Fronleichnam Predigt von P. Johann Schurm
Ich möchte euch diese sensationelle Predigt von P. Schurm (Dachsberg), die er heute in Aschach zu Fronleichnam gehalten hat und an deren Ende applaudiert wurde, natürlich nicht vorenthalten:
Fronleichnam 20. Juni 2019 Aschach
- Altar: Evangelium vom Balken im eigenen Auge (Mt7,1-5)
Liebe Aschacher, liebe Gäste aus nah und fern!
Dürfen Frauen bzw. Mädchen bei uns ein Kopftuch tragen oder nicht?
Verstärkt durch die stark angestiegene Zahl an Flüchtlingen vor allem aus dem islamischen Kulturkreis erhitzt diese Frage seit einigen Jahren die Gemüter und es gibt heftige politische Debatten, ob man nun die Kopftücher verbieten soll oder nicht.
Als ich ein Kind war, da haben viele Frauen bei uns noch Kopftücher getragen, sowohl bei der Arbeit auf den Feldern als auch an Sonn- und Feiertagen, wenn sie in die Kirche gingen. Und es hat niemand gestört, ja ganz im Gegenteil, es gehörte damals eher zum guten Ton.
Gewohnheiten und Mode verändern sich oft ziemlich schnell.
Es ist übrigens interessant zu beobachten, welche Koalitionen sich bei dieser gesellschaftlichen Debatte bilden. Menschen aus völlig unterschiedlichen politischen Lagern kämpfen da plötzlich Seite an Seite für ein Kopftuchverbot, von extrem links orientierten Feministinnen bis hin zu Gruppierungen aus der rechtsextremen Szene. Die Motivation ist dabei aber eine völlig unterschiedliche. Den einen geht es darum, dass sie möglichst keine Ausländer hier haben wollen bzw. dass sich die Ausländer gefälligst nach unseren Sitten und Gebräuchen richten sollen. Die anderen wollen das Kopftuch verbieten, weil sie darin ein Symbol für die Unterdrückung der Frauen sehen.
Wie sollen wir als Katholiken mit dieser Debatte umgehen?
Sollen wir für oder gegen das Kopftuchverbot sein?
Bevor ich euch dazu meine persönliche Meinung sage, möchte ich uns allen noch einmal die Worte aus dem Evangelium in Erinnerung rufen, wo Jesus davon spricht, dass wir zuerst den Balken aus dem eigenen Auge ziehen sollen, bevor wir uns mit dem Splitter im Auge der Anderen beschäftigen. Und da schaue ich als Katholik auf die geltende Realität in unserer Kirche und – mit einer gehörigen Portion Scham und Traurigkeit muss ich leider feststellen, dass bei aller öffentlich bekundeter Wertschätzung für das Engagement so vieler Frauen in unseren Pfarreien von wirklicher Gleichberechtigung immer noch keine Rede sein kann.
Ja, Frauen dürfen die Kirchen schmücken und sauber halten. Sie dürfen Mesnerdienste leisten und ministrieren. Sie dürfen im Pfarrbüro, im Pfarrgemeinderat und verschiedenen Ausschüssen mitarbeiten. Ja, inzwischen dürfen sie auch schon als Pastoral- oder Pfarrassistentinnen in der Leitung einer Pfarre mitwirken, ABER – die volle Leitungsverantwortung – DAS GEHT NICHT!
Diakon, Priester, Bischof – das kann nur ein Mann sein.
Bevor ich also mit dem Finger auf andere Religionen oder Kulturen zeige und die mangelnde Gleichberechtigung dort scharf kritisiere, muss ich zumindest im gleichen Atemzug meine Hausaufgaben als Katholik machen und meinen Mund aufmachen gegen diese himmelschreiende Ungleichbehandlung von mindestens der Hälfte aller Mitglieder unserer heiligen Mutter Kirche.
Wir reden viel über die Krise in unserer Kirche. Wir machen Pläne zur Neustrukturierung und schaffen Großpfarreien, weil der Priestermangel immer schlimmer wird. Wir holen Priester aus allen möglichen Winkeln der Erde, um bei uns auszuhelfen, dabei würden diese gut ausgebildeten Leute in ihren Heimatländern vielleicht ebenso dringend gebraucht.
Könnte es nicht sein, dass unsere Kirchenkrise von Gott gewollt ist und dass er uns damit etwas sagen möchte? Vielleicht möchte er uns sogar sagen, dass Frauen ebenso gute Priester und Bischöfe sein könnten wie Männer?
Aber man gibt doch eine 2000jährige Tradition nicht einfach so auf – so höre ich einige sagen. All denen möchte ich sagen: DOCH – das tut man, wenn man drauf kommt, dass etwas nicht mehr richtig ist.
Oder glaubt jemand heute noch daran, dass sich die Sonne um die Erde dreht, nur weil das unsere Vorfahren Jahrtausende lang so geglaubt haben.
Am Ende dieser Ansprache möchte ich – ich habe es nicht vergessen – auch noch Stellung nehmen zur Frage nach dem Kopftuchverbot:
Meine Meinung diesbezüglich ist ganz klar: Überlassen wir es doch einfach jeder Frau, wie sie sich kleiden will – ob mit Kopftuch oder im Bikini – jede Frau weiß wohl selber am besten, worin sie sich gerade wohl fühlt.
Dazu braucht sie ganz gewiss keinen noch so gut gemeinten Ratschlag oder gar eine Vorschrift – weder von einem Mufti, noch von einem Bischof und auch von keinem Minister. Amen!!!
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