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Predigt                                                                        12. 2. 2022

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

„Selig“ – das ist so ein Wort…besetzt durch diese katholische Sprache… Seligsprechung usw. … gemeint ist eigentlich „glücklich“.

Wir alle wollen glücklich sein. Oder glücklicher werden, als wir sind.

Wir wollen, dass unsere Kinder glücklich sind.

Und wir verstehen darunter: gesund, klug, tüchtig, erfolgreich, gutaussehend, wohlhabend, – dass es ihnen an nichts fehlt. Ein sorgenfreies Leben.

Eltern überlegen oft schon, wenn sie noch ein Kleinkind haben: in welche Schule soll es gehen, in welchen Kindergarten, welche Ausbildung, welche Kurse … werden die besten sein?

Aber da fehlt etwas. Wenn wir Christen sind, aber wahrscheinlich auch sonst, merken wir: Als Menschen allein auf uns gestellt mit diesen Mitteln und Möglichkeiten, die die Welt uns bietet – das ist nicht genug. Wir schaffen es nicht, das Glück herzustellen.

Da braucht es Gott dazu. Eine Ebene mehr, wenn wir es so ausdrücken wollen.

Aber noch etwas: Kann es nicht sein, dass das Glück eventuell anderswo zu finden ist, als wir es im allgemeinen suchen?

Schauen wir uns noch einmal an, was Jesus empfiehlt, wer seiner Meinung nach glücklich zu schätzen ist:

Jedenfalls nicht, wer an das Recht des Stärkeren glaubt.

Oder dass sich der Lauteste durchsetzt. Oder dass, wer reich ist, sich mehr erlauben darf als wer anderer.

Gewaltfrei leben – nicht andere gegeneinander ausspielen, um selber besser dazustehen.

Sanft umgehen – auch mit der Natur. Nicht alles ausschinden aus Bergen, Meeren, Landwirtschaft, was irgendwie geht- sondern Ressourcen schonen.

Nicht alles tierisch ernst nehmen.

Wir sind voreingenommen, weil wir diesen Text schon so oft gehört haben und zu kennen glauben. Wiss ma eh schon …

Wer diese Sequenz zum ersten Mal hört, spürt: Da steckt jede Menge Humor drin.

Jesus meint auch: Mach das Unerwartete. Was keiner glaubt. Überrasche andere.

Steig aus aus dem Irrsinn der Zustände und Abläufe, die für normal gelten.

Es gibt einen tollen Spruch, der lautet: Sei du die Veränderung, die du von der Welt erwartest.

Das ist unmöglich, wenn man MitläuferIn ist, angepasst.

Denke selbst, sei eigenwillig und eigenartig – individuell.

Das schaffen wir nur, wenn wirGott auf unserer Seite wissen.

Ein Baum braucht, um sich gut entwickeln zu können, einen guten Boden – tiefe Wurzeln – Spirituell zu den Urgründen gehen. Zum Urgrund allen Seins.

Nur dann kann eine bestimmte Höhe und Weite nach außen erreicht werden.

Wie gesagt – Gott wünscht sich nichts mehr, als dass wir glücklich sind. Wir, alle Menschen auf diesem Planeten.

Lassen wir uns von ihm raten und helfen.

Morgen feiern wir in Haid Kindersegnung.

Wahrscheinlich gibt es so etwas in vielen Pfarren. In Pucking zum Beispiel ist sie für den 13. Februar geplant.

Segnen: was bedeutet das eigentlich?

Auf Lateinisch heißt es: benedicere.

Gutes sagen, sprechen. Gutes zu-sprechen. Alles Gute wünschen.

Natürlich beten wir im Gottesdienst, dass Gott die Kinder segnen möge.

Ihnen alles Gute schenken und sie behüten und begleiten auf ihrem Weg durch das Leben.

So, dass sie das Gute nicht nur selber haben, sondern auch ausstrahlen und weitergeben an ihre Umgebung. So hat Gott zu Abraham im Alten Testament gesagt: Ein Segen sollst du sein. Durch dich sollen alle Völker Segen erlangen.

