Frühjahrssäuberungsaktion der Marktgemeinde Aschach.

Eine Spielart des Wiederherstellens der göttlichen Ordnung.

Ca. 25 Personen machten sich um 9.00 ausgerüstet mit Müllsäcken und Handschuhen auf den Weg, um das Gemeindegebiet von herumliegendem Müll zu befreien.

Unwahrscheinlich, was ich alles aufgelesen habe. Es entsteht der Eindruck: Manche Leute lassen Papierln, Zigarettenschachteln usw. einfach fallen…

Oft wäre ein Mistkübel in unmittelbarer Nähe gewesen.

Also: Wieso?

Wenn ihr Gelegenheit habt, das “Ensemble Oktavian” zu hören, ergreift sie umgehend!

 

Ich komme eben vom Konzert “Wiener Klassik” im Schloss Aschach und bin begeistert… Wieder eine Hochleistung von Hilde Golker, der Obfrau des Vereins.

Voller Saal, 2 Zugaben.

Als besonders erfreulich wird in Erinnerung bleiben, dass jede/r Konzertbesucher/in eine CD des Ensembles erhielt.

Danke!

Habe gestern beim Abschlussritual des Onlineseminars “Sophia” von Uli Feichtinger teilgenommen.

Es ist euch etwas entgangen!

Das gesamte Seminar ist eine enorme Bereicherung.

googelt “Weripower” und lasst euch überraschen!

Spiritualität auf der Basis moderner gediegener christlicher feministischer Theologie, schamanische Elemente, Frauentraditionen verschiedener Kulturen … kreativ, anspruchsvoll, lebendig, weiterführend.

Jede/r ist Dichter, Dichterin –

aussprechen, was ist. Vorher es zu denken wagen. Anderen zugänglich machen.

Spielen mit Worten, Sätzen, Textfragmenten …

pure Kreativität

ob lustig, traurig, empört, zornig, aufbauend oder tiefgründig.

Form? Egal.

Erlaubt ist, was wahr ist. Echt. Authentisch.

Nehmt euch Zeit, zu SCHREIBEN.

Und: Nehmt euch Zeit für die Lesung bei mir im Lüftleck 13 in Lunz am See…

Dienstag, 30. 4., 19.30

Ich bin schon ganz gespannt auf eure Beiträge!

s. auch meine Veranstaltungen.

In der Mittagspause war ich über eine Stunde im Pesenbachtal. Seitdem fühle ich mich richtig aufgeputscht. Bärlauch habe ich allerdings keinen gefunden, dafür junge Brennesseln und Giersch.

Morgen gibt es Suppe davon …

Unterwegs habe ich eine Frau getroffen, die mir erklären konnte, wo ich Bärlauch finde. Ein glücklicher Zufall.

 

 

 

Hab gerade im Fernsehen die Sendung über den Mangel an Nachwuchs bei Hausärzten mitverfolgt.

Zuerst waren es die Pfarrer.

Jetzt sind es die Ärzte.

Die nächsten, die fehlen werden, werden die LehrerInnen sein.

 

Meiner Meinung nach (allerdings bin ich mit dieser Meinung nicht die einzige) hängt das mit dem schwindenden Respekt zusammen.

Priester, Arzt, Lehrer – das waren vor 100 Jahren die drei angesehensten Menschen im Dorf.

Alle drei Berufsgruppen wurden öffentlich jahrzehntelang demontiert. Nicht von der 68er-Bewegung, sondern im Zuge des aufsteigenden Neoliberalismus im Lauf der Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts.

Geldverdienen, Perfektionismus, der einklagbar wurde.

In diesem Denkschema ist es logisch, dass ärztliche, spirituelle und Bildungsleistungen immer mehr eine Frage des Geldes,der Bezahlbarkeit wurden und werden.

IdealistInnen, die einen der genannten Berufe ergreifen, wollen dafür lieber nichts mit Verwaltung, Buchhaltung, Kalkulation usw. zu tun haben.

 

Können wir aus diesem Dilemma, aus dieser Entwicklung wieder herauskommen?

Nehmen Sie teil an der Diskussion, schreiben Sie einen Beitrag in den Blog!

