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Liebe Brüder und Schwestern!

So eine Lesung – und nun dieses Evangelium! Wie passt denn das zusammen?

Prallen da 2 christliche Grundhaltungen aufeinander, die sich normalerweise aus dem Weg gehen – das Sozialkritische, gesellschaftlich engagierte Christentum – und das fromme, private, innerlich mystische, mit Jesus, dem Heiland, wo Heilung, Gebet… ihren Platz haben?

Ich habe so das Gefühl, dass die Trennung irgendwie seltsam und nicht optimal ist. Dass da etwas getrennt wird oder wurde, was doch unbedingt zusammengehört.

Geht es Ihnen nicht manchmal so wie mir auch – es kommt mir vor, als ob der Glaube, das Christentum irgendwie kraftlos, schwach wäre, ohne wirkliche Wirkung?

Könnte es nicht sein, dass ein Aspekt für sich einfach nicht reicht?

Im Evangelium hören wir: Jesus heilt einen, der taubstumm ist.

Heilungen geschehen auch heute.

Es gibt große charismatische Heilungsgottesdienste, wo Menschen immer wieder berichten, dass und wie sie geheilt worden sind.

Aber warum sind das so wenige?

Bei Jesus im Evangelium heißt es immer, er heilte viele oder sogar alle, die man zu ihm brachte.

Ist Gottes Gnade begrenzt?

Ich glaube ganz ernst, Gott will alle und immer heilen.

Aber ich bin auch davon überzeugt, dass Gott oder der Heilige Geist den Menschen dort zuerst heilt, wo der die Heilung am nötigsten hat.

Der Mann im Evangelium ist „taubstumm“. Schrecklich genug, und Grund genug, dass er geheilt werden möchte.

Das griechische Wort, eigentlich sind es zwei, bedeutet nicht nur taub, sondern auch verschlossen, dumm.

Es gibt Menschen, die sind „zu“. Sie haben sich zugemacht, abgeschottet vom Leben, von der Umgebung, von der Umwelt, von den Mitmenschen … sie wollen unbeteiligt sein, unberührt vom Schicksal der anderen, unbehelligt, nur nichts anderes und Neues bitte…

Dicht gemacht. Keine Chance, kein Einfallstor für die Gnade Gottes. Da kommt und dringt nichts durch. Abgeschirmt. Teilnahmslos. Für diese Trennung von Gott und den Menschen gibt es ein Wort: Sünde.

Bei der Feier der Taufe gibt es den Effataritus. Gott möge dem Täufling Ohren und Mund öffnen, so habe ich selbst 25 Jahre bei Taufen gebetet, damit das Kind lernt, auf Gott zu hören und die frohe Botschaft zu bekennen vor den Menschen. Das kind soll mit offenen Sinnen durch die Welt gehen, gscheit werden.

Ich glaube, wir spüren schon den Zusammenhang mit dem Text und Anliegen der Lesung.

Vor lauter Tradition und Verhaltensregeln und Angelerntem und Altgewohntem können Menschen so verblendet sein, dass sie die extremsten und furchtbarsten Zustände für normal, ja gottgewollt halten.

Sklavenhaltung. Unterdrückung der Frau. Heiliger Krieg. Verfolgung, Folter, Mord im Auftrag Gottes?! Intoleranz.

Oder auch nur eine Gesellschaftsordnung, die so alt und gewohnt ist, dass die Botschaft Jesu dagegen nicht ankommt, nichts ausrichten kann, keine Chance hat.

Reiche, vornehme vorne auf den guten Plätzen, Arme hinten. Klar, wie auch sonst… Wer zahlt, hat recht … In den USA ist es so bei den Freikirchen, kein Kirchenbeitrag – da ist die Gefahr sehr groß – der Großspender setzt sich durch – Fundamentalismus.

Jakobus in der Lesung meint: So nicht.

Das, was ihr da treibt, hat mit Christentum nichts zu tun.

Wo war denn Jesus immer? Wen rückte er ins Zentrum? Wo nahm er seine Apostel her, fand er Freunde?

Also bitte.

Gott ist groß und menschenfreundlich genug, um alle und alles zu heilen und in Ordnung bringen zu wollen.

Nicht nur die körperlichen Gebrechen. Es gibt schließlich was, das ärger ist. Störender im Heilsplan Gottes.

Die sozialen Sünden, der Dünkel, der falsche Stolz, der Irrglaube, als Mensch mehr zu zählen, weil man reicher, vornehmer, schöner, erfolgreicher, gesünder und fitter ist, mehr Kinder hat oder zu einer bestimmten Nation, gehört … alles, was einer offenen Gesellschaft entgegensteht.

Die Äußerlichkeiten können so stark sein, dass Menschen tatsächlich und wirklich „zu“ sind für den Anruf des Heiligen Geistes.

Es ist nicht so, dass Gott uns nicht erhören würde, wenn wir beten. Davon kann keine Rede sein.

Aber, liebe Mitglaubende. Ist es nicht angebracht, dass auch wir immer besser auf Gott hören – es zumindest versuchen? Unsere Wünsche sind immer wieder einmal kurzsichtig und allzumenschlich. Was uns unfähig macht, auf das Ganze zu sehen, die Zwischentöne zu hören, das Offensichtliche mutig an- und auszusprechen, das möchte Jesus heilen. Unsere Verletzungen, schlechten Erfahrungen – halten wir sie ihm hin, lassen wir uns berühren – jede Begegnung – Gebet, Schrift, Sakrament, Reden, Lesen über den Glauben – mit dem Herrn wirkt heilsam auf uns..

Wir sind eingeladen: Machen wir uns auf, Ohren, Herz … für die Wirklichkeit.

Predigt 25. 8. 2024

Liebe Brüder und Schwestern!

„Was er sagt, ist unerträglich.“

Einmal ehrlich: Wer von uns denkt sich das nicht des öfteren angesichts mancher Jesusworte, mancher Bibelstellen?