Glück – so könnten wir es auch nennen.

Frieden schließen – das haben wir auch in Bezug auf Gott nötig.

Immer wieder einmal ist unser Vertrauen in Gott gestört. Die antrainierten oder althergebrachten Gottesvorstellungen sind stärker als die Vernunft, stärker als die Erinnerung an geglückte Momente der Meditation, der Gebetserfahrung, der verspürten Nähe … so scheint es zumindest.

Ihr wisst es alle, dass Gott sich nicht wie ein Polizist verhält, wie ein Kontrollor, wie ein orientalischer Despot (Gewaltherrscher) der schlimmsten Sorte … aber wir tun so, als ob es so wäre … Wir sagen Gott nicht alles, wir vertrauen uns ihm/ihr nicht offen an. Wir halten etwas zurück.

Manchmal hilft es (ein bisschen zumindest), wenn wir darüber nachdenken, wie Gott ist, sein könnte – und in der Bibel lesen…

Am besten ist es, direkt mit JHWH ins Gespräch zu kommen.

Sag ihm/ihr (Gott ist reiner Geist, weder männlich noch weiblich), was dich beschäftigt, wovor du Angst hast, was du nicht glauben kannst, was du erhoffst und was du dir wünschst.

Wir kommen uns normalerweise von Gott getrennt vor, so als ob wir extra etwas unternehmen müssten, uns bemerkbar machen…

Dabei handelt es sich um einen gewaltigen Irrtum.

Jahwe heißt „Ich bin da“.

Einfach still hinsetzen, durchatmen, aufmerksam werden.

Weihnachten: das Fest des Friedens …

So hören wir es immer wieder. Aber: Stimmt das auch? Die Erfahrungen vieler Menschen sprechen dagegen. Gerade zu Weihnachten gibt es besonders viel Streit.

In diesem Jahr wollen wir ernsthaft versuchen, Frieden zu machen.

Heute geht es um den Frieden in uns selbst.

Überleg einmal: Womit bist du unzufrieden? Wo haderst du mit dir selbst?

Was stört bei dir den Frieden?

Fehler, die du gemacht hast?

Fähigkeiten, die du gern hättest, die aber nicht vorhanden sind?

Mangelnder Mut, etwas zu ändern?

Deine Familie, die dich deiner Meinung nach nicht richtig versteht?

Äußere Bedingungen wie die finanzielle Situation, dein Aussehen, der Wohnort, eine Krankheit oder körperliche Behinderung, eine Fertigkeit, die du nicht hast ,,,

Ich möchte dich ermuntern: Gott wollte genau DICH als Mensch auf diesem Planeten haben, sonst wärst du nicht hier.

So wie du bist, bist du geliebtes Kind und Ebenbild Gottes.

Du bist ok.

Stell dir vor, wie dich Gott anschaut – wie jemand, der/die dich über alles gern hat. Nobody is perfect, das ist richtig. Aber: Wer liebt, sieht zuallererst und vor allem das Gute und Großartige und Schöne und Besondere am anderen. Gott schaut so auf dich. Gewöhne auch du dir an, dich so zu sehen.

Mach Frieden mit deinen Handicaps und Unzulänglichkeiten, Charakter- und Schönheitsfehlern …

Mach Frieden mit dir.

Das Wunderbare ist es, worauf es ankommt.

Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau Maria

Ein komplizierter Name für eine komplizierte Sache …? Was soll denn das wieder sein: Erbsünde? Kann man eine Sünde erben?

Wir können alles Mögliche Ungute mitbekommen von unseren Vorfahren:

Traditionen, Familienzwiste, Einstellungen, Glaubenssätze, Verhaltensweisen, Meinungen, auch die Art, wie wir glauben und natürlich was wir uns unter Gott vorstellen usw.