Predigt                                                          So., 31. 3. 2019, 9.15 Aschach

 

 

Liebe Brüder und Schwestern!

 

Das Gleichnis aus dem Lukasevangelium, das wir eben gehört haben, ist nicht nur einer der bekanntesten Texte unter Christen, sondern ist weltweit bekannt, gehört praktisch zur Weltliteratur.

Und da wir heute diesen Gottesdienst auch als Sendungsgottesdienst für die Caritas-Haussammler/innen feiern: Gäbe es sie nicht bereits, müsste man diese Geschichte von seiten der Caritas erfinden.

 

Der jüngere Sohn ist erstens an seiner Notlage selber schuld.

Zweitens kehrt er bemerkenswerterweise nicht zu seinem Vater zurück, weil er plötzlich große Sehnsucht nach seiner Familie verspürt, sondern schlicht und einfach, um nicht zu verhungern.

Dann bekommt er nicht nur gerade das Notwendigste, sondern wird als Mitglied der Familie wertschätzend wieder aufgenommen.

Und viertens regt sich sofort jemand auf, der eigene Bruder, bei dem, der geholfen hat, dass es ihm wieder gut geht.

 

Mit all dem ist die Caritasarbeit ständig konfrontiert.

Viele helfen leichter und lieber, wenn Menschen unverschuldet in Not geraten sind, aufgrund einer Katastrophe, Brand, Unfall, Krankheit … Das ist oft ganz wichtig bei der Berichterstattung in den Medien, bei Hilfs- und Spendenaufrufen.

Wenn da wer „selber schuld“ ist, auch nur vermeintlich, schaut die Sache schon anders aus. -Aha, der war eingesperrt, die haben sich scheiden lassen, da sind Drogen, Alkohol, Spielsucht die Ursachen, oder die Menschen, die ihr Land wegen der dort herrschenden Not oder wegen des Krieges verlassen …….…man hört sogar den Ausspruch „Ich bin ja nicht die Caritas“

Nun: Wir sind die Caritas, die ist in jeder Pfarre zu finden.

 

Die Caritas hilft allen, da wird gar nicht mehr gefragt, ob das Christen sind, ja wenn die alle wenigstens in die Kirche gehen würden! – Der Vorwurf ist auch zu hören.

Gottseidank ist das seit mehreren Jahrzehnten so, dass man nicht Kirchgänger sein muss, um Hilfe zu erfahren.

Das Kriterium, ob jemandem geholfen wird, ist die Notlage, dass es ein Mensch ist, der oder die Hilfe braucht. Sonst nichts.

 

Die diözesane Organisation der Caritas arbeitet – auch seit mehreren Jahrzehnten – höchst professionell. Durchdacht, strukturiert und wissenschaftlich und weltanschaulich, christlich theologisch fundiert.

Das christliche Menschenbild kennt nur Familienmitglieder auf Augenhöhe. Eine Hilfe von oben herab, so ein bisschen Almosen auf der Basis „mei bist du arm“, wo es Underdogs gibt, die irgendwie doch nicht so ganz dazugehören, weil man für sie sorgen muss, weil sie selbstständig nicht über die Runden kommen, weil sie das gesellschaftliche schöne Bild – alles perfekt, gesund, wohlsituiert – stören … so etwas kommt nicht in Frage.

Der ältere Bruder, der ordentliche brave Bürger, hätte sich, denke ich, nicht aufgeregt, wenn der abgesandelte Heimkehrer tatsächlich als Tagelöhner hätte arbeiten müssen.

 

Jesus erzählt dieses Gleichnis ja gerade deswegen, weil die damaligen „Guten“ es in keiner Weise eingesehen haben, dass die Zöllner und Sünder die gleichen Chancen bei Gott haben, von Jesus Zuwendung und Heil erfahren – geschenkt bekommen und nur anzunehmen brauchen. Ja, sie sind besser dran, weil sie ihre Chance wahrnehmen, annehmen, was Gott als Geschenk anbietet.

 

Der ältere Bruder im Evangelium ist so wie die Schriftgelehrten und Pharisäer damals hartherzig, weil er ständig nur mit der eigenen Kraft unterwegs ist, und die ist eben beschränkt. Er hat gar nicht gesehen, dass alles zur Verfügung steht – nicht nur die Ziege, die er nicht geschenkt bekam.