Gerade bei dem Abschnitt aus dem Brief an die Epheser, den wir zur Lesung gehört haben, einige sind, wie auch ich innerlich, zusammengezuckt, als es hieß: „Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter…“. Noch dazu wie Christus, dem Herrn. Nirgendwo in der ganzen Bibel verlangt Jesus, dass sich irgendjemand ihm unterordnet. Das ist ja gerade die frohe Botschaft des Evangeliums, dass alles aus Liebe, freiwillig geschieht… Nachfolge oder nicht. Niemand wird gezwungen.

Und wenn schon, dann gilt ganz genau dasselbe natürlich umgekehrt genauso für die Männer, und im ersten Satz, der Einleitung dieses Abschnitts, formuliert es Paulus auch so: „Einer ordne sich dem anderen unter…“  Eine Grund- und Kernaussage des Christlichen – in jedem anderen Menschen tritt mir ja Christus entgegen, gerade eben auch im Geringsten, mit dem sich Christus identifiziert, sich als real präsent darstellt, wenn er als Weltenrichter kommt, wie wir aus dem Matthäusevangelium wissen.

Also repräsentiert ebenso die Ehefrau für ihren Mann Christus – wie umgekehrt.

Der Autor dieser Zeilen im Epheserbrief hat sich ganz einfach außer dem damals üblichen patriarchalen Familienmodell nichts vorstellen können. Es ist direkt rührend, wie er sich innerhalb der vorgefundenen Gesellschaftsordnung vorstellt, dass die frohe Botschaft Jesu in die Tat umgesetzt, heilbringend gelebt werden kann. – Nämlich insofern die Männer sich für ihre Frauen so einsetzen – mit Leib und Leben und unter Umständen bis zur Selbstaufgabe -, wie es Christus für die Kirche, für die Welt und die Menschheit tut.

Es handelt sich um biblischen Text, vom Heiligen Geist inspirierte Schrift.

Gottes Geist kann jedoch nur so und so weit wirken, wie es die Vorbedingungen des betreffenden Menschen erlauben. „Die Gnade baut auf der Natur auf“, so hat es der große Theologe Thomas von Aquin ausgedrückt. Es ist durchaus abhängig von Erziehung und Bildung, ebenso von den Zeitumständen, vom persönlichen Werdegang und vom kulturellen Umfeld, was und wieviel ich vom Anruf Gottes, von der Ausgießung des Geistes über mich, mitbekomme, aufnehmen kann.

Es gibt einen Fortschritt in der Erkenntnis, und glücklicherweise kann jeder einzelne und die Menschheit insgesamt, dazulernen. Wir heute wissen, dass es nie gut gehen kann, wenn einer gezwungen wird, sich unter den anderen unterzuordnen – dass da immer schwelendes Unrechtspotential bleibt, dass Unfrieden stiftet… und dass gerade viele Kriege und die meiste Not vermeidbar gewesen wäre, wenn Frauen sich gerade nicht unter den männlichen Herrschaftswahn untergeordnet sondern ihre Vorstellungen durchgesetzt hätten. Ein christliches Muster aus unseren Tagen: Ich habe vor mehreren Jahren die Autobiographie von Hillary Clinton gelesen, die an Intelligenz, Ausbildung, Status und politischem Ansehen ihrem Ehemann, dem ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, in keiner Beziehung nachstand. Als die Betrugsaffäre ihres Mannes mit der Büroangestellten in der Weltöffentlichkeit breitgetreten wurde, da ist sie trotz Verletztheit öffentlich immer zu ihrem Mann gestanden,  oft als einzige, und beide haben wieder einen Weg zueinander gefunden, die Ehe hat nach einer Phase des Verzeihens und Ordnens neu aufgelebt und besteht glücklich weiter bis heute. So großherzig und freundlich geht eine Frau im Akutfall mit ihrem Mann um, wenn sie sich vorher nie unterordnen und zurückstecken musste.

Jesu revolutionäre Art, mit Frauen genauso gleichwertigen Umgang zu pflegen wie mit Männern, das erschien der 2. Generation von Christen bereits als zu viel, und einige Generationen weiter erschien es vielen als unzumutbar. Oder es wurde gar nicht mehr nachvollzogen – das griechische Wort adelphos heißt z. B. Bruder, adelphe Schwester. In der Mehrzahl gibt es nur eine einzige Form, egal ob nur Männer oder Männer und Frauen zusammen bezeichnet werden sollen. Bei der Übersetzung des griechischen Urtextes des Neuen Testaments ins Lateinische wurde von den übersetzenden Männern, die bezeichnenderweise gar nicht weiter dachten, immer nur die Mehrzahl von frater verwendet, obwohl es in der lateinischen Sprache so wie in unserer, zwei vollkommen verschiedene Wörter gibt, nämlich auch soror, Schwester. Die Anrede in der Heiligen Schrift, die sich selbstverständlich an alle wendet, Christen und Christinnen, Frauen und Männer, lautet daher exakt „Brüder und Schwestern, oder, da wir ja über ein entsprechendes Vokabel verfügen, „Geschwister“.

Denken wir nur daran, wie lang es gedauert hat, bis Frauen und Nichtgeweihte überhaupt – wieder Verkündigerinnen sein, Theologie studieren, Gemeinden leiten durften…

Es gibt aber noch einiges mehr, nicht nur das rechte Verhältnis zwischen Frauen und Männern, was Jesus in den Evangelien sagt oder tut oder was sonst in der Bibel steht, das Anstoß erregt, was vielen Generationen von Christen unzumutbar, ja undurchführbar erschien, gerade Menschen, die überzeugte Christen und besonders rechtgläubig sein wollten. Immer wieder, und manchmal zum Schaden, manchmal zum Nutzen des Evangeliums – im Sinn von Erkenntnisfortschritt, da können Sie sich selber ein Urteil bilden…

Zum Beispiel: Schwört nicht. Nennt niemand Vater. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Oder zu den Jüngern: Nehmt keinen Geldbeutel mit und kein zweites Hemd. Schon Paulus macht es anders: Er ernährt sich von seiner Hände Arbeit, um niemandem zur Last zu fallen. Oder das 5. Gebot: Du sollst nicht töten. Wie war das mit den heiligen Kriegen…?… Das Erlassen der Schulden und Freilassen der Sklaven alle sieben Jahre. Oder im Brief an Titus: Der Bischof sei ein guter Familienvater mit gläubigen Kindern, nur einmal verheiratet, unbescholten, angesehen…

Das große Thema, das sich durch die Evangeliumsstellen der letzten Sonntage gezogen hat: Dass Jesus sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken gibt, da konnten schon damals viele nicht mehr mit. Jesus hat da damit gerechnet, er hat genau gewusst, wie unerhört dies klingt.