Natürlich haben wir das alles nicht „geerbt“ in dem Sinn, als ob wir es mit der DNA mitbekommen hätten, automatisch sozusagen.

Wir haben all das gelernt.

Und da kommt die frohe Botschaft von Jesus zum Tragen: Alles, worunter wir leiden, was wir falsch denken oder tun, unsere Zwänge, Grenzen, Vorstellungen… was wir GELERNT haben, können wir auch wieder VERLERNEN.

Wir sind nicht, NIEMALS an Entscheidungen oder Vorstellungen unserer Eltern, Großeltern, Chefs, Vordenker, Religionsoberhäupter … gebunden.

Wir haben die Freiheit, ganz anders zu sein.

Wir alle haben die Chance, uns zu glücklichen Menschen zu entwickeln.

Gott liebt uns und möchte uns aus allem Furchtbaren unserer Umgebung herausreißen …

Die Übung für heute:      

Überlege: Wovon möchtest du frei sein?

Tipp: Gott hilft dir dabei liebend gerne …

Predigt Christkönigsonntag 2021

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

„Bist du ein König?“ Der römische Statthalter ist vorsichtig. Die Anhänger eines Königs könnten einen Aufstand beginnen, wenn er ihren Anführer zum Tod verurteilt. Andererseits: Die Anhänger gibt es offenbar schon…Wenn er ihn nicht verurteilt, ist er selber dran. Ich denke, er hofft, dass Jesus die Frage mit „Nein“ beantwortet. Dann kann er ihn nämlich freilassen, was er sowieso vorhat.

Zwischen König und König ist ein Unterschied.

Das Königsein hat sich im Lauf der Geschichte entwickelt.

Im frühen Mittelalter war König derjenige, der aufgrund eigener Tüchtigkeit – Kampferfolg, Gefolgschaft und Persönlichkeit – zum Anführer wurde. Andere Fürsten schlossen sich dem an, dem sie die Führungsrolle – zumindest momentan in einer Krisensituation – zutrauten.

Die Artuslegende und auch die König-David-Legende im Judentum erzählen von Königen dieser Art.

Dass die Königswürde mit der Zeit erblich wird und der Verwandtschaftsgrad wichtiger wird als die Eignung, das entwickelt sich in allen Völkern so.

Und irgendwann werden die Monarchen mehr schädlich als nützlich, und sie verschwinden so oder so …

Das Modell setzt auf freie Wahlen, damit die Chance besteht, dass wieder die Tüchtigsten eines Landes das Sagen haben …

Menschen, die sich für das Wohl der Gemeinschaft einsetzen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, werden immer seltener.

Wenn sie ehrlich und klug sind, erkennen sie genau: Aus eigener Anstrengung ist vieles nicht zu schaffen. Man kann es nie jedem recht machen, es sind Entscheidungen zu treffen, die möglicherweise fast niemand freuen, aber richtig sind, und bei bestem Willen und aller Umsicht kann leicht Wichtiges übersehen werden … allwissend ist eben niemand.

Ich bin mir sicher, viele Politiker/innen oder auch Verantwortliche oder Vorsitzende verschiedener Gremien fühlen sich öfter wie dieser Jesus, der schon die Dornenkrone aufhat – mehr Bürde als Würde…

Hier durchzuhalten, nicht das Handtuch zu werfen, das geht nur mit einer gesunden Spiritualität, mit tiefem Glauben. Wenn Gottes Geist als Kraftspenderin dahintersteht …

Ab heute sind wir hier in der Pfarre Pucking aufgerufen, KandidatInnen für den nächsten Pfarrgemeinderat vorzuschlagen.

Wie wir als Staatsbürger der Souverän des Volkes sind, die Verantwortung haben, unser Land und Volk zu gestalten, so sind wir als Katholiken, als Christen berufen, die Gemeinde vor Ort zu gestalten. Zu Königinnen und Königen sind wir bei unserer Taufe ja sowieso gesalbt worden.

Wir tragen die Verantwortung, der Ball liegt bei uns.