 

Wer im Bewusstsein, reich beschenkt zu sein, durchs Leben geht, gibt gerne weiter, möchte, dass es anderen ebenso gut geht wie einem selber. Das ist das eigentliche Wesen und Geheimnis der Spiritualität, der Caritas – Liebe. Nicht aus bitterem moralinsauren Pflichtbewusstsein, weil die Welt so schlecht ist, muss ich helfen, damit ich ein guter Mensch bin, und eigentlich kann ich eh nicht mehr, was soll i nu ois tuan  … sondern aus überfließender Fülle … und das kommt vorher, und die Fülle Gottes hört nie auf, der 2. Sohn hat 2 x alles bekommen – wir müssen es uns zuerst richtig gut gehen lassen, dann ist Hilfe möglich. Man kann nur geben, was da ist …

 

Die Frage an uns, Brüder und Schwestern, lautet: Zu welcher Personengruppe wollen wir gehören? Das Angebot Gottes an uns, jederzeit Barmherzigkeit, Beschenktsein, Liebe zu erleben, gilt. Nehmen wir es an?!

Spüren wir so eine tiefe Dankbarkeit für alles, was unseres ist …und dann geben wir für Menschen in Not was recht ist.

Kennt ihr auch Menschen, die über ihr Kontrollverhalten Macht ausüben, anderen die Kraft rauben? Aufdringlich sich selbst zum Maßstab machen und andere abwerten?

Wenn man sie fragen würde, sie wären felsenfest davon überzeugt, friedliebend, geistig, spirituell hochstehend, hilfsbereit und was weiß ich noch zu sein.

Jesus war immer wieder mit solchen Menschen konfrontiert.

Sie wussten genau, wie er sich hätte verhalten sollen.

Sie waren”die Guten”, auf jeden Fall.

Pharisäer, die sich das Recht herausnahmen, über andere zu urteilen.

 

In letzter Zeit war ich mit dergleichen belastet.

Heute kam ich erst drauf, dass es so sein musste. Auch ich merke sowas nicht immer sofort.

Zum Glück kenne ich eine bewährte Methode, die hilft:

 

Stell dir ein Körbchen vor, ganz plastisch. Setze die betreffende Person in deiner Vorstellung hinein, und bitte dann Gott, diesen Menschen in Empfang zu nehmen. Zu übernehmen, zur weiteren Behandlung und Fürsorge.

Wirf das Körbchen in hohem Bogen in das nächste große fließende Gewässer (von hier aus ist es die Donau).

Sie in Gedanken, wie es da schwimmt, wie die Person vom Fluss des Lebens mitgenommen, weitergetragen wird.

Freue dich, dass du ihn/sie los bist. Du bist nicht zuständig für diesen Menschen, und er/sie ist in den besten Händen.

Spüre die Freiheit, danke.

 

Es war ein Genuss, die anschließende Freiheit und Erleichterung zu spüren.

 

 

“Mary” von Ella Kensington.

Habs inzwischen zu lesen begonnen.

Kennt es wer?

Was meint ihr dazu?

Es geht ums Glücklichsein.

Das Märchen vom Baum

Es war einmal ein Gärtner. Eines Tages nahm er seine Frau bei der Hand und sagte: “Komm, Frau, wir wollen einen Baum pflanzen.” Die Frau antwortete: “Wenn du meinst, mein lieber Mann, dann wollen wir einen Baum pflanzen.” Sie gingen in den Garten und pflanzten einen Baum.
Es dauerte nicht lange, da konnte man das erste Grün zart aus der Erde sprießen sehen. Der Baum, der eigentlich noch kein richtiger Baum war, erblickte zum ersten Mal die Sonne.

Er fühlte die Wärme ihrer Strahlen auf seinen Blättchen und streckte sich ihnen hoch entgegen. Er begrüßte sie auf seine Weise, ließ sich glücklich bescheinen und fand es wunderschön, in der Welt zu sein und zu wachsen.

“Schau”, sagte der Gärtner zu seiner Frau, “ist er nicht niedlich, unser Baum?” Und seine Frau antwortete: “Ja, lieber Mann, wie du schon sagtest: Ein schöner Baum!”