Er hat, das Evangelium berichtet das so, niemanden in die Pflicht und in die Mangel genommen: das musst du jetzt glauben und basta… Nein, er lässt jedem einzelnen die Freiheit und die Wahl, sich abzuwenden und wegzugehen…

Ich bin mir sicher, auch Petrus und die, die bei Jesus geblieben sind, haben sich schwer getan mit diesen Worten. Sie sind aber nicht gegangen, sie sind dageblieben.

Und genau da drin könnte heute die Frohe Botschaft für uns liegen: Das Rezept: Bei Jesus bleiben, ihm weiterhin vertrauen, und in diesem Vertrauen, dass ers gut meint, das, was uns unzumutbar erscheint, schwer lebbar und verwirklichbar, einmal ruhen und wirken lassen, vielleicht auch weiterdenken… und offen bleiben für die Möglichkeit, dass wir das, was uns schräg und quer vorkommt, eines Tages verstehen werden.

Heute lade ich Sie und mich ein, kurz zu überlegen – jetzt und zuhause: Welcher Satz Jesu oder aus der Bibel erregt bei mir Anstoß, erscheint mir unzumutbar, packe ich nicht? Wo würde ich am liebsten davonlaufen? Halten wir Gott, Jesus, diesen Satz, diese Schwierigkeit hin, reden wir mit Jesus wie mit einem Freund über das, was uns beschäftigt.

Predigt 17. + 18. 8. 2024                                                      Lunz

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

Wir begehen heute den Sonntag mit der Caritas – Augustsammlung.

283 Millionen Menschen auf unserer Erde wissen oft nicht, wann sie das nächste Mal etwas essen können. Ein knappes Drittel der Weltbevölkerung macht immer wieder Tage oder Zeiten des Hungers, der Mangelernährung durch.

Während die Lage in Lateinamerika und Asien langsam besser wird, verschlimmert sie sich auf dem afrikanischen Kontinent immer mehr.

Woran liegt das?

Ich denke mir schon öfter, und Ihnen geht es vermutlich genauso: Seit ich ein Kind war, kann ich mich zurückerinnern, wird regelmäßig in der Kirche für die Armen in den Ländern Afrikas gesammelt.

Und doch: Ich werde den Eindruck nicht los, dass die Lage insgesamt nicht besser, sondern immer schlimmer geworden ist.

Mehr notleidende Menschen, mehr Hunger als je zuvor.

Und obwohl ständig durch Initiative von Hilfsorganisationen wie Caritas, Diakonie und vielen anderen vielversprechende Projekte entstehen, die auch wirklich nachhaltig helfen – Pflanzen von Wäldern, Mikrokredite, Geld für ein paar Hühner oder eine Nähmaschine, oder Solarkocher oder Saatgut oder Schulungen in Landwirtschaft und Gartenbau …

Dass vielerorts die Not größer statt geringer wird, liegt an menschlichem Fehlverhalten.

Gerade in Afrika Stammeskriege, Völkermord, Vertreibung, Machtgier einzelner , Bestechung, man will sich beliebt machen in ungeordneten politischen Systemen, mangelnde Bildung, etabliertes unhinterfragtes Unrecht, Frauen leisten in den Ländern des Südens 70% der Arbeit die Nahrungsmittel produziert – Landwirtschaft und Gartenbau – und 90% der Arbeit überhaupt, habe aber wenig Mitspracherecht – und sind die ersten, die nichtausreichend zu essen bekommen, wenn Mangel herrscht.

Dazu werden militärische und wirtschaftliche Interessen über das Wohl der Menschen gestellt.

Irgendwie wird uns klar, wieso da nicht viel weitergeht.

Und was können wir da tun – außer noch einmal und immer wieder zu spenden, um die ärgste Not zu lindern?

Jetzt sagt Jesus im heutigen Evangelium: Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben – und: wir sollen sein Fleisch essen.

Und das soll helfen? Milliarden sind in den letzten 2000 Jahren zur Kommunion gegangen und gestorben … genau wie davor auch.

Dass wir da schnell an die Kommunion, an das Sakrament der Eucharistie denken … das ist nicht unbedingt verkehrt, aber eine katholische Engführung. Jesus meint noch viel mehr damit, es steckt mehr hinter seinen Worten.

Des Rätsels Lösung liegt in der Lesung aus dem Buch der Sprichwörter. Die Weisheit hat ihren
Tisch bereitet und lädt zum Mahl ein – was gibt es da: Weisheit, Wissen, Durchhaltevermögen, Einsicht, Rat, Mut zu guten Entscheidungen, Gerechtigkeit … zum Beispiel.

Wir sind oft durch unsere katholische Prägung so sehr verblendet, dass wir das Naheliegende nicht mehr erkennen.

Jesus spricht über sich, seine lebendige Person und Persönlichkeit. Er selbst, das meint er damit, ist für uns Nahrung, die wir dringend brauchen, lebendnotwendig.

Alles, was ihn ausmacht. Wie er lebt, denkt und redet, wie er sich verhält, handelt: das sollen wir essen; aufnehmen, uns zu Gemüte führen. Inhalieren.