Allerdings dürfen wir den guten König, den Souverän des ganzen Universums, bei uns wissen. Jesus Christus, dem alles zu Füßen gelegt ist, der den Kampf zwischen Gut und Böse bereits für sich entschieden hat, steht hinter uns…

Wir fühlen uns heute gerade wieder verzagt und ohnmächtig, wütend und verzweifelt – angesichts der Lage.

Aber dass alles gut ausgehen wird, mit der Welt, mit der Menschheit, mit der – mit den Glaubenden im großen Stil, nicht mit einer Konfession oder Pfarre -, wenn wir unseren Beitrag dazu leisten.

Das dürfen wir als Christen nie aus den Augen verlieren.

Alles ist sein Eigentum, heißt es in einem Lied.

Ja, Gott greift in die Geschichte ein, ins Weltgeschehen, davon spricht die Bibel in immer neuen Variationen. Aber nicht ohne unsere Mitwirkung.

Gott, Jesus, ist kein König, der Untertanen braucht.

Gott, Jesus, möchte uns frei und glücklich. Das hat einen Preis, wenn wir nicht wollen, dass uns wer anderer beherrscht. Wir müssen das dann höchstpersönlich selber übernehmen: Selbstbeherrschung.

Ganz sicher möchte er unser König sein: der sich um uns kümmert, dass es uns gut geht, dass wir frei sind – deswegen mag er das ganz und gar nicht, wenn wir andere Könige (oder sogar Götter) haben neben oder statt ihm.

Auch die Angst, die wir vielleicht jetzt neu haben, darf uns nicht knechten, unterdrücken, beherrschen. Genausowenig wie andere Menschen oder das Geld, die Karriere, die Firma, ja nicht einmal unsere Familie. Erst recht nicht Süchte oder Krankheiten, oder fixe Ideen, Traditionen oder Systeme … – wenn und sobald wir Gott als König annehmen, verteidigt er uns vor sämtlichen selbsternannten Königen, die Untertanen suchen…

Jesus Christus verteidigt unsere Freiheit – uns stärkt unsere eigene Verantwortung.

Lassen wir ihn das tun.

Amen.

Wann haben Sie zuletzt gebetet?

Davon abgesehen, dass Gott sich über die Maßen freut, wenn Sie mit ihm/ihr in Kontakt treten, ist beten eines der wenn nicht das wirksamste Mittel, damit es uns gut geht.

Ausprobieren!

Wie?

Eine Übung für heute: Schreiben Sie 10 Dinge/Ereignisse …auf, für die Sie heute dankbar sind. Lesen Sie die Liste Gott vor. Formulieren Sie in Gedanken oder Worten einen Satz, den Sie ihm/ihr sagen.

Das wars schon.

Wie gesagt: ausprobieren!

Aktion “Kerze für Corona”

Ich erinnere mich an die ersten Tage des Lockdowns im März 2020, als ich wie gebannt jeden Abend um 19.30 den Fernseher einschaltete, um das Neueste über Corona zu erfahren. Wieder so und so viel Neuinfektionen, wieder so und soviel Tote …

Wir hören diese Meldungen jetzt seit Mitte November täglich wieder. Und so, wie ich nach 2 Wochen damals nicht mehr hingehört, ja die ZIB gar nicht mehr aufgedreht habe, so wird es vielen gehen. Wir lassen die Informationen an uns vorbeiziehen. Betrifft uns ja schließlich nicht, oder? Zumindest die Zahlen der Verstorbenen …

Doch da sind auch diejenigen, die es sehr wohl betrifft.

Jede/r an Covid 19 Verstorbene war Mutter oder Vater, Gatte oder Ehefrau, Tochter oder Sohn, Freund oder Kollegin von anderen. Nahestehend, und jetzt schmerzlich vermisst.

Es ist eine Angelegenheit der Solidarität, der Toten zu gedenken, auch wenn sie uns persönlich unbekannt sind.

