runder Tisch

Predigt                                                                                 28. 8. 2022

Liebe Brüder und Schwestern!

Das, was Jesus im Evangelium sagt, ist für uns 100%ig einleuchtend. Logisch und nachvollziehbar. Und das war es für die Gäste des vornehmen Simon damals auch.

Jetzt hat Jesus aber nicht wirklich im Sinn, als Trainer guten Benehmens zu wirken. Wenn er etwas sagt und lehrt, geht es ihm immer um Gott, um das Reich Gottes, um das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen.

Übrigens gab es Zeiten, in denen das, was Jesus da vermitteln möchte, überhaupt nicht verstanden, ja nicht einmal gesehen worden ist.

Im Mittelalter oder bis vor ca. 100 Jahren auch hier bei uns in unserem Land: da gab es die großen Standesunterschiede. Es wäre einem Grafen oder Baron nie im Leben eingefallen, mit den Knechten und Mägden, auch wenn sie freie Menschen waren und keine Leibeigenen, das gab es nämlich bis Maria Theresia auch in der Geschichte der Christenheit, zusammen am selben Tisch zu sitzen.

Ein absolutes NoGo. Geht nicht. Undenkbar.

So sehr undenkbar, dass man die Botschaft Jesu nicht wahrnehmen konnte. Außerhalb des Blickfeldes.

In der katholischen Kirche gab es Gegenden, da wurden in die Kirchenräume hinein sogenannte Sakramentshäuschen reingebaut: quasi ein „Extrazimmer“ nur für die Priester, wo die Wandlung und das Hochgebet gesprochen wurden – die Normalsterblichen, wie wir so schön sagen, sollten das nicht sehen – zu minder, nicht würdig, … oder was immer.

Vor ca. 30 Jahren war ich Pastoralassistentin in Hörsching. Da wurde mir von einem großen Bauern, der in den 60erJahren eingeheiratet hatte, erzählt, es hat 20 Jahre gebraucht, bis er am Stammtisch der örtlichen Bauern Platz nehmen durfte … War ja schließlich kein Hiesiger …

In Hörsching hat der Pfarrer, der war auch der größte Bauer im Ort, alles, wo dann der Fliegerhorst und der Flughafen entstanden, bis zur Zeit des 2. Weltkriegs übrigens 2 Pfarrerköchinnen gehabt: eine für sich und den Verwalter und Gäste, und eine fürs Gesinde …

Liebe Brüder und Schwestern, zum Glück sind wir alle bereits in einer Demokratie geboren worden und erzogen worden.

Bei Gott gibt es keine Rangunterschiede zwischen Menschen.

Und das hat Jesus sicher auch im Blick gehabt: Unter Glaubenden spirituellen Menschen gibt es auch so eine Art Wettbewerb oder Hierarchiebildung: Wer ist frömmer, wer betet mehr, wer ist fortgeschrittener im geistlichen Leben, näher bei Gott z. B. …

Eine Weisheitsgeschichte erzählt:

Einige Mönche streiten, wer von ihnen Gott näher sei. Ich bete länger, sagt der eine. Ich bin schon länger Mönch, sagt der nächste. Ich halte das Fasten am längsten durch. Ich die Stille und Einsamkeit. Ich begeistere am meisten durch meine Predigt. Ich bewege die Menschen zu großen Spendenbeträgen …… Und so geht es eine Zeit weiter …

Bis der Meister sagt: Am frömmsten von allen, weitaus frömmer als ihr, ist diese Bäurin, die da gerade vom Feld kommt.

Was, die? Schreien sie durcheinander – die betet doch fast nie… und im Tempel sieht man sie auch nur, wenn es unbedingt sein muss…

Gefäß in flacher Schale tragen ohne zu verschütten mit Wasser – im Kloster und auf der Hauptstraße. Zweiteres unmöglich.

Der Meister sagt: Ja, ihr betet viel. Mitunter den ganzen Tag.

Aber diese Bäurin arbeitet täglich hart auf dem Feld, versorgt ihre 6 Kinder und den gesamten Haushalt und hat oft keine freie Minute. Wenn sie am Morgen und Abend für einen kurzen Augenblick ihre Augen zum Himmel erhebt und ein kurzes Gebet stammelt oder auch nur einen Gedanken fasst, weil sie bei alldem nicht auf Gott vergisst, hat das droben mehr Gewicht als eure ausgesuchten Worte, für die ihr alle Zeit der Welt habt.

Gottes Tisch ist aber eine Tafelrunde. Jeder mit der gleichen Entfernung oder Nähe.

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