Ich habe im Gymnasium einen wunderbaren Klassenvorstand gehabt, Frau Prof. Zechmeister, wir hatten sie auch in Mathematik und Physik. Wenn sich die eine oder andere von uns sagen wir eine Woche vor der Schularbeit noch immer nicht wirklich bei einer Rechenart ausgekannt hat, hat sie regelmäßig gesagt: Haiderer, Wagner, Ruhm, … hörst, du kennst dich ja gar nicht aus – das solltest du vor der Schularbeit auf jeden Fall noch einmal inhalieren …

Jesus möchte, dass wir uns auskennen mit ihm, dass wir immer vertrauter werden, bis wir ganz vertraut sind mit ihm, mit Gott selber …

Das heilige Brot, die Eucharistie, ist eine sicht- und greifbare Hilfe dazu, ein Sakrament, wirkkräftiges heiliges Zeichen, Zeichen für das, was eigentlich geschieht. In der nächsten Dimension, wo wir hingehen, wenn wir die Erde verlassen, gibt es keine Sakramente mehr, weil wir Jesus live und echt selber erleben können…

Menschen, die Jesus quasi inhaliert haben – denken wir kurz nach: So jemand macht, was sich gehört, was gut und richtig ist und gibt niemals auf – glauben an die Macht der Veränderung durch kleine und kleinste Anfänge, geben dem neuen Projekt wieder eine Chance. So jemand ist immun gegen unchristliche, antichristliche Meinungen und Machenschaften…

Sie haben sich die Denkweise Jesu zu eigen gemacht. Und: Würde Jesus aufgeben? Menschen, die von seinem Geist erfüllt sind, denen dringt diese lebensbejahende und menschenfreundliche heilstiftende Seinsweise Gottes buchstäblich aus allen Poren und durchdringt die sie umgebende Welt, um diese zu verändern …

Und wir, Sie und ich, können solche Menschen sein …

Predigt                                                          Sonntag, 11. 8. 2024 Lackenhof

Liebe Brüder und Schwestern!

„Ich bin das Brot des Lebens.“

Sagt Jesus über sich. Diese Worte sind uns vertraut, wir denken da gleich an die Eucharistie und Kommunion.

Es steckt allerdings noch viel mehr dahinter.

Jesus spricht über sich, seine lebendige Person und Persönlichkeit. Er selbst, das meint er damit, ist für uns lebensnotwendig.

Alles, was ihn ausmacht. Wie er lebt, denkt und redet, wie er sich verhält, handelt – und weil er ja Mensch und auch ganz Gott ist: das sollen wir essen; aufnehmen, uns zu Gemüte führen. Inhalieren.

Ich habe im Gymnasium einen wunderbaren Klassenvorstand gehabt, Frau Prof. Zechmeister, wir hatten sie auch in Mathematik und Physik. Wenn sich die eine oder andere von uns sagen wir eine Woche vor der Schularbeit noch immer nicht wirklich bei einer Rechenart ausgekannt hat, hat sie regelmäßig gesagt: Haiderer, Wagner, Ruhm, … hörst, du kennst dich ja gar nicht aus – das solltest du vor der Schularbeit auf jeden Fall noch einmal inhalieren …

Jesus möchte, dass wir uns auskennen mit ihm, dass wir immer vertrauter werden, bis wir ganz vertraut sind mit ihm, mit Gott selber …

Das heilige Brot, die Eucharistie, ist eine sicht- und greifbare Hilfe dazu, ein Sakrament, wirkkräftiges heiliges Zeichen, Zeichen für das, was eigentlich geschieht. In der nächsten Dimension, wo wir hingehen, wenn wir die Erde verlassen, gibt es keine Sakramente mehr, weil wir Jesus live und echt selber erleben können…

Brot des Lebens.

Es wird öfters so getan, als ob Religion Luxus wäre, eine Bereicherung und Verschönerung des gewöhnlichen Lebens. Nun, das ist sie sicher auch. Aber den Kern der Sache trifft es nicht. Dafür wäre eher der Wein zuständig, Eucharistie ist uns ja in 2 Gestalten geschenkt …

Brot des Lebens bin ich, sagt Jesus, Brot für das Leben der Welt.

Ob jemand glaubt oder nicht, ist kein Luxusproblem. Spiritualität ist nichts, was bei Bedarf und nach Belieben noch dazu kommt, weils nicht wirklich wichtig ist. Im Gegenteil: Er ist essentiell. Grundlegend für uns und unser gelingendes Leben.

Und zwar nicht nur für das individuelle gelingende Leben jedes einzelnen – das wäre auch schon sensationell – sondern für das gelingende glückliche Leben für alle Menschen, für alle Wesen auf dieser Erde…

Warum? Wenn ein Mensch Jesus quasi „inhaliert2, so wie ich das vorher beschrieben habe – alles, was ihn betrifft, begeistert aufnimmt, sich davon nährt – und im Gebet regelmäßig mit Jesus sich austauscht, so jemand wird immer mehr und mehr im Leben verkörpern, verwirklichen, was Gott gemeint hat. Wie Gott das Leben gemeint hat …

Liebe deine Nächste wie dich selbst ein Herz haben für andere, sich einsetzen für Ärmere, Benachteiligte. Hier und in armen Ländern. …Fairness. Hilfsbereitschaft. Geduld. Verzeihenkönnen. Verlässlichkeit. Freundlichkeit. Paulus beschreibt es in seinem Brief perfekt…

So jemand macht, was sich gehört, was gut und richtig ist – ist immun gegen den allgemeinen Volksglauben … kennen Sie den?  Die meisten Menschen religionsübergreifend – verehren den Wassa – Gott: Wassa-gen die Leute, Wassa-gen die Leute … und richten sich in ihren Entscheidungen danach…

Wer dieses Brot isst, wird in Ewigkeit nicht sterben.

Wer sich vom Geist Jesu erfüllen lässt, wird gestärkt im Umgang, im Widerstand gegen diesen Wassa – Gott…und wenn es sich um noch so prominente Autoritäten handelt.

Ein Vorschlag: Wenn Sie heute zur Kommunion gehen, achten Sie bewusst darauf, wie Sie dadurch gestärkt werden. Nehmen Sie mit Jesus, der Ihnen ja dann ganz nahe ist, geistig Kontakt auf. Fragen Sie sich selbst: Bin ich bereit, will ich so wie ich den Leib Jesu in meinen Leib aufnehme, seine Persönlichkeit, die Gegenwart Gottes, in mein Leben hereinlassen und mein gesamtes Sein von Gott erfüllen, stärken, nähren, ordnen, beleben lassen?

