Liebe
Brüder und Schwestern, liebe Kinder!
Jesus
rechnet uns im heutigen Evangelium etwas vor, da denke ich mir: Schade um die
Mühe – wenn soviel vom Saatgut verlorengeht …?
Wir
wollen da oft nicht hinschauen, aber uns geht es hier und heute ganz ähnlich:
Schön gestaltete Gottesdienste, Runden und Gruppen der Pfarre, zig Angebote von
Diözese und Ordensgemeinschaften … und wie viele aktive Christen bleiben unter
dem Strich übrig?
Und
wir lassen uns leicht entmutigen, sehen schwarz für die Zukunft unserer Pfarre
– oder zumindest alles andere als rosa, und für die gesamte Kirche.
Evangelium
heißt auf Deutsch: Frohe Botschaft.
Jesus
möchte uns mit dem, was er sagt, nicht mutlos machen, sondern ganz im Gegenteil
aufrichten, Freude und Hoffnung geben, unseren Glauben stärken, gute
Perspektiven aufzeigen.
Wenn
er das Verkündigen des Wortes mit einem biologischen Vorgang aus der
Landwirtschaft vergleicht, dann bedeutet das: Es gibt ein natürliches
organisches Wachstum. Wir können unser ängstliches Besorgtsein abgeben – wie es
auch in der Lesung hieß: Gottes Wort bewirkt von sich aus, dass es sich
ausbreitet und entfaltet sowieso eine Wirkung.
Nicht
immer und überall, und das ist aber unvermeidlich, ganz normal und erwartbar.
Dass nur ein Fünftel der Saat Frucht bringt.
Jesus
beschreibt im Evangeliumstext übliche Vorgänge.
Da
gibt es den steinigen Boden. Die Saat geht, sagt Jesus, schnell auf, verdorrt
aber ebenso rasch wegen akuten Wassermangels. Wasser ist in der Heiligen
Schrift Symbol für das spirituelle Leben.
Viele Menschen, sehr
viele, hören von Jesus – und sind davon sehr angetan, berührt, vielleicht ins Herz
getroffen – aber es bleibt beim einmaligen Kontakt. Ein Fernsehfilm. Ein Buch. Das
Taufgespräch. Der Schulgottesdienst. Das Begräbnis eines Angehörigen. Die
Hochzeit von Freunden. Die Erstkommunion oder Firmung – die der Kinder, Enkel,
Nichten, Neffen, … oder der Aufenthalt im Krankenhaus und das Gespräch mit der
KH- Seelsorge.
Und das wars dann
auch schon.
Es geht nicht weiter.
Diese
Menschen verdursten – spirituell betrachtet -, weil keiner nachgießt – OK.,
manche gehen dem Wasser auch selber in weitem Bogen aus dem Weg -,
weil
niemand den Boden lockert mit ständigem Nachstochern mit unserem
Glaubenszeugnis oder einer Einladung.
…
Ein
anderer Teil der Körner fällt auf den Weg und wird von den Leuten zertreten
oder von den Vögeln gefressen.
Viele hören zu Hause
und im Betrieb oder Verein oder in Gesellschaft – abfällige Meinungen über
Kirche und Glauben – das Evangelium wird in der Tat mit Füßen getreten; und so
schließen sie sich der Mehrheit an. Viel Werbung wird gemacht für Esoterik,
Buddhismus, Atheismus … Christentum wird als altmodisch hingestellt, ist es
auch in manchen Ausdrucksformen, aber die Menschen verlieren die Lust, auch das
Moderne, das Tolle und Faszinierende am Christsein sich anzuschauen, sie wollen
nichts mehr hören und sehen, das Wenige, das sie gehört haben, verschwindet,
zerrieben,…
Ein Teil der Saat
geht zwar auf, wird aber von den Dornen erstickt.
Wie oft hört man: Zum
Beten habe ich keine Zeit.
In den Gottesdienst
gehe ich nicht, der Sonntag gehört dem Ausschlafen, der Familie, Ausflügen,
Sport, liegengebliebener Hausarbeit – oder Berufsarbeit.
Lesen – noch dazu im
religiösen Bereich, nein, da weiß ich mir was Besseres. Die täglichen Aufgaben
ersticken die Spiritualität.
Es
gibt aber eben auch das fruchtbare Erdreich. Und dort wächst die Saat von
selbst. Das Wort Gottes erweist seine Kraft, entfaltet seine Wirkung, auch wo
Menschen das gar nicht planen. Ein paar Beispiele:
In
der ehemaligen UdSSR zur Zeit des staatlich verordneten Atheismus wurden immer
wieder Schriften veröffentlicht, die Bibelstellen widerlegen oder lächerlich
machen sollten. Die bibel zu lesen oder zu besitzen war verboten. Was haben
glaubende Menschen gemacht? Sie haben die Textabschnitte aus der Bibel oder
auch anderer religiöser Texte, die verunglimpft wurden, ausgeschnitten, den atheistischen
Erklärungsrest weggeschmissen, die Bibelsätze auf Papier geklebt und für ihr
persönliches Glaubensleben verwendet. Kraft daraus bezogen.
Im
ehemaligen Jugoslawien unter Tito war Glaubensverkündigung verboten. Frauen in
katholischen Familien haben viel Rosenkranz gebetet; aber nicht die 4
offiziellen, zumindest nicht nur. Mit Hilfe der Einfügungen haben sie nach und
nach das gesamte Evangelium an ihre Kinder weitergegeben.
Gebete
murmelnde Frauen hat niemand kontrolliert.
Ich denke mir, wir,
das Fünftel, das reiche Frucht bringen soll, kann etwas tun dafür: Es darf uns
nicht egal sein und es ist bestimmt nicht unsere Aufgabe, tatenlos zuzusehen,
wie gute Anfänge in unserer Pfarre und persönlichen Umgebung verdunsten,
verkümmern, ersticken, aufgerieben werden.
Schauen wir ein
bisschen auf unsere Mitchristinnen und Mitchristen – eine Möglichkeit wäre es,
drei Personen auszuwählen und – für ein paar Monate vielleicht – auf deren
Spiritualität zu achten, ihnen zu helfen, sie anzusprechen auf den Glauben, sie
zu Veranstaltungen einzuladen, in unsere Gottesdienste, und für sie einmal am
Tag zu beten. Probieren Sie das einmal.
Wenn wir nur bei
einem von den dreien Erfolg haben, wird sich das Fünftel verdoppeln …
Ich werde nach meinem Urlaub die, die das tun, einladen, sich zu treffen zum Austausch und Gebet …
Haid, 12. 7. 2020