Erbsünde und Gnade

Predigt Mariä Empfängnis 2022                                Do., 8. 12. 2022 Haid

Liebe Brüder und Schwestern!

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Man hat den Eindruck, man kriegt etwas geschenkt, und freut sich, kommt und stellt sich an in der Warteschlange, kämpft sich durchs Gedränge … es ist ja gratis.

„Gratis“ – dass etwas gratis ist, feiern wir heute. Geschenkt. Gnadenhalber.

„Du Begnadete“, du hast bei Gott Gnade gefunden … „voll der Gnade“ beten wir richtigerweise im „Gegrüßet seist du, Maria …“

Gnade ist ein altmodisches Wort, leider. Weil es sich um etwas handelt, dass in keiner Weise ausgedient hat.

Was ist das überhaupt?

Gnade ist, wenn nicht die schlechte Folge eines schlechten Handelns eintritt, sondern wider Erwarten Besseres.

Ich habe vor vielen Jahren einen Strafzettel auf dem Auto vorgefunden, weil ich zu nahe an eines Zebrastreifen geparkt hatte. Ich bin zur Polizeistation gegangen mit dem Zettel, der Beamte hat gesagt. Und wieso parken sie so nahe am Zebrastreifen? Ich habe ihm erklärt, dass ich mit dem Auto in der Schule war und dann mit dem Zug nach Wien gefahren bin, weil ich ja studiert habe Theologie … und wo ich wohne, ist Kurzparkzone, Innenstadt St. Pölten.

Der Polizist hat gesagt: „Aber das ist ja ein Wahnsinn, wenn sie nicht einmal zu Hause das Auto abstellen können … Dann hat er das Strafmandat zerrissen und gesagt: „Vergess ma das – aber nächstesmal stellen Sie sich bitte mindestens 5 m vom Schutzweg entfernt hin …“

Der Polizist hat die Wirklichkeit hinter dem äußeren Schein gesehen – gelten lassen.

Gott sieht immer unsere Wirklichkeit hinter dem äußeren Schein.

Gott sieht und lässt das gelten, was aus einem Menschen werden könnte, wie er ihn gemeint hat, das Potential, die guten Möglichkeiten.

Und er hält sie uns vor Augen. Wir sollen nicht zufrieden sein mit dem Status quo – wir sollen stets an unsere guten Möglichkeiten denken, die auf Verwirklichung drängen und warten.

Maria hat ihre Möglichkeiten gesehen …

Es gibt einen frommen Satz, ich glaube, er ist von Ignatius von Loyola: „Kaum jemand ahnt, was Gott aus ihm machen würde, wenn er sich ihm/seinem Wirken (dem Wirken seiner Gnade) vollständig überließe…

Vielleicht kennen sie die Geschichte vom Meister, bei dem in der Nacht ein Einbrecher auftaucht, der Meister wird munter und sagt: Nehmen Sie das, lieber Herr – und das auch noch … Nicht lange danach wird der Einbrecher gefasst. Bei der Gerichtsverhandlung wird auch der Meister als Zeuge und Geschädigter befragt, ob und was der Übeltäter ihm gestohlen habe, und gibt zu Protokoll: Bei mir hat er nichts gestohlen, denn alles, was er mitgenommen hat, habe ich ihm geschenkt.

Als der Einbrecher seine Gefängnisstrafe verbüßt hatte, kam er zum Meister und bat, als Schüler aufgenommen zu werden.

Gott nimmt das Beste von uns an. Dreht unser Tun zum Besten.

„Du bist in Ordnung so, wie du bist“ – welche Wirkung kann so ein Satz entfalten; – es braucht öfter mal einen Engel (Bote, Botin Gottes!), der uns das sagt.

Es wird von Theologen immer wieder kritisiert, dass wir vom „lieben Gott“ reden. Das sei verharmlosend und werde Gott nicht gerecht … Wir kennen diese Vorstellung – als ob Gott alle 2 Augen zudrückt,

Aber, liebe Brüder und Schwestern: Genau so ist Gott aber. Dies trifft es!

Gott ist nicht so, weil er nicht anders könnte – Gott ist sehr wohl auch gerecht und allwissend.

Aber Gott ist kein abstraktes Prinzip, sondern der Liebende …

Gott ist bis über beide Ohren verliebt in uns. Läuft uns nach. Lesen Sie einmal den Propheten Hosea!

Wer liebt, wird zum anderen nie sagen: ich will nichts mehr von dir wissen. Egal, was vorgefallen ist.

Wir dürfen das als Christen genießen, es ist uns offiziell verordnet wie eine Medizin: Gott schaut, dass unser Fehlverhalten nicht mit gleicher Münze heimgezahlt wird. Sondern überschüttet uns mit einem Geschenk nach dem anderen.

Die Sache hat nur einen Haken. Wir müssen es wollen.

Wenn wir nicht wollen, dass wir so bis zur Besinnungslosigkeit geliebt werden, dürfen wir gern was anderes haben. Nämlich dass wir die Auswirkung jeder einzelnen Tat, jedes Gedanken erleben.  Das Gesetzt von Ursache und Wirkung:

  • Zu wenig aufgepasst – Fehler, Unfall, Missverständnis … In der Gnade passt Gott auf …
  • Zu viel getrunken, gelacht, gefeiert …? Gesundheit beeinträchtigt, Umweltgifte tun ein Übriges dazu … alles bedrohlich … In der Barmherzigkeit bewahrt Gott auch unseren Leib.
  • Etwas gesagt, gemacht (Hass, Neid…) was nicht ok war? Kommt umgehend zu dir zurück, ausgleichende Gerechtigkeit …

Im Zustand der Gnade, wenn wir um Vergebung bitten, ist es weg … kann nicht wie ein Bumerang auf Umwegen zuerst andere behelligen und dann wieder zu uns zurückkehren …

Wenn wir die Gnade und Barmherzigkeit nicht wollen, gilt das Karma – und das ist vielleicht in, so zu reden – aber es ist ganz und gar nicht lustig. Karma – das ist die Denkweise einer anderen Religion.

Maria hat die Liebe und Zuwendung Gottes freudig angenommen. Mit Gnade und Barmherzigkeit total angefüllt. Gott will das auch für uns – es ist doch seltsam, dass sich die Massen nicht darum reißen, alles stehen und liegen lassen dafür und sich in langen Warteschlangen anstellen…

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