Vorgestern habe ich auf ein Facebookposting geantwortet, das auf meinem Profil erschien. Da wurde von einem frommen Menschen geschrieben: “Das Wichtigste, das Gott in der Bibel von uns verlangt, ist Demut.”

Aha, dachte ich mir – interessant … ich habe die gesamte Heilige Schrift gelesen und nirgendwo eine diesbezügliche Äußerung oder ein Prophetenwort oder dergleichen bemerkt … Paulus schreibt in einem seiner Briefe “seid demütig”, aber da meint er zwischenmenschliches Verhalten, d. h. das Gegenteil von Überheblichkeit, die Mitmenschen abwertet …

Ich hab also geantwortet: Steht nirgendwo – allerdings lautet die häufigste Aufforderung Gottes an die Menschen: “Fürchtet euch/fürchte dich nicht!”

Woher kommt dieses Demutsgerede? So nach dem Motto: Wir Menschen sind ja so klein und arm, wir haben nichts zu melden, bleibt brav bescheiden, stellt keine Ansprüche …”?

Meiner Meinung nach handelt es sich um einen religiös verbrämten Unterdrückungsmechanismus – denn die, die solches predigen und gerne haben wollen von anderen, die hätten gern, dass ihre Meinung unwidersprochen, dass ihre Stellung unangefochten sei – ob als freikirchlicher Predigtguru oder als Bischof oder oder …

Wenn wer von euch verlangt: seid demütig! – dann nehmt die Alarmglocken ernst, die in euch schrillen. In Wahrheit nämlich ist unser Potential als Menschen unglaublich, unerschöpflich, es muss nur gefördert werden.

Jesus sagt “Ihr seid Götter”. Weil wir nach dem Ebenbild Gottes erschaffen sind: klug, kreativ, mit Gerechtigkeitssinn, liebesfähig, verantwortungsbewusst, machtvoll, schön und wunderbar.

Denke heute einmal kurz darüber nach, wo dies auf euch zutrifft!

Predigt                             21. 7. 2024    Gaming und Kienberg

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

Ausruhen. Viele Menschen können das heutzutage gar nicht mehr. Das Leben wird, so bestätigen es ForscherInnen, immer schneller. Reizüberflutung. Sogar bei einem guten Essen im Gasthaus mit der Familie, was ein Höhepunkt sein könnte, sieht man jedes Kind, das beginnt mit 4 Jahren, mit dem Handy herumspielen. Sie genießen nicht auf der Seeterrasse die wunderbare Aussicht, auch nicht das köstliche Essen – abgesehen davon, dass sie eh nur Schnitzel, Pommes frites oder Eis wollen, sondern sind ständig abgelenkt.

Aber die Kinder können nichts dafür. Sie sehen es von uns, von den Erwachsenen.

Was ist daran so schrecklich?

Wir versäumen das eigentliche Leben. Wir verpassen unsere eigene Kreativität, Persönlichkeitsentwicklung …Unser Geist entfaltet sich in der Muße – das ist dort, wo einem ein bisschen fad ist.

In den letzten 30 Jahren hat sich immer mehr eine Haltung breitgemacht, eine Art Weltanschauung, die es in der Zeit davor eine Weile nicht gab. Weiter in der Vergangenheit zurück nämlich schon.

Menschen machen keinen Urlaub mehr. Sie haben wohl Urlaub, weil ihnen die5 Wochen vom Gesetz her zustehen, aber dass man z. B. 14 Tage wohin fährt, in meiner Kindheit war das meistens entweder Urlaub am Bauernhof mit Wandern oder Kärntnen mit Faakersee oder IOtalien oder Jugoslawien mit Meer … einfach Erholung halt – so etwas buchen heute viel weniger Menschen als früher, und wenn, dann sind sie in meinem Alter. Nein, es liegt nichtam Geld, denn die gehen zumindest zuhause jeden Tag Baden …Sie fahren wohl 3,4 Tage schifahren oder übers Wochenende Wellness oder einen Städteflug.

Warum?

Ich möchte mit Ihnen eine Begebenheit aus meiner Jugend teilen.

Ich war ja mit einer halben Anstellung berufstätig und habe auf dem 2. Bildungsweg, mit 27, begonnen Theologie zu studieren.

Als ich im Familienkreis anmerkte, ab 20. Juli wäre ich 2 Wochen auf Urlaub, meinte meine Tante: Wie kannst denn du auf Urlaub fahren, wenn du noch nicht mit dem Studium fertig bist?

Ich weiß nicht mehr, wie das Gespräch weiterging, aber ich weiß, warum ich Urlaub machte: ganz einfach, weil ich ihn brauchte.

Urlaub, 2-3 Wochen abschalten, raus aus der üblichen Routine, bringt uns unglaublich weiter als Persönlichkeit. Ich erinnere mich noch an mehrere Bücher, die ich während solcher erholsamer Zeiten gelesen habe – sie haben mich unglaublich inspiriert und mein Leben beeinflusst…

Einen ganz ähnlichen Effekt hat auch die Sonntagsruhe – wenn man sie einhält.

Gott weiß, was wir brauchen. Und liebt uns so sehr, dass er uns das was uns guttut, verordnet.

Wir kennen alle das dritte von den 10 Geboten: Du sollst den Sabbat halten – für uns Christen ist es der Sonntag – … wer tut das noch wirklich?

Schieben wir es nicht auf die Landwirte – ich kenne das Problem, wenn alles schon tagelang gemäht oder geerntet gehört und nach einer Woche Regenwetter der Sonntag der erste sonnige Tag ist …

Das ist eine Ausnahme, sozusagen ein Notfall – wie bei Ärzten, Krankenhäusern Pflegeeinrichtungen, Tankstellen, Installateurnotdiensten usw. – da sind wir selbstverständlich froh, dass sie sich nicht ultraorthodox an den Wortlaut halten

Eine ganzandere Größenordnung ist es, wenn Menschen den freien Sonntag generell abschaffen wollen – wo Gewinnmaximierung das oberste Ziel von allen geworden ist…

Aber wie verhalten wir uns selbst, freiwillig, weil wir uns dazu entscheiden? Oder weil wir nicht nachdenken und uns vom Sog der Allgemeinheit mitreißen lassen?