Der Gedanke, eine Kerze aufzustellen, Partezettel von je einem Verstorbenen eine Woche lang auszuhängen, war überfällig.

Gerade wir Christen dürfen uns darauf verlassen: Für Gott ist jede/r so nahe wie der nächste Verwandte. Gott nimmt Anteil an uns, niemand ist ihm egal. In diesem Sinne: Rücken wir jede Woche eine/n Unbekannte/n in die Mitte, ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit.

Sprechen wir – vielleicht nur in Gedanken – ein kurzes Gebet: für die Verstorbenen, für die Lebenden um Trost, für die Menschheit (uns!) um Kraft und Ideen zur Überwindung der Krankheit …

…steht vor der Kirchentür in Pucking

Liebe Brüder und Schwestern!

Wieso schickt uns Gott diese Pandemie? Warum beendet er sie nicht? Womit haben wir diese Strafe verdient? …

Warum hilft Gott heute nicht und heilt mich/ den jungen Familienvater/ usw. … nicht? Warum straft mich Gott so? Was habe ich getan?

Im Krankenhaus hört man immer noch, immer wieder diese Anklage, diesen Aufschrei, auch in den Medien – wie kann Gott, der uns angeblich liebt, das zulassen, wieso greift Gott nicht ein …?

Und die ganzen Verbrecher usw. laufen gesund und munter in der Weltgeschichte herum …

Das tun die tatsächlich. Und das allein müsste schon Beweis genug dafür sein, dass es sich bei Krankheit, Schicksalsschlägen, Naturkatastrophen, u. dergleichen nicht um himmlische Strafen handeln kann.

Natürlich kann es sein, dass Menschen in ihrer Gier und Beschränktheit Umweltschäden verursachen, die zu Naturkatastrophen führen können – denken wir an das Abholzen vieler Berghänge, wo dann Lawinen freie Bahn haben, oder die Luftverschmutzung in Großstädten, wo Menschen Schaden nehmen., wo das Öl eines Tankschiffes ausläuft oder die Erderwärmung – Klimawandel durch Co2-Ausstoß …

Wir wissen auch, dass Menschen so unvernünftig leben, dass sie davon ernsthaft krank werden. Zivilisationskrankheiten, …

Aber es bleibt vieles unerklärbar und ungeheuerlich. Gerade bei Corona.

Als glaubende Menschen fragen wir zu Recht: wo bleibt da der gütige, allmächtige Gott?

Ijob, der Gerechte, von dessen Geschichte wir ein Stück in der Lesung gehört haben, hatte genau diese Sichtweise: Ich bin rechtschaffen und gottesfürchtig, und darum geht es mir gut.

Das AT meint: nein, die Rechnung geht so nicht auf.

Der reiche, hochangesehene, vitale, mit glücklicher Familie Gesegnete verliert alles. Die Freunde und Nachbarn haben genau dieses Gottesverständnis und wollen Ijob einreden: Du musst etwas falsch gemacht haben, irgendeinen Frevel, eine Sünde muss es in deinem Leben geben, sonst hätte dir Gott dieses Unglück nicht geschickt.

Ijob widerspricht ihnen und hadert mit Gott, er schreit ihm seine Not und Anklage entgegen, ungebremst. Die Freunde wenden sich ab – Ijob halten sie für einen Gotteslästerer, als dieser ihn grausames Ungeheuer nennt.

Aber Ijob macht es richtig: er redet nicht mehr über Gott, sondern mit ihm. Er steigt aus dem Belohnungs- Bestrafungsmuster aus, er meint Gott persönlich, DU, eine Antwort will er haben, und die bekommt er auch. Vom Hörensagen hatte ich von dir vernommen – nun aber hat mein Auge dich geschaut.

Gott rechtfertigt den Ijob zum Schluss: Der da, mein Knecht, hat recht von mir gesprochen. Und die anderen alle nicht, die ach so wohlmeinenden frommen Freunde und Berater.