Der Baum begann größer und höher zu wachsen und reckte sich immer weiter der Sonne entgegen. Er fühlte den Wind und spürte den Regen, genoß die warme und feste Erde um seine Wurzeln und war glücklich. Und jedes Mal, wenn der Gärtner und seine Frau nach ihm sahen, ihn mit Wasser tränkten und ihn einen schönen Baum nannten, fühlte er sich wohl. Denn da war jemand, der ihn mochte, ihn hegte, pflegte und beschützte. Er wurde lieb gehabt und war nicht allein auf der Welt. So wuchs er zufrieden vor sich hin und wollte nichts weiter als leben und wachsen, Wind und Regen spüren, Erde und Sonne fühlen, lieb gehabt werden und andere liebhaben.
Eines Tages merkte der Baum, daß es besonders schön war, ein wenig nach links zu wachsen, denn von dort schien die Sonne mehr auf seine Blätter. Also wuchs er jetzt ein wenig nach links.
“Schau”, sagte der Gärtner zu seiner Frau, “unser Baum wächst schief. Seit wann dürfen Bäume denn schief wachsen, und dazu noch in unserem Garten? Ausgerechnet unser Baum! Gott hat die Bäume nicht erschaffen, damit sie schief wachsen, nicht wahr, Frau?” Seine Frau gab ihm natürlich recht. “Du bist eine kluge und gottesfürchtige Frau”, meinte daraufhin der Gärtner. “Hol also unsere Schere, denn wir wollen unseren Baum gerade schneiden.”

Der Baum weinte. Die Menschen, die ihn bisher so lieb gepflegt hatten, denen er vertraute, schnitten ihm die Äste ab, die der Sonne am nächsten waren. Er konnte nicht sprechen und deshalb nicht fragen. Er konnte nicht begreifen. Aber sie sagten ja, daß sie ihn lieb hatten und es gut mit ihm meinten. Und sie sagten, daß ein richtiger Baum gerade wachsen müsse. Und Gott es nicht gerne sähe, wenn er schief wachse. Also mußte es wohl stimmen. Er wuchs nicht mehr der Sonne entgegen.
“Ist er nicht brav, unser Baum?” fragte der Gärtner seine Frau. “Sicher, lieber Mann”, antwortete sie, “du hast wie immer recht. Unser Baum ist ein braver Baum.”
Und der Baum begann zu verstehen. Wenn er machte, was ihm Spaß und Freude bereitete, dann war er anscheinend ein böser Baum. Er war nur lieb und brav, wenn er tat, was der Gärtner und seine Frau von ihm erwarteten. Also wuchs er jetzt strebsam in die Höhe und gab darauf acht, nicht mehr schief zu wachsen.
“Sieh dir das an”, sagte der Gärtner eines Tages zu seiner Frau, “unser Baum wächst unverschämt schnell in die Höhe. Gehört sich das für einen rechten Baum?” Seine Frau antwortete: “Aber nein, lieber Mann, das gehört sich natürlich nicht. Gott will, daß Bäume langsam und in Ruhe wachsen. Und auch unser Nachbar meint, daß Bäume bescheiden sein müßten, ihrer wachse auch schön langsam.” Der Gärtner lobte seine Frau und sagte, daß sie etwas von Bäumen verstehe. Und dann schickte er sie die Schere holen, um dem Baum die Äste zu stutzen.

Sehr lange weinte der Baum in dieser Nacht. Warum schnitt man ihm einfach die Äste ab, die dem Gärtner und seiner Frau nicht gefielen? Und wer war dieser Gott, der angeblich gegen alles war, was Spaß machte?
“Schau her, Frau”, sagte der Gärtner, “wir können stolz sein auf unseren Baum.” Und seine Frau gab ihm wie immer recht.
Der Baum wurde trotzig. Nun gut, wenn nicht in die Höhe, dann eben in die Breite. Sie würden ja schon sehen, wohin sie damit kommen. Schließlich wollte er nur wachsen, Sonne, Wind und Erde fühlen, Freude haben und Freude bereiten. In seinem Inneren spürte er ganz genau, daß es richtig war, zu wachsen. Also wuchs er jetzt in die Breite.
“Das ist doch nicht zu fassen.” Der Gärtner holte empört die Schere und sagte zu seiner Frau: “Stell dir vor, unser Baum wächst einfach in die Breite. Das könnte ihm so passen. So etwas können wir auf keinen Fall dulden!” Und seine Frau pflichtete ihm bei: “Das können wir nicht zulassen. Dann müssen wir ihn eben wieder zurecht stutzen.”