Wie gestalten wir unsere freie Zeit, unseren Urlaub? Ist da wirklich Zeit zum Erholen, zum Nachdenken, für Faulenzen und Kreativität?

Die pädagogische Forschung hat etwas wie ich finde höchst Interessantes herausgefunden: Kinder, die oft, gewohnheitsmäßig mit anderen Kindern frei spielen – ohne Vorgaben von Erwachsenen, ihrer Phantasie quasi freien Lauflassen, sind in der Schule klüger, entwickeln sich zu weit intelligenteren und kreativeren Erwachsenen, was sich auch an der Berufslaufbahn zeigt, – verglichen mit sagen wir wohlbehüteten Kindern, die täglich einen durchgetakteten Terminplan haben – Musikschule, Ballett, Turnen, Klettern, Reiten, Heimstunde, Bastelkurs, Theatergruppe, vielleicht noch Nachhilfe, usw.

Natürlich sollen Kinder ihre Fähigkeiten herausfinden und ausbilden – aber doch nicht alles quer durch den Gemüsegarten und oft 2 Dinge am selben Nachmittag … so dass sie gar nicht zum Verschnaufen kommen, nach dem Vorbild ihrer Eltern, … da ist gut gemeint manchmal das Gegenteil von gut.

Wir stopfen unsere Tage ja auch immer wieder mit Vorhaben und Tätigkeiten voll, sogar im Urlaub muss noch dahin und dorthin gefahren werden und das und nochwas und immer noch etwas erlebt werden – warum? Kann das nicht damit zusammenhängen, dass wir zuwenig Gottvertrauen haben? Uns nicht vorzustellen wagen, dass und wie sehr der gute Hirte auf uns schaut, darauf, dass es uns gut geht, dass wir alles haben, was wir brauchen? Dass wir glücklich leben?

Wir tun oft so, als ob alles und jedes von unserem eigenen Planen und Tun abhinge. Ja, es ist super, wenn wir fähig und tüchtig und verantwortungsbewusst leben. Aber gleich so, als ob da keiner wäre, der sich in unglaublicher Weise liebevoll für uns interessiert…?

Die Jüngerinnen und Jünger damals in den guten 2 Jahren an der Seite von Jesus hatten nun wirklich die wichtigste Mission die es geben kann. Sie hätten wohl auch trotz Müdigkeit und erbrachter Leistung immer noch was und noch was unternommen – aber Jesus meint es gut mit ihnen und sagt: Ruht ein wenig aus.

Vertraut darauf, ihr seid alle immer zur richtigen Zeit am rechten Ort.

So wie wir alle, wenn wir bewusst in seiner Gegenwart leben. Ruht ein wenig aus.

Im heutigen Sonntagsevangelium erfährt die engste Familie von Jesus eine krasse Abfuhr. Sie wollen ihn mit Gewalt nach Hause zurückhole; weil sich die Massen bei ihm anstellen, um seine Predigt zu hören und geheilt zu werden, halten sie ihn für übergeschnappt. “Wer mein Wort hört und den Willen meines Vaters tut, ist für mich Schwester und Bruder und Mutter”, sagt er. Also: Das sind wir.

Jesus hatte seine spezielle Berufung, sein Wesen zutiefst erfahren – in der Szene, wo er sich taufen lässt, ist das verdichtet fassbar.

Und jetzt kommt die Familie und will ihn davon abhalten, zu tun, zu leben, was er als richtig und ultimativ heilbringend für die gesamte Menschheit erfahren hat.

Umso erstaunlicher, weil im Orient zur damaligen Zeit die Familie über alles ging. Ohne die mizpoche v. a. im Judentum heute noch erlebbar, war man niemand und eigentlich verloren.

In unserem modernen Verständnis ist es normal, dass Jugendliche sich von der Ursprungsfamilie entfernen, selbständig werden, sich ein eigenes Leben aufbauen – schon auch einmal konträr zum zu Hause Erfahrenen und Gelernten. Es gilt sogar als gesund und normal, den eigenen Weg zu gehen – auch und gerade über Widerstände hinweg.

Das Richtige zu tun: davon werden allerdings auch heute Menschen abgehalten oder lassen sich abhalten durch falsche Rücksichtnahme.

Wie viele werden heute noch neurotisch oder sonstwie krank oder unglücklich, weil sie auf die Meinung von Nachbarn, FreundInnen, Eltern, Verwandten, KollegInnen … gehört haben, sich nach ihnen gerichtet haben, obwohl sie spürten, dass etwas anderes richtig wäre?

Sich von der eigenen Berufung, von der eigenen Integrität abbringen lassen, um gut dazustehen, um nicht anzuecken …

Heute wird in der gesamten EU gewählt.

In unserem Land treten mehrere Parteien an. Da sind jetzt unter uns immer wieder Menschen “politikverdrossen” – es geht nichts weiter in der Politik, und man wendet sich enttäuscht ab.

Es ist tatsächlich erschreckend, wie sehr Politikerinnen sich an Meinungsumfragen orientieren – nicht das entscheiden und umsetzen, was wichtig und richtig ist, sondern was opportun erscheint – damit man bitte nur ja von möglichst vielen gewählt wird.

Schade. So wird Integrität verspielt. Und weiter geht auch nichts, was schrecklich ist: in der Klimafrage, in der Asylpolitik, im Bildungsbereich, im Gesundheitswesen … in der Armutsbekämpfung…

Als Christen sind wir berufen, in der Politik mitzumischen. Uns zu orientieren an unserem großen Vorbild Jesus und unserem Gewissen. Leuchttürme sein. Nicht irgendwelches seltsames katholisches ewiggestriges Zeugs wiederzukäuen…

Dass das immer mehr und immer besser gelingt, dazu helfe uns Gottes inspirierende stärkende Geistkraft.

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag – und eine gute Wahl!

Predigt 2.6.2024 Heilen am Sabbat

Liebe Brüder und Schwestern!

Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat.

Sagt Jesus. Die fromme Religionspolizei seiner Zeit dachte allen Ernstes, am Sabbat, am heiligen freien Tag, dürfe man nicht einfach etwas am Wegrand abpflücken und essen.

