Jesus lieben. Oder?

Predigt                                                                       1. 5. 2022    Haid

Liebe Brüder und Schwestern!

Vor vielen Jahren hatte ich ein bemerkenswertes Erlebnis. Bei der Chrisammesse oder am Gründonnerstag, ich weiß es nicht mehr genau, war ich in St. Pölten im Dom. Bischof Krenn predigte. Da fielen folgende Worte:

„Es heißt immer wieder, wir sollen heute fragen: Was würde Jesus tun? Was möchte Jesus in einer bestimmten Situation? … Seien wir ehrlich: Das ist für uns heute gar nicht möglich, das können wir nicht wissen. Wir haben eben die Kirchengesetze, und nach denen müssen wir uns richten.“

Ich bin da unverzüglich aufgestanden und habe den Gottesdienst verlassen. Und mindestens die Hälfte der Mitfeiernden ebenso. Darunter mein ehemaliger Klassenvorstand im Gymnasium, damals eine Dame von 80 Jahren. Sie bemerkte: Das kann man sich wirklich nicht anhören.“

Das Problem ist: Es ist traurig für ihn gewesen, doch aus seiner Sicht hatte Kurt Krenn recht. Da hat die persönliche
Beziehung zu Jesus Christus gefehlt. Er kannte das nicht.

Die ganze Diözese hat es gemerkt.

Die Freundschaft, persönliche Beziehung zu Jesus ist eine unabdingbare Voraussetzung für das Wirken im Reich Gottes. Für ein Leitungsamt in der Kirche. Managementqualitäten sind gut und wünschenswert – aber wenn die Liebe fehlt, wird es nichts werden.

Paulus hat es so beschrieben: Wenn ich sämtliche natürlichen und übernatürlichen Fähigkeiten der Weltgeschichte hätte, … hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts.

Und wie geht das jetzt: Jesus zu lieben?

Sichauf eine lebendige Beziehung einlassen, die sich auch entwickeln kann.

In einer Freundschaft, in einer Liebesbeziehung verstellen wir uns nicht und sind offen für neue Entwicklungen.

Für den Petrus, den Simon aus Galiläa, war dieseErfahrung, dass Jesus ihn mit dem Hirtenamt betraut, obwohl er ihn verleugnet und im Stich gelassen hatte, als es darauf ankam, eine enorm bedeutsame wenn nicht die relevante Erfahrung seinesLebens.

Man darfFehler machen, sogar gewaltige.

Manbraucht sie nichjt verdrängen.

Und weil ich angenommen bin mit meinen Fehlern, mit Fehlleistungen und Blödheiten und persönlichen Handicaps, deswegen darf und soll und kann ich andere so annehmen. Denn jede/r wird Fehler machen, Anders geht es nicht – sind wir doch alle Menschen.

Im Gegenteil, gerade die, die fehlerlos erscheinen möchten, sind besonders gefährlich …

Die Liebe zu Gott – das ist kein geistloses Befolgen von Gesetzeskatalogen, sondern Jesu Persönlichkeit nach – spüren.

Mit Jesus reden – über all das, was sich in meinem Leben ereignet, was ich denke und fühle und plane und mir wünsche …

Beten. Aber das Wort allein trifft es nicht, was gemeint ist.

Menschen, Christen aller Zeiten haben viel gebetet, sich aus dem täglichen Leben zurückgezogen, Askese geübt – Fasten, Armut …

Für Übungszwecke ist das nicht schlecht. Meist wurde das aber weil übertrieben.

Aber ankommen tut es sowieso auf was anderes.

Liebe.

Tun, was Jesus möchte.

Nicht wer sagt, „Herr, Herr“, sondern wer tut, ist mein Freund. Meine Freundin.

Das geht nie ohne Verletzungen oder Probleme.

Aber gefühllose Abgehobenheit ist möglicherweise ein buddhistisches Ideal, kein jesuanisches.

Christentum ist Blut und Leben, Schweiß und Tränen, Schmutz, Farbe, Lust, Schmerz und Begeisterung.

Hl. Geist ist die heilige Aufregung Gottes über die Zustände in der Welt.

Weil Jesus, weil Gott die Zustände dieser Welt nicht kalt lassen, dürfen sie mir nicht egal sein.

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