Der Baum konnte nicht mehr weinen, er hatte keine Tränen mehr. Er hörte auf zu wachsen. Ihm machte das Leben keine rechte Freude mehr. Immerhin, er schien nun dem Gärtner und seiner Frau zu gefallen. Wenn auch alles keine rechte Freude mehr bereitete, so wurde er wenigstens lieb gehabt. So dachte der Baum.

Viele Jahre später kam ein kleines Mädchen mit seinem Vater an dem Baum vorbei. Er war inzwischen erwachsen geworden, der Gärtner und seine Frau waren stolz auf ihn. Er war ein rechter und anständiger Baum geworden.
Das kleine Mädchen blieb vor ihm stehen. “Papa, findest du nicht auch, daß der Baum hier ein bißchen traurig aussieht?” fragte es.
“Ich weiß nicht”, sagte der Vater. “Als ich so klein war wie du, konnte ich auch sehen, ob ein Baum fröhlich oder traurig ist. Aber heute sehe ich das nicht mehr.”

“Der Baum sieht wirklich ganz traurig aus.” Das Mädchen sah den Baum mitfühlend an. “Den hat bestimmt niemand richtig lieb. Schau mal, wie ordentlich der gewachsen ist. Ich glaube, der wollte mal ganz anders wachsen, durfte aber nicht. Und deshalb ist er jetzt traurig.”
“Vielleicht”, antwortete der Vater versonnen. “Aber wer kann schon wachsen wie er will?”
“Warum denn nicht?” fragte das Mädchen. “Wenn jemand den Baum richtig lieb hat, kann er ihn auch wachsen lassen, wie er selber will. Oder nicht? Er tut doch niemandem etwas zuleide.”
Erstaunt und schließlich erschrocken blickte der Vater sein Kind an. Dann sagte er: “Weißt Du, keiner darf so wachsen wie er will, weil sonst die anderen merken würden, daß auch sie nicht so gewachsen sind, wie sie eigentlich mal wollten.”
“Das verstehe ich nicht, Papa!”
“Sicher, Kind, das kannst du noch nicht verstehen. Auch du bist vielleicht nicht immer so gewachsen, wie du gerne wolltest. Auch du durftest nicht.”
“Aber warum denn nicht, Papa? Du hast mich doch lieb und Mama hat mich auch lieb, nicht wahr?”
Der Vater sah sie eine Weile nachdenklich an. “Ja”, sagte er dann, “sicher haben wir dich lieb.”

Sie gingen langsam weiter und das kleine Mädchen dachte noch lange über dieses Gespräch und den traurigen Baum nach. Der Baum hatte den beiden aufmerksam zugehort, und auch er dachte lange nach. Er blickte ihnen noch hinterher, als er sie eigentlich schon lange nicht mehr sehen konnte. Dann begriff der Baum. Und er begann hemmungslos zu weinen.

In dieser Nacht war das kleine Mädchen sehr unruhig. Immer wieder dachte es an den traurigen Baum und schlief schließlich erst ein, als der Morgen zu dämmern begann.
Natürlich verschlief das Mädchen an diesem Morgen. Als es endlich aufgestanden war, wirkte sein Gesicht blaß und stumpf.
“Hast Du etwas Schlimmes geträumt?”, fragte der Vater. Das Mädchen schwieg, schüttelte dann den Kopf. Auch die Mutter war besorgt: “Was ist mit Dir?”