Da würden sich unsere heutigen Beeren- oder SchwammerlsucherInnen, die ihre Freizeit im Wald verbringen, schön bedanken…

Davon abgesehen: Die guten Leute haben ebenso allen Ernstes geglaubt, am Sabbat dürfe niemand geheilt werden. Jesus tut dies öfter, z. B. auch die Frau, die seit 18 Jahren mit einer extremen Rückgratverkrümmung leben musste.

Bedeutende Denker der Menschheitsgeschichte haben festgehalten: Buchstabengetreue Auslegung und Beobachtung des Gesetzes hat weit mehr mit Unrecht und Menschenfeindlichkeit zu tun als mit Gerechtigkeit.

Marcus Tullius Cicero, der große römische Anwalt, Politiker und Staatsphilosoph, ist sich einig mit Paulus.

Jesus selbst hat stets gegen engstirnige Auslegung gekämpft. Verurteilt ist er mit dem Argument worden: Wir haben ein Gesetz und nach dem muss er sterben – nämlich als Gotteslästerer.

Der wahre Unterschied zwischen Fundamentalismus, religiösem Fanatismus und echtem Glauben menschenfreundlicher Religion ist genau das: Fundamentalisten überlegen, wie sie mithilfe der Religion und der Vorschriften Menschen das Leben schwer machen, sog. „Moderne“ überlegen, wie das Leben durch den Glauben leicht wird.

Wir haben in der katholischen Kirche ebenfalls Religionsgesetze, die menschenverachtend und schlicht hirnrissig sind und das Glaubensleben behindern. Das Verbot, dass Frauen das Weihesakrament nicht empfangen dürfen oder dass Menschen, die geschieden sind, kein weiteres Mal heiraten dürfen (in beiden Fällen ist die Folge Exkommunikation, zumindest de iure, eben dem Gesetzeswortlaut bzw. der momentanen Gesetzesauslegung entsprechend).

Wo ist da der Geist Christi am Werk?

Predigt                                                       Dreifaltigkeitssonntag

Liebe Brüder und Schwestern!

Lesen Sie eine Zeitung von vorn nach hinten – oder von hinten nach vorn? Oder blättern sie lieber darin herum, irgendwas Interessantes steht überall …

Manche Bücher kann, ja soll man genau so lesen – Ratgeber für bestimmte Themen, Medizin, Garten,  Kochbücher …, Gedichtbände, da ist es sinnvoll, sich jeweils das herauszusuchen, was man gerade im Moment braucht.

Die Bibel ist auch so ein Buch. Es st eine Sammlung von Büchern, mit einem einzigen Thema in unzähligen Variationen: Wie sind Menschen Gott begegnet, Wie können Menschen, wir, Gott begegnen, was folgt, ergibt sich daraus für unser Leben und für die Zukunft der ganzen Welt …

Die Vielzahl von Gottesbildern und Gotteserfahrungen ist auf keinen logischen Nenner zu bringen.

Immer wieder heißt es: Ja, der Gott des AT ist grausam, rachsüchtig, strafend, gewalttätig – der des NT ist barmherzig, menschenfreundlich, verzeihend, liebend …

Aber das stimmt so nicht.  Die Texte des Ersten Testaments geben die Erfahrung mit Gott vielfältig wider: Als Schöpfer, der aus Liebe zum Leben und zur Vielfalt alles hervorbringt, was ist – als Anwalt der Schwachen, Witwen, Armen, Fremden und Waisen, als Retter und Befreier seines unterdrückten Volkes, als sorgsamer Begleiter auf dem Weg aus Ägypten heraus und durch die Wüste – als Mahner, wenn die Gebote – wenn Nächstenliebe, Gerechtigkeit, Freiheit außer Acht gelassen werden … als eifersüchtiger Liebhaber, der seine Geliebte, Israel, nicht aus den Augen lässt und vor Zorn und Trauer außer sich ist, wegen der anderen Liebhaber seiner Gattin – Religionen, heidnische Gottesvorstellungen, Kulte und Bräuche sind gemeint – und ihr dann aber verzeiht und die Beziehung neu anfangen lässt, sooft sie zu ihm zurückkehren will.

Als Mutter, die den Säugling nährt und lieb hat – als Henne und Adlermutter, die die Küken unter ihren Flügeln sammeln will. Als Freund, dem man sich anvertrauen kann und auf dessen Rückhalt und Hilfe man hoffen darf.

Jahwe st der Herr der Geschichte, der nach Bedarf eingreift – er ist ein verlässlicher Partner, der mit dem Volk einen Bund schließt – und ihn einhält, auch wo die Menschen darauf vergessen.

Die Erfahrungen sind unglaublich vielfältig – wie in der indischen Legende von den Blinden, die zu viert unterwegs sind und auf einen Elefanten treffen: Der erste erwischt en Bein des Elefanten, sagt: das, was da auf unserem Weg steht, ist eine gewaltige Säule. Der 2. erwisch den breiten Rücken, kann nicht bin hinauf tasten und erklärt: Ein gewaltiges Gebirge versperrt uns den Weg. Der 3. greift den Schwanz und mein: Ach wo, das Ende eines Seils – und der 4. Ein Ohr, dann den Stoßzahn, der verkündet eifrig: es handelt sich um eine Art Schiff – ich greife ein ledernes Segel und einen spitzen Bug.

Der Elefant ist natürlich all das und weit mehr als all das zusammen.

Liebe Brüder und Schwestern – könnte es mit den unzähligen verschiedenen Gotteserfahrungen von uns Menschen nicht auch so sein?

Wir erfassen, soviel und den Aspekt, den wir aufgrund unserer Erfahrungen erfassen können – aber es gibt immer noch mehr, weit mehr, als Lehrsätze, Theologiebücher und Dogmen ausdrücken können…Mehr als menschlich-irdische Erfahrung zu erfassen und zu erspüren vermag …

Alle Bilder von Gott sind irgendwie richtig – aber genauso sofort falsch und irreführend, sobald sie absolut gesetzt werden.

