UNVEREINBAR? TAG 4
4. Seminartag
Feindschaften und Unversöhnlichsein
Ist dir folgendes schon passiert: Du wirst u einer Feier eingeladen und freust dich riesig. Ungefähr einen Tag lang. Dann nämlich erfährst du, dass X oder Y ebenfalls dort sein wird, die Person, mit der du seit Jahren absolut nichts u tun haben willst, die du nicht riechen kannst, wo sich alles in dir aufbäumt, wenn du an sie denkst – weil sie dich irgendwann schlecht behandelt hat, ausgebootet oder vor anderen lächerlich gemacht, den Mann ausgespannt, den Job vor der Nase weggeschnappt, wie der Elefant im Porzellanladen deine Feier ruiniert oder was weiß ich sonst noch nie wieder zu Entschuldigendes verbrochen hat …
Du willst sie ganz sicher nicht sehen, nie wieder etwas mit ihr/ihm zu tun haben – und so beschließt du allen Ernstes, zur Verlobungsfeier deiner besten Freundin, zur Geschäftseröffnung deines besten Kunden, zur Antrittsparty des für dich wichtigen Politikers … NICHT HINZUGEHEN
Furchtbarer Gedanke, stimmts?
Es gibt so etwas auch eine Ebene darüber; Familienfehden oder Nachbarschaftskriege sind (leider!) häufiger, als man zunächst glauben möchte.
In meiner Verwandtschaft mütterlicherseits gab es eine Tante, die wurde nie zu Familienfesten eingeladen. Nach dem Streit um die Pflege einer Grabstätte im Familienbesitz konnten 2 Geschwister meiner Mutter nicht mehr mit ihr.
Sie war für die beiden „gestorben“, wie man so schönsagt. Luft, wie nicht existierend.
Ich fand das als junge Frau verstörend – und besuchte sie um Geburtstag mit einer kleinen Aufmerksamkeit …
Wieso um alles in der Welt sollte ich mit ihr, ihrem Mann und meinem Cousin und meiner Cousine, den Kindern der beiden, nie wieder reden dürfen?
Das Familiengrab war mir ohnehin denkbar egal…
Familienzwistigkeiten, Fehden, Unversöhnlichkeiten füllen ganze Bibliotheken. Ein besonders bekanntes Beispiel aus der Literatur: Romeo und Julia. Heirat nicht möglich, da beide aus extrem verfeindeten Familien stammen.
Ich bin davon überzeugt, wir alle möchten keine weitere Tragödie erzeugen, sondern frei und glücklich leben.
Hingehen, wohin immer wir Lust haben.
Tun, was uns Freude macht.
Reden, mit wem wir wollen.
Befreundet sein und gesellschaftlichen Umgang pflegen, mit allen, die uns lieb und teuer sind oder interessant erscheinen
… … …
Und … und … und
Folgende Überlegung möchte ich euch nicht vorenthalten:
Für Feindschaft und Unversöhnlichkeit ist das Leben zu kurz – und die Ewigkeit zu lang …
Das Gefühl des Hasses, der Missgunst, des Verletztseins ist zu stark – du willst ja vergeben, aber weißt nicht, wie das gelingen kann?
Dafür gibt es eine wunderbare Übung. Sie stammt aus dem Exerzitienbuch des Ignatius von Loyola:
Stell dir einen Menschen vor, der dir sehr lieb und teuer ist. Den besten Freund z. B. oder die Partnerin oder ein Vorbild, das du verehrst… Wünsche diesem Menschen in Gedanken alles Gute, allen Segen, dessen du fähig bist. Sprich ein Gebet für diese Person und meine mit Gefühl wirklich, was du ihr Gutes wünschst.
Atme dreimal tief durch.
Dann mach die gleiche Übung mit einem Menschen, der dir gleichgültig ist. Z. B. die Fernsehsprecherin, der Buschauffeur, eine Kollegin aus der Arbeit …
Atme wieder dreimal tief durch.
Dann mache diese Übung zum dritten Mal. Diesmal denke dabei an eine Person, die du als Feind/in einstufst.
Zum Abschluss stell dir vor, wie alle drei Personen nebeneinander stehen – und wie Gott sie in gleichem Maß liebt und segnet.
Mach diese Übung mehrere Tage hintereinander. Mindestens 10.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!