UNVEREINBAR? Tag 2

2. Seminartag

Als kleine Kinder sind wir völlig von unserer nächsten Umgebung abhängig. Im Normalfall sind es die Eltern, die uns beibringen, wie das Leben funktioniert – und zwar ganz einfach durch ihr Da-Sein, durch ihr Tun, durch ihr Vorbild. Sie brauchen uns nicht viel zu erklären. Wir bekommen automatisch mit, was erwünscht ist und was nicht – und was auf gar keinen Fall geht…

Bis ca. um Alter von 7 Jahren halten wir Erwachsene für unfehlbar; was sie sagen und tun, gilt uns als unumstößliches Gesetz.

Wir lernen aber ununterbrochen dazu, wir lernen stets neue Menschen kennen und werden mit anderen Werten, Vorstellungen, Lebenshaltungen … konfrontiert. Manche gefallen uns besser als die, die wir in der eigenen Familie vorfinden.

Spätestens in der Pubertät stellen wir sowieso alles in Frage, was Autoritäten so von sich geben… Dies ist die gesunde und normale Entwicklung, denn: Wir sind auf der Suche nach unserer eigenen Ordnung, nach unseren eigenen Werten, wir werden erwachsen.

Und das ist gut so – unsere Eltern sind ja wie alle Menschen in keiner Weise unfehlbar – und wir tun gut daran, immer wieder zu überprüfen, was Sinn macht und was eventuell über Bord geworfen gehört.

Jetzt kann es aber sein, dass wir gar nicht mitbekommen, dass eine Werthaltung die wir gelernt haben, nicht wirklich ok ist. Auch wenn das Beispiel übertrieben erscheint: Denken wir an einen Mafiaclan, in dem Kinder von klein auf lernen, dass es normal ist, wenn Stärkere die anderen mit Schutzgeldzahlungen erpressen, dass man Rache üben darf, …und dass Widerspruch dem Boss gegenüber absolut tabu ist, will man am Leben bleiben…

Es kann auch sein, dass Familienrituale ewig unverrückbar beibehalten werden, obwohl im Grunde niemand glücklich damit ist.

2 Beispiele:

Eine Familie in einer der Pfarren, die ich geleitet habe, fuhr jeden Sonntag zur Oma, die ca. 25 km entfernt wohnte; pünktlich um 11.30 mussten die Kinder mit PartnerInnen und Kindern antreten zum gemeinsamen Mittagessen plus anschließendem Kaffee und Kuchen… so ca. ab 15.00 Uhr war es möglich, den Heimweg anzutreten. UNMÖGLICH schien es, dieses Ritual auch nur an einem einzigen Sonntag auszulassen.

Man kann sich vorstellen, wie blockiert die jungen Familien in ihrer eigenen Sonntagsgestaltung gewesen sind … Sportveranstaltungen oder Erstkommunionvorstellgottesdienst mit Pfarrcafé usw. oder ein gemeinsamer Ausflug, wandern, schwimmen gehen … waren UNVEREINBAR mit dem Altgewohnten. „Das können wir der Oma/Schwiegermutter nicht antun …“ lautete der resignierte Kommentar.

Weder Außenstehende fragt sofort: „Warum nicht?“ …

Weites Beispiel:

Das gemeinsame Weihnachtsfest. Der Abend beginnt um 17.00 – seit mehr als 20 Jahren. Damals war diese Uhrzeit sinnvoll wegen der kleinen Kinder, die nach der Bescherung und dem gemeinsamen Essen spätestens um 20.00 todmüde ins Bett fielen…

Die Kinder spielen inzwischen bei einer Musikkapelle – und können UNMÖGLICH bei der Kindermette musizieren, weil sie dann nicht rechtzeitig um 17.00 zu Hause aufkreuzen … UNDENKBAR, dass die Beginnzeit z. B. auf 18.30 verschoben wird…

Ihr seht schon: Es gibt so manches, das unverrückbar erscheint. Eine Änderung würde allen Beteiligten entgegenkommen, sie froh und glücklich machen…

Die heutige Übung:

Welche Gewohnheit, welches Muster behalte ich immer noch bei, obwohl es weder einem Zweck dient noch irgendjemanden glücklich macht?

Was möchte ich ändern?

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