Dreifaltigkeit – ist ein Kompromiss, die Aspekte der Gotteserfahrungen einzugrenzen, zugänglich zu machen – Gott zu beschreiben in der wesentlichsten Offenbarung: als in-Beziehung. Liebend. Zugewandt. Eine Fülle, überbordend und überfließend, mehr als eine Person zeigen kann … So sehr liebt, dass die Beschränkung irdischen Lebens auf sich nimmt und stirbt für die Geliebten …

Nur eines ist Gott mit Sicherheit nicht:

Irgendein höheres Prinzip – unpersönlich – wie manche Richtungen der Esoterik es betonen zu müssen glauben.

Wer hat zu Mose gesprochen und ihm danach die Fähigkeit verliehen, das Volk aus der Sklaverei zu befreien?

Haben sich alle großen Mystiker/innen geirrt? Teresa von Avila?

Ich ziehe es vor, es mit den Propheten zu halten – die von diesem Gott, von einer Person höchstpersönlich angesprochen wurden – oft gegen ihre eigene Absicht – oft immer wieder und mit kreativen Überzeugungsmethoden soweit gebracht worden sind, dass sie von diesem Gott und in seinem Auftrag gesprochen haben – meistens zu ihrem, der Propheten, eindeutigem persönlichen Nachteil. Weil Jahwe die Welt immer mehr in Ordnung bringen will – mit unserer Hilfe.

Das Kirchenjahr betont immer wieder einmal einen der wichtigen Aspekte Gottes – wir sind alle eingeladen, mit diesem Gott der Fülle und Vielheit jeden Tag unseres Lebens neue und tiefere Erfahrungen zu machen. Lesen wir die Zeitung, die Nachrichten und Botschaften Gottes, egal welche, aber lesen wir sie.

Predigt zu Christi Himmelfahrt

Liebe Brüder und Schwestern!

Winnetou, Old Shatterhand, Robin Hood, Aeneas, Odysseus, König Artus, Johanna von Orleans, Gandhi, Friedrich Bonhoeffer, Sophie Scholl, Harry Potter, Mutter Teresa … Bischof Erwin Kräutler …

Echte Personen und erfundene Gestalten –

Was haben sie gemeinsam?

Sie sind unter Umständen das, was wir als Helden oder Heldinnen bezeichnen können.

Was sind Helden?

Sie setzen sich unbedingt für das Gute ein. Für Schwächere, für Gerechtigkeit.

Oft gegen eine Übermacht, gegen den Widerstand der Mächtigen, nehmen Verfolgung und Unbequemlichkeit, Mühe … unbeirrt in Kauf, haben einen guten Charakter, Gerechtigkeitssinn, sind hilfsbereit, sozial eingestellt, geben das Äußerste für ihre Ideale, und die sind sehr hoch.

Vorbilder, Originale, nicht erreichbar, man fühlt sich sicher, wenn sie da sind. Man empfindet es als tragisch, wenn se sterben, wenn sie nicht mehr sind.

So in diese Richtung etwa haben sich die Menschen zur Zeit Jesu den Messias erhofft.

Jesus ist durchaus in vielem so gewesen als Mensch auf der Erde.

Aber eben noch viel mehr, er hat den Rahmen gesprengt.

Bei der Himmelfahrt – oder wie wir das, was in Lesung und Evangelium geschildert wird, nennen wollen, geht er noch ein letztes Mal über menschliche Maßstäbe und Erwartungen hinaus.

Himmelfahrt – das ist ein Abschied. Ein menschenfreundlicher Abschied. Vorsichtig, behutsam, nach und nach.

Jesu, der Auferstandene, zeigt sich immer und immer wieder den Jüngerinnen und Jüngern.

40 Tage ist keine Zeitangabe, sondern 40 ist die biblische Zahl der Vollkommenheit. Der Abschied, die Phase der Umstellung auf das Neue, dauert genau so lang, wie es gut ist. Eine ideale Zeitspanne. Bis alle Jünger so weit sind und es packen. Trauer und Überraschung und Schock und alte Erwartungen verarbeitet haben.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren: Jesus hätte es gern schneller, er hätte uns Menschen gern selbständiger, mutiger, … und er verabschiedet sich zum frühest möglichen Zeitpunkt.

Es entspricht seinem Wesen und dem Wesen Gottes, uns selbständig agieren zu lassen. Er braucht uns nicht zu kontrollieren wie ein misstrauischer Chef. Er vertraut uns wie seinen besten Freunden.

Gott sieht uns allezeit, aber er schaut uns voll Liebe an wie eine Mutter, die die Fortschritte ihres Kindes beobachtet …

Klopft uns nicht gleich auf die Finger, wenn wir etwas falsch machen, lässt uns die Folgen ausbaden, aber unterstützt uns dabei.

Und nie entzieht er uns das Vertrauen …

Vorgestern habe ich den Film “Radical” gesehen, der die sensationellen Unterrichtsmethoden eines mexikanischen Grundschullehrers zeigt, dessen Schulklasse in Folge zu den besten des Landes werden.

Jesus handelt auch wie optimale Pädagogen: Er zeigt den Jüngern alles, er lehrt sie alles, er sagt: Was ich tue könnt ihr ebenfalls, und sogar noch Größeres …

Sie waren auch immer wieder ohne ihn, selbständig unterwegs, haben verkündet, geheilt, Wunder gewirkt.

Jesus hat die Seinen zur größtmöglichen Selbständigkeit erzogen.

Die allzu Zaghaften tröstet er mit der Zusage: ich bin eh bei euch…

Wir brauchen seine Freundschaft, wir brauchen das: zu fragen: was hätte Jesus gesagt, was würde er in einer bestimmten Situation tun, wie würde er entscheiden …

Da könnte sich die Kirche ein gutes Stück abschneiden: Entscheidungen, die von Angst oder Kontrolle, von Vertrauensverlust oder -verweigerung bestimmt werden, kommen ganz sicher nicht vom Heiligen Geist.

Wartet, bis der Heilige Geist euch erfüllt – wartet mit Entscheidungen, bis ihr das ganz deutlich spürt, was dran ist, was zu tun ist …

Aber dann nichts wie los.