu viert unterwegs sind und auf einen Elefanten treffen: Der erste erwischt en Bein des Elefanten, sagt: das, was da auf unserem Weg steht, ist eine gewaltige Säule. Der 2. erwisch den breiten Rücken, kann nicht bin hinauf tasten und erklärt: Ein gewaltiges Gebirge versperrt uns den Weg. Der 3. greift den Schwanz und mein: Ach wo, das Ende eines Seils – und der 4. Ein Ohr, dann den Stoßzahn, der verkündet eifrig: es handelt sich um eine Art Schiff – ich greife ein ledernes Segel und einen spitzen Bug.

Der Elefant ist natürlich all das und weit mehr als all das zusammen.

Liebe Brüder und Schwestern – könnte es mit den unzähligen verschiedenen Gotteserfahrungen von uns Menschen nicht auch so sein?

Wir erfassen, soviel und den Aspekt, den wir aufgrund unserer Erfahrungen erfassen können – aber es gibt immer noch mehr, weit mehr, als Lehrsätze, Theologiebücher und Dogmen ausdrücken können…Mehr als menschlich-irdische Erfahrung zu erfassen und zu erspüren vermag …

Alle Bilder von Gott sind irgendwie richtig – aber genauso sofort falsch und irreführend, sobald sie absolut gesetzt werden.

Dreifaltigkeit – ist ein Kompromiss, die Aspekte der Gotteserfahrungen einzugrenzen, zugänglich zu machen – Gott zu beschreiben in der wesentlichsten Offenbarung: als in-Beziehung. Liebend. Zugewandt. Eine Fülle, überbordend und überfließend, mehr als eine Person zeigen kann … So sehr liebt, dass die Beschränkung irdischen Lebens auf sich nimmt und stirbt für die Geliebten …

Nur eines ist Gott mit Sicherheit nicht:

Irgendein höheres Prinzip – unpersönlich – wie manche Richtungen der Esoterik es betonen zu müssen glauben.

Wer hat zu Mose gesprochen und ihm danach die Fähigkeit verliehen, das Volk aus der Sklaverei zu befreien?

Haben sich alle großen Mystiker/innen geirrt? Teresa von Avila?

Ich ziehe es vor, es mit den Propheten zu halten – die von diesem Gott, von einer Person höchstpersönlich angesprochen wurden – oft gegen ihre eigene Absicht – oft immer wieder und mit kreativen Überzeugungsmethoden soweit gebracht worden sind, dass sie von diesem Gott und in seinem Auftrag gesprochen haben – meistens zu ihrem, der Propheten, eindeutigem persönlichen Nachteil. Weil Jahwe die Welt immer mehr in Ordnung bringen will – mit unserer Hilfe.

Das Kirchenjahr betont immer wieder einmal einen der wichtigen Aspekte Gottes – wir sind alle eingeladen, mit diesem Gott der Fülle und Vielheit jeden Tag unseres Lebens neue und tiefere Erfahrungen zu machen. Lesen wir die Zeitung, die Nachrichten und Botschaften Gottes, egal welche, aber lesen wir sie.

Gehalten in der Pfarrkirche Gaming, 20.5.2024

Liebe Brüder und Schwestern!

Was den Weisen und Klugen verborgen ist, was aber auch kleine Kinder merken – ganz selbstverständlich … – wie Gott wirkt, wie Gottes Geist handelt.

Vielen Menschen heute, gerade auch in der Kirche, geht es wie den Toten in der Lesung. Ein gewaltiges Heer, das aber keine Kraft hat, wo die Bedeutung fehlt. Viele wissen mit dem Heiligen Geist gar nichts anzufangen. Zu lange und zu sehr wurde die Struktur der Kirche betont, man hat sich auf Glanz und Macht, Reichtum und Einfluss verlassen. Auf die Tradition, und auf das Lehrgebäude.

Und dabei vergessen, dass Gott es eigentlich und in Wahrheit ist, der das alles belebt und am Leben erhält. Wie wenn jemand, und der kann noch so klug und mächtig, schön oder prominent sein, vergísst, einzuatmen. Dann dauert es ziemlich genau 3 Minuten, und es ist aus und vorbei.