Und da brach schließlich doch all der Kummer aus dem Mädchen. Von Tränen überströmt stammelte es: “Der Baum! Er ist so schrecklich traurig. Darüber bin ich so traurig. Ich kann das alles einfach nicht verstehen.”
Der Vater nahm die Kleine behutsam in seine Arme, ließ sie in Ruhe ausweinen und streichelte sie nur liebevoll. Dabei wurde ihr Schluchzen nach und nach leiser und die Traurigkeit verlor sich allmählich. Plötzlich leuchteten die Augen des Mädchens auf, und ohne daß die Eltern etwas begriffen, war es aus dem Haus gerannt.

Wenn ich traurig bin und es vergeht, sobald mich jemand streichelt und in die Arme nimmt, geht es dem Baum vielleicht ähnlich – so dachte das Mädchen. Und als es ein wenig atemlos vor dem Baum stand, wusste es auf einmal, was zu tun war. Scheu blickte die Kleine um sich. Als sie niemanden in der Nähe entdeckte, strich sie zärtlich mit den Händen über die Rinde des Baumes. Leise flüsterte sie dabei: “Ich mag Dich, Baum. Ich halte zu Dir. Gib nicht auf, mein Baum!”

Nach einer Weile rannte sie wieder los, weil sie ja zur Schule musste. Es machte ihr nichts aus, dass sie zu spät kam, denn sie hatte ein Geheimnis und eine Hoffnung.
Der Baum hatte zuerst gar nicht bemerkt, dass ihn jemand berührte. Er konnte nicht glauben, dass das Streicheln und die Worte ihm galten – und auf einmal war er ganz verblüfft, und es wurde sehr still in ihm.
Als das Mädchen wieder fort war, wusste er zuerst nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Dann schüttelte er seine Krone leicht im Wind, vielleicht ein bisschen zu heftig, und sagte zu sich, dass er wohl geträumt haben müsse. Oder vielleicht doch nicht? In einem Winkel seines Herzens hoffte er, dass es kein Traum gewesen war.

Auf dem Heimweg von der Schule war das Mädchen nicht allein. Trotzdem ging es dicht an dem Baum vorbei, streichelte ihn im Vorübergehen und sagte leise: “Ich mag Dich und komme bald wieder.” Da begann der Baum zu glauben, dass er nicht träumte, und ein ganz neues, etwas seltsames Gefühl regte sich in einem kleinen Ast.

Die Mutter wunderte sich, dass ihre Tochter auf einmal so gerne einkaufen ging. Auf alle Fragen der Eltern lächelte die Kleine nur und behielt ihr Geheimnis für sich. Immer wieder sprach das Mädchen nun mit dem Baum, umarmte ihn manchmal, streichelte ihn oft. Er verhielt sich still, rührte sich nicht. Aber in seinem Inneren begann sich etwas immer stärker zu regen. Wer ihn genau betrachtete, konnte sehen, dass seine Rinde ganz langsam eine freundlichere Farbe bekam. Das Mädchen jedenfalls bemerkte es und freute sich sehr.

Der Gärtner und seine Frau, die den Baum ja vor vielen Jahren gepflanzt hatten, lebten regelmäßig und ordentlich, aber auch freudlos und stumpf vor sich hin. Sie wurden älter, zogen sich zurück und waren oft einsam. Den Baum hatten sie so nach und nach vergessen, ebenso wie sie vergessen hatten, was Lachen und Freude ist – und Leben.

Eines Tages bemerkten sie, dass manchmal ein kleines Mädchen mit dem Baum zu reden schien. Zuerst hielten sie es einfach für eine Kinderei, aber mit der Zeit wurden sie doch etwas neugierig. Schließlich nahmen sie sich vor, bei Gelegenheit einfach zu fragen, was das denn soll. Und so geschah es dann auch.
Das Mädchen erschrak, wusste nicht so recht, wie es sich verhalten sollte. Einfach davonlaufen wollte es nicht, aber erzählen, was wirklich war – das traute es sich nicht.
Endlich gab die Kleine sich einen Ruck, dachte: “Warum eigentlich nicht?” und erzählte die Wahrheit. Der Gärtner und seine Frau mussten ein wenig lachen, waren aber auf eine seltsame Weise unsicher, ohne zu wissen, warum. Ganz schnell gingen sie wieder ins Haus und versicherten sich gegenseitig, dass das kleine Mädchen wohl ein wenig verrückt sein müsse.