Ich bin davon überzeugt, dass Gott anwesend ist in unserer Welt.

Aber er hat uns in die Freiheit entlassen. Er hält uns nicht am Gängelband, eben gerade nicht – so dass wir bei jede Fehlverhalten sofort eins auf die Finger bekommen.

Es ist auch etwas in Vergessenheit geraten, das in vergangenen Jahrhunderten überbetont wurde. Dieses Leben hier ist nicht die einzige Wirklichkeit.

Wir sind zum Lernen, uns Entwickeln auf der Welt, wir dürfen im besten Fall Gott kennen und lieben lernen.

Und Gott hat uns auch in die Freiheit der Naturgesetze entlassen, uns dem Geschehen überlassen, mit Hirn und Fähigkeiten ausgestattet.

Wenn es überhaupt nichts zu tun gäbe, keine Schwierigkeiten, wo wir uns wirklich einsetzen müssen, wo eben vieles nicht problemlos verläuft – wir würden vielleicht vergessen, dass das Sichtbare nicht alles ist.

Und: Gott hat uns nicht vergessen. Er ist in Rufnähe.

Aber weil wir frei sind, gilt folgendes:

Nur, wenn wir uns an ihn wenden, tut er etwas, greift ein. Gott lässt sich ansprechen.

Gott interessiert sich für uns, liebt uns über alles. Ja, er spricht Menschen von sich aus an. Aber Gott sitzt nicht gluckenhaft auf uns drauf, sondern traut uns etwas zu. Selbstverantwortung, Eigeninitiative, Erfindungsgeist, Selbständigkeit … Freiheit.

Aber ein Zweck- und Nutzverhältnis wird ihm nicht gerecht. Und uns auch nicht. Ich bin brav und ordentlich und bete regelmäßig, spende usw, … und deswegen habe ich bei Gott etwas gut, deswegen ist er verpflichtet, zu tun, worum ich bitte – nein, so nicht. Mit der Gottesvorstellung des griechisch-römischen antiken Götterhimmels hat der lebendige Gott der Bibel so gut wie nichts zu tun.

Gott möchte, bittet um unsere Freundschaft. Er ist uns Freund. Alles, was uns unglücklich macht, wird er beseitigen helfen. Und alles, was uns wirklich im tiefsten glücklich macht, wird er uns schenken.

Daran glaube ich.

Wir sind eingeladen, darüber ernsthaft nachzudenken.

Predigt                                                              Christmette 2020

Liebe Brüder und Schwestern!

Wir haben oft den Eindruck, Weihnachten ist ein beschauliches, ruhiges Fest – oder sollte es zumindest sein. Vielleicht haben wir als gute Christen sogar ein bisschen ein schlechtes Gewissen, wenn wir noch kurz vor dem Heiligen Abend ziemlich gestresst sind.

Das Weihnachtsevangelium, das wir gerade gehört haben und das wir jedes Jahr wieder hören, spricht aber gar nicht von beschaulicher Ruhe.

Im Gegenteil: Ganz schön viel ist in Bewegung.

Schon der kaiserliche Befehl verursacht jede Menge Bewegung: Die Boten der Regierung strömen durchs ganze römische Reich.

Die Menschen sind unterwegs wegen der Volkszählung.

Maria und Josef suchen eine Unterkunft. Der Brauch des Herbergsuchens zeugt davon.

Die Hirten, eigentlich Nomaden, sind sowieso immer unterwegs, führen ein unstetes Leben ohne festen Wohnsitz.

Die Engel begeben sich vom Himmel auf die Erde, zu den Hirten und zum Stall.

Sogar der Stern von Bethlehem wird als Komet dargestellt, der vor den drei Weisen herzieht, aber davon später.

Auch die Geburt ist Bewegung: aus dem Mutterleib heraus in diese Welt, ins Freie.

Die Hirten kommen zur Krippe.

Und es dauert nicht lange bis zur Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten …

Gottes Kommen in die Welt bringt einiges in Bewegung, wenn nicht alles.

