Wegen meines arbeitsintensiven Dienstsantritts als Pfarrassistentin in den Haid und Pucking erst heute die Predigt zum vorgestrigen Sonntag:
Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!
Nach oben buckeln, nach unten treten. Diesen Spruch haben Sie sicher schon öfter gehört – und es beschreibt treffend das Verhalten mancher Menschen – und es ist kein Kompliment.
Geschichte vom Portier
Vor einigen Tagen war erst der G7-Gipfel, und in den Zeitungen wurde unter anderem kommentiert, wer neben wem saß und wie lange und warum …
Und bei uns im Kleinen und in der Öffentlichkeit ist oft zu bemerken, wie jede vornehme Zurückhaltung schlagartig und restlos verschwindet, sobald es zum Sturm auf die Futtertröge, in die Medienberichte oder sonst auf die besten Plätze geht.
Zur Zeit Jesu gab es das genauso wie heute – und zu allen Zeiten, die dazwischen liegen.
Ich weiß nicht, ob es ein Trost ist, dass auch die Pharisäer nicht anders gehandelt haben – die Elite der Frommen und (religiös) Gebildeten damals, – oder ob wir uns aufgrund dieser Tatsache eher schrecken sollen.
In der Kirche ist es nicht anders – obwohl in den letzten Jahrzehnten weit besser geworden und obwohl Papst Franziskus eine ganz andere Sprache spricht.
Zumindest hat er diese ganzen überflüssigen Ehrentitel Monsignore, Geistlicher Rat usw. abgeschafft.
Man könnte jetzt solches Gehabe auch ganz lustig finden, Prof. Nemecek hat den Begriff „Knopflochrotlauf“ erfunden, Kleider- und Rangordnung, Titelsucht usw. … wenn nicht eine ganz reale Gefahr dahinterstünde: Nämlich die, dass Menschen, die sich in diesen Systemen an den oberen Plätzen befinden, tatsächlich oft überheblich auf die da unten herabschauen – und sich besser vorkommen, als die besseren Christen, die besseren Menschen, die fitteren, gesünderen, Tüchtigeren, Fähigeren … Beliebteren, Schöneren, Reicheren die, die es „geschafft“ haben, eben.
Im religiösen Bereich fühlt man sich dann näher bei Gott, würdiger, spiritueller, geistig entwickelter, intelligenter, gebildeter usw.
Und da wird uns klar, warum Jesus so ein Verhalten kritisiert. Nicht, weil er Menschen herabsetzen will – ja, wir haben diese Redewendung, es ist genau diese Situation gemeint, jemanden an einen schlechteren Platz, weiter unten an der Tafel, zu platzieren -, nein, Jesus, der für Gott spricht, möchte alle an den besten Platz holen, einladen, gerade und vor allem die, die im normalen Leben übersehen, ausgegrenzt, schief angeschaut, verachtet werden, keine Geltung haben, die die vornehme Welt nicht dabei haben will.
Die Unsichtbaren sichtbar machen, ihnen den zustehenden Wert als Kinder Gottes, die Würde des guten Platzes geben.
Wir erinnern uns wahrscheinlich, dass Jesus in einer ähnlichen Situation an seine JüngerInnen die Parole ausgibt: „Bei euch aber soll es nicht so sein.“
Für die neue Ordnung, die er zu schaffen gekommen ist, im Reich Gottes, haben andere Maßstäbe zu gelten.
Ich vermute, dass Sie hier in der Pfarre Haid diese Maßstäbe Jesu leben.
Wo alle gleich wertvoll sind, gleich geachtet und willkommen beim Gottesdienst, bei Festen, beim Mitarbeiten und Mitgestalten in der Pfarre.
Arbeiter/innen und Chefs, Chefinnen. Geschäftsleute und Putzfrauen. Lehrer und SchülerInnen. Ingenieure und Hausfrauen. Bankangestellte und Arbeitslose. Lehrlinge und Pensionisten.
Bei Gott hat niemand, wer er auch sei, dem anderen etwas voraus.
Und zwar deswegen, weil jedem/r einzelnen das volle Maß, die unmittelbare Nähe und Freundschaft bereits geschenkt sind. Mehr geht nicht.
Ich in meiner Funktion als Leiterin und Seelsorgerin möchte Helfen, dass wir alle hier in Haid diese Geschenke – das volle Maß des Heils – annehmen und verwenden.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!