Aber die Geschichte ließ sie nicht mehr los. Ein paar Tage später waren sie wie zufällig in der Nähe des Baumes, als das Mädchen wiederkam. Dieses Mal fragte es die Gärtner, warum sie denn den Baum so zurechtgestutzt haben. Zuerst waren sie empört, konnten aber nicht leugnen, dass der Baum in den letzten Wochen ein freundlicheres Aussehen bekommen hatte. Sie wurden sehr nachdenklich.
Die Frau des Gärtners fragte schließlich: “Meinst Du, dass es falsch war, was wir getan haben?”
“Ich weiß nur”, antwortete das Mädchen, “dass der Baum traurig ist. Und ich finde, dass das nicht sein muss. Oder wolltet Ihr einen traurigen Baum?”

“Nein!” rief der Gärtner. “Natürlich nicht. Doch was bisher gut und recht war, ist ja wohl auch heute noch richtig, auch für diesen Baum.” Und die Gärtnersfrau fügte hinzu: “Wir haben es doch nur gut gemeint.”
“Ja, das glaube ich”, sagte das Mädchen, “Ihr habt es sicher gut gemeint und dabei den Baum sehr traurig gemacht. Schaut ihn doch einmal genau an!” Und dann ließ sie die beiden alten Leute allein und ging ruhig davon mit dem sicheren Gefühl, dass nicht nur der Baum Liebe brauchen würde.
Der Gärtner und seine Frau dachten noch sehr lange über dieses seltsame Mädchen und das Gespräch nach. Immer wieder blickten sie verstohlen zu dem Baum, standen oft vor ihm, um ihn genauer zu betrachten. Und eines Tages sahen auch sie, dass der Baum zu oft beschnitten worden war. Sie hatten zwar nicht den Mut, in auch zu streicheln und mit ihm zu reden. Aber sie beschlossen, ihn wachsen zu lassen, wie er es wollte.
Das Mädchen und die beiden alten Leute sprachen oft miteinander – über dies und das und manchmal über den Baum. Gemeinsam erlebten sie, wie er ganz behutsam, zuerst ängstlich und zaghaft, dann ein wenig übermütig und schließlich kraftvoll zu wachsen begann. Voller Lebensfreude wuchs er schief nach unten, als wolle er zuerst einmal seine Glieder räkeln und strecken. Dann wuchs er in die Breite, als wolle er die ganze Welt in seine Arme schließen, und in die Höhe, um allen zu zeigen, wie glücklich er sich fühlt. Auch wenn der Gärtner und seine Frau es sich selbst nicht trauten, so sahen sie doch mit stiller Freude, dass das Mädchen den Baum für alles lobte, was sich an ihm entfalten und wachsen wollte.
Voll Freude beobachtete das Mädchen, dass es dem Gärtner und seiner Frau beinahe so ähnlich erging wie dem Baum. Sie wirkten lebendiger und jünger, fanden das Lachen und die Freude wieder und stellten eines Tages fest, dass sie wohl manches im Leben falsch gemacht hatten. Auch wenn das jetzt nicht mehr zu ändern wäre, so wollten sie wenigstens den Rest ihres Lebens anders gestalten. Sie sagten auch, dass sie Gott wohl ein wenig falsch verstanden hätten, denn Gott sei schließlich Leben, Liebe und Freude und kein Gefängnis. So blühten gemeinsam mit dem Baum zwei alte Menschen zu neuem Leben auf.

Es gab keinen Garten weit und breit, in welchem ein solch schief und wild und fröhlich gewachsener Baum stand. Oft wurde er jetzt von Vorübergehenden bewundert, was der Gärtner, seine Frau und das Mädchen mit stillem, vergnügtem Lächeln beobachteten.

Am meisten freute sie, dass der Baum all denen Mut zum Leben machten, die ihn wahrnahmen und bewunderten.
Diesen Menschen blickte der Baum noch lange nach – oft bis er sie gar nicht mehr sehen konnte. Und manchmal begann er dann, so dass es sogar einige Menschen spüren konnten, tief in seinem Herzen glücklich zu lachen.

nach Heinz Köhler und Bruno Streibel sowie (verkürzte Form ohne Quellenangabe) Willi Hoffsümmer