offen oder zu

Predigt                                                         4. und 5. 9. 2021 Pucking

Liebe Brüder und Schwestern!

Jesus heilt einen, der taubstumm ist. Ein wirklich ganz bekanntes Evangelium.

Viele stellen die Frage: Und? Heilt Gott heute nicht mehr? Und warum nicht?

In manchen kirchlichen Gruppen wird zu Heilungsgottesdiensten eingeladen. Oft gibt es einige innerhalb kurzer Zeit. Es kommen da immer wieder die gleichen Menschen. Ich frage: Ist Ihnen jemand bekannt, der da geheilt worden ist? Außer einer einzigen Person 1992 niemand. Mir nicht.

Es gibt große charismatische Heilungsgottesdienste, wo Menschen immer wieder berichten, dass und wie sie geheilt worden sind.

Aber warum sind das so wenige?

Bei Jesus im Evangelium heißt es immer, er heilte viele oder sogar alle, die man zu ihm brachte.

Ist Gottes Gnade begrenzt?

Ich glaube ganz ernst, Gott will alle und immer heilen.

Aber ich bin auch davon überzeugt, dass Gott oder der Heilige Geist den Menschen dort zuerst heilt, wo der die Heilung am nötigsten hat.

Der Mann im Evangelium ist „taubstumm“. Schrecklich genug, und Grund genug, dass er geheilt werden möchte.

Das griechische Wort, eigentlich sind es zwei, bedeutet nicht nur taub, sondern auch verschlossen, dumm. Gleichzeitig ist er „schwerredend“.

Es gibt Menschen, die sind „zu“. Sie haben sich zugemacht, abgeschottet vom Leben, von der Umgebung, von der Umwelt, von den Mitmenschen … sie wollen unbeteiligt sein, unberührt vom Schicksal der anderen, unbehelligt, nur nichts anderes und Neues bitte…

Dicht gemacht. Keine Chance, kein Einfallstor für die Gnade Gottes. Da kommt und dringt nichts durch. Abgeschirmt. Von Gott und den Mitmenschen.

Ein anderes Wort dafür lautet: Sünde (von absondern). Teilnahmslos.

Bei der Feier der Taufe gibt es den Effataritus. Gott möge dem Täufling Ohren und Mund öffnen, so habe ich wie seit 22 Jahren auch heute bei einer Taufe in Haid gebetet, damit das Kind lernt, auf Gott zu hören und die frohe Botschaft zu bekennen vor den Menschen.

Ich glaube, wir spüren schon den Zusammenhang mit dem Text und Anliegen der Lesung.

Vor lauter Tradition und Verhaltensregeln und Angelerntem und Altgewohntem können Menschen so verblendet sein, dass sie die extremsten und furchtbarsten Zustände für normal, ja gottgewollt halten.

Sklavenhaltung. Unterdrückung der Frau. Heiliger Krieg. Verfolgung, Folter, Mord im Auftrag Gottes?! Intoleranz.

Oder auch nur eine Gesellschaftsordnung, die so alt und gewohnt ist, dass die Botschaft Jesu dagegen nicht ankommt, nichts ausrichten kann, keine Chance hat.

Reiche, vornehme vorne auf den guten Plätzen, Arme hinten. Klar, wie auch sonst… Wer zahlt, hat recht … In den USA ist es so bei den Freikirchen, kein Kirchenbeitrag – da ist die Gefahr sehr groß – der Großspender setzt sich durch – Fundamentalismus.

Jakobus meint: So nicht. Das, was ihr da treibt, hat mit Christentum nichts zu tun.

Wo war denn Jesus immer? Wen rückte er ins Zentrum? Wo nahm er seine Apostel her, fand er Freunde?

Also bitte.

Gott ist groß und menschenfreundlich genug, um alle und alles zu heilen und absolut alles in Ordnung bringen zu wollen.

Nicht nur die körperlichen Gebrechen. Es gibt schließlich was, das ärger ist. Störender im Heilsplan Gottes.

Die sozialen Sünden, der Dünkel, der falsche Stolz, der Irrglaube, als Mensch mehr zu zählen, weil man reicher, vornehmer, schöner, erfolgreicher, gesünder, von bestimmter Nation, ist …

Die Äußerlichkeiten können so stark sein, dass Menschen tatsächlich und wirklich „zu“ sind für den Anruf des Heiligen Geistes.

Es ist nicht so, dass Gott uns nicht erhören würde, wenn wir beten. Davon kann keine Rede sein.

Aber, liebe Mitglaubende. Ist es nicht angebracht, dass auch wir immer besser auf Gott hören – es zumindest versuchen? Unsere Wünsche sind immer wieder einmal kurzsichtig und allzumenschlich. Was uns unfähig macht, auf das Ganze zu sehen, die Zwischentöne zu hören, das Offensichtliche mutig an- und auszusprechen, das möchte Jesus heilen. Unsere Verletzungen, schlechten Erfahrungen – halten wir sie ihm hin, lassen wir uns berühren – jede Begegnung – Gebet, Schrift, Sakrament, Reden, Lesen über den Glauben – mit dem Herrn wirkt heilsam auf uns.

Gott bringt mehr in Ordnung als die körperlichen Symptome. Glauben Sie mir, ich spreche aus Erfahrung.

Und Gott handelt aus lauter Freundlichkeit und schenkt immer mehr und Besseres, als wir erbitten …

Ich möchte Sie einladen: Machen Sie sich auf, Ohren, Herz … für die Wirklichkeit.

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