Die Menschen des Alten Testaments haben Gottes Geist den Namen „Ruach“ gegeben, das heißt ursprünglich tatsächlich Atem oder Wind.

Der lebendige Hauch des Atems ist Zeichen dafür, dass jemand lebendig ist.

Wenn wir zu Menschen, die wir nicht mögen, sagen: Du bist Luft für mich, sollten wir vielleicht einmal nachdenken, was das im Grunde bedeutet.

Viele Menschen verhalten sich so, als ob Luft keine Rolle spiele. Als ob man sie nicht braucht, wie etwas Unwichtiges.

Luft ist wirklich ein gutes Symbol für Gottes Geist.

Dem geht es nämlich ähnlich: Die meisten Menschen halten ihn/sie für überflüssigen Luxus, auch gute Christen. Brauch ich eigentlich nicht.

Ruach oder Schekinah ist der Aspekt Gottes, die Persönlichkeit Gottes, die mit uns Kontakt aufnimmt, ständig da ist und uns am Leben erhält – wie die Luft, die wir atmen. Ohne dass wir das merken.

Uns aufatmen lässt. Einen Luftpolster bildet, rund um uns, dass wir es weicher haben. Eine Sicherheitsmatratze nach unten, wenn wir fallen.

Einen Filter für das, was von oben kommt. Ein Schlauchboot, das über Untiefen führt.

Wenn ich das nicht haben will – ausdrücklich Gott mir wurscht ist – dann darf ich mich nicht wundern, wenn ich mich überall stoße, die Umwelt mir giftig und feindlich vorkommt, in schlechter Luft mitten in der Senkgrube stehe und ständig selber ruachln – das heißt, ich kanns fast nicht derschnaufn – und rudern muss, um mehr schlecht als recht über die Runden zu kommen, der Auftrieb fehlt. Wenn manche Systeme in Politik und Wirtschaft oder Kirche – man hat zumindest mitunter den Eindruck -: aus dem letzten Loch pfeifen, dann ist das, denke ich mir, die unmittelbare Folge von langanhaltender Resistenz – Widerstand – gegen das Wehen des Heiligen Geistes.

Man hat schlicht und einfach vergessen zu atmen – tief genug zu atmen.

Wenn ich innen drin bleibe und die Luft immer schlechter wird, und es lüftet keiner, wenn wir die Anstrengung erhöhen, schneller atmen, dann geht uns nur umso rascher die Luft aus.

Frische Luft ist in diesem Fall das einzige, was hilft.

Liebe Brüder und Schwestern, wenn wir Gottes Geist so dringend brauchen, wenn er/sie so lebensnotwendig ist wie Luft – was können wir tun?

Da habe ich eine wirklich gute Nachricht:

Wissen Sie, was die Luft noch für eine Eigenschaft hat?

Luft strömt von selbst, automatisch, in leere – luftleere – Räume – sobald eine Öffnung da ist.

Wir müssen aufmachen. Wir brauchen nicht einzuatmen. Die verbrauchte Luft müssen wir ausatmen – die frische Luft strömt von selber in uns ein. Einatmen geht von selber. Wenn wir schlafen oder voll konzentriert mit etwas beschäftigt sind oder überhaupt den ganzen Tag … wir brauchen gar nichts machen, unser System atmet einfach ohne unser bewusstes Zutun.

Leben gedeiht von selber. Denken Sie an Pflanzen: aus jeder Wiese und jeder Garten wird nach wenigen Jahren ein Wald, wenn man die Vegetation nicht daran hindert …unsere Haare, Nägel … der Embryo im Mutterleib, wachsen von selber, Wunden verheilen von selber, wenn man sie nicht dabei stört…

Und allerdings nur solange wir atmen …

Vor ein paar Tagen habe ich mit einer Bekannten geblödelt – wir haben gemeint, es wird eh dauernd gebetet, dass Gottes Geist kommt und wirkt. Warum tut sich so wenig? Vielleicht sollten wir besser darum beten, dass die Ruach ein paar Löcher bohrt. In uns. Der Heilige Geist, Gottes Lebenskraft und Atem, ist ja immer da.

Nur: aufmachen, Augen, Ohren, Herzen, Verstand…  aufmachen müssen wir.