Es ist wie ein Umsturz des bisher Geltenden, eine Neuordnung.

Wenn man etwas neu ordnet, muss man es – alles – auch zuerst einmal vom gewohnten Platz weg bewegen.

Gott kommt zu uns Menschen, wird ganz menschlich: Er kommt mitten in unsere Hektik und Unordnung hinein, selbst ohne festen Wohnsitz, und die Nomaden, die keinen haben, bemerken und begreifen das als erste von allen …

Möglicherweise liegen wir falsch, wenn wir meinen, Gott käme, sobald alles ruhig und friedlich ist, geordnet und sicher.

Vielleicht ist es im Gegenteil gerade das Unstete, Ungesicherte, Improvisierte, die ungewisse Zukunft, der Gelegenheitsjob, die Übergangslösung, die getrennte und neu zusammengewürfelte Familie, die Flüchtlinge ohne Aufenthaltsgenehmigung, das Land ohne eigene Regierung, der viel Arbeitende, dem auf einem seiner gestressten Wege durch die Stadt kurz der Gedanke kommt, er könnte für einen Moment in die Kirche da hineinschauen …

Ja, vielleicht kommt Gott unangemeldet, ungeplant, im falschen Moment und zwischendurch … schneller und lieber und leichter, es käme nur drauf an, ihn zu bemerken …

Im AT ist Gottes Wohnung immerhin ein Zelt. Das ist etwas, wo man sich nicht fix niederlassen kann.

Als er Mensch wird, tut er das in einer Notunterkunft für Hirten und Tiere.

Alles bringt er durcheinander und in Bewegung: Die Weltordnung wird eine andere. Was Mächtige für unwichtig und vernachlässigbar halten (ein Kind armer Leute am Rand der Welt), wird zum Wesentlichen. Das übliche Verhalten wird als menschenfeindlich entlarvt. Die Menschen unten und am Rand der Gesellschaft, die in Unsicherheit und ständiger Bewegung leben müssen, sind die, auf die es ankommt, sind diejenigen, die Gottes Liebe zu spüren bekommen.

Die, die ihre starre Ordnung hinter geschlossenen Türen ängstlich zu bewahren suchen, bekommen nichts davon mit – höchstens eine kurze Störung merken sie, die sie aber nicht an sich heranlassen. Augen, Ohren, Herzen und Türen bleiben zu – angefangen in Bethlehem und bis heute.

Liebe Brüder und Schwestern: Auch Sie sind heute in Bewegung. Spät in der Nacht sind Sie noch in die Kirche gekommen.

Dieses Gehen in die Christmette ist ein Zeichen des Glaubens an diesen Gott und der Bereitschaft, sich von ihm in Bewegung setzen zu lassen. Die Feier in der Familie, zu Hause, das Essen, der Baum, die Geschenke und Gespräche, eigentlich ist es eine Störung, da herausgerissen zu werden.

Aber es ist die Gelegenheit, von Gott etwas mitzubekommen.

Denken wir an unser Leben: die Situationen, mit denen wir nicht gerechnet, die wir uns nicht gewünscht haben, gerade heuer, aber auch sonst überall, wo etwas schief gelaufen ist, wo wir traurig sind oder ein Stück ungeborgen oder heimatlos, gestresst oder überfordert, wo wir uns wünschen, es möge anders werden: Das, genau das sind die Orte, wo wir dem begegnen, wo der mitten drin ist, anwesend, präsent, der als Neugeborenes außer dem Stroh in der Krippe und einer Handvoll zwielichtiger Gestalten nichts weiter als Begrüßung durch die Welt vorgefunden hat.

Dies hat er sich zugemutet, selber. Weil so das durchschnittliche Schicksal eines der 8 Milliarden Menschen auf unserer Erde ausschaut.

Und wo er uns deswegen – von innen heraus- ganz und gar versteht. Weil er einer von uns geworden ist.