Ostersonntag.Predigt

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

 

Jesus ist auferstanden!

Woher wissen wir das? Woher nehmen wir das Recht, das so laut zu verkünden und heute zu feiern?

Mit wissenschaftlichen Methoden beweisen, dass Jesus auferstanden ist, physikalisch messbar, vielleicht mit Foto, können wir nicht.

Wir dürfen aber glaubwürdigen Menschen, den ersten Zeugen, vertrauen.

 

Maria Magdalena hatte, als sie am frühen Morgen damals die Stadt verließ und zum Grab ging, nicht die Absicht, dem Auferstandenen zu begegnen. Ganz im Gegenteil – sie wollte den Leichnam noch einmal ordentlich salben, nicht so schnellstmöglich am Spätnachmittag des Karfreitag durch Nikodemus und Josef geschehen, vor Sonnenuntergang musste jeder gläubige Jude gewaschen und umgezogen für das Pessachfest zu Hause sitzen.

Sie wollte an Jesus denken, der ihr zum wichtigsten Menschen geworden war, beten, trauern …

Der Stein ist weg, das Grab geöffnet und ohne Leiche. Leer. Geschockt läuft sie zurück zum Abendmahlssaal und alarmiert Petrus, den Sprecher der Jüngerschar. Dann läuft sie wieder mit zurück zum Grab.

Was erwartet sie? Dass der Leichnam doch noch irgendwo auftaucht? Dass Petrus und Johannes eine Spur finden, einen Hinweis, der das Rätsel etwas erhellt?

 

Johannes, der Theologe unter den Evangelisten, schildert als einziger die Begegnung zwischen Maria aus Magdala und Jesus.

Die Situation der Frauen damals in der jüdischen Gesellschaft war ca. so wie die heutige im Jemen oder Oman oder Saudiarabien. Frauen hatten in der Öffentlichkeit nichts zu melden. Sie kamen als Zeugen vor Gericht nicht in Frage. Darum ist es so wichtig, dass Petrus und Johannes dazukommen, das schildert ebenfalls nur das Johannesevangelium.

Die ersten Begegnungen des Auferstandenen mit den drei Frauen am Ostermorgen, diese Begegnung mit Maria und erst recht der Auftrag, die Auferstehung den Aposteln und den anderen Jüngern zu verkünden, so etwas hätte kein kalkulierend denkender Mensch in die Osterevangelien hineingeschrieben, ja nicht einmal weitererzählt. Es wäre irgendwo zwischen den Rubriken irrelevant und unglaubwürdig eingestuft worden.

 

Dass das im Gegenteil als so wichtig gilt, dass es extra betont wird, spricht dafür, dass es wirklich so war.

 

Wo ereignet sich Auferstehung heute, bei uns? Wo können wir Auferstehung erleben? Und wo nicht?

 

Ich habe für heute wieder den kleinen Baum nach vorne gestellt.

Als er noch ganz kahl war, haben wir versucht, ihm ein schöneres Aussehen zu verleihen, wir haben das Bild von der Zukunft dazu entworfen, Blätter und Blüten aus Papier an die Äste gehängt.

 

Oft halten wir das Nichts, den Tod, die Leere und Stille, wo sich vermeintlich nichts tut, nicht aus – und wir verschönern die Situationen, Mit Aktionen und Beschäftigungen, mit Vergnügen, mit Dekomaterial, mit Besitztümern, mit Phantasie … So stellen wir eine Illusion her von blühendem Leben, das aber nicht real vorhanden ist.

Aber Auferstehung ist anders. Es braucht Mut und Geduld. Neues Leben zeigt sich nicht von heute auf morgen.

Wie die Blätter und Blüten ein paar Wochen brauchen und dann plötzlich aufbrechen.

 

Wir sind eingeladen, es so zu machen wie die erste Zeugin.

Wenn wir den Tod in allen seinen Formen nicht mehr leugnen, sondern uns stellen, auf die Gräber schauen, auf das, was unheil ist in unserer Welt, in unserem Leben – Trauer und Schmerz zuerst ernstnehmen, d. h., uns dem hingeben. Weinen und klagen. Gemeinschaft und Austausch mit Gleichgesinnten suchen und pflegen.

Dennoch nicht Erlösung, Lösung der Probleme allein von Menschen erwarten – nur mit menschlichen messbaren Kräften rechnen: Jemand muss den Stein weggewälzt, jemand die Leiche weggeschafft haben. Jemand (kompetenterer, anderer, besserer … kann die Lösung eher herausfinden als ich selber.

Aufhören, hektisch von einem Ort zum anderen zu laufen ohne innezuhalten. Den Aktivismus sein lassen.

Und dann genau hinschauen. Wenn wir uns nicht voll und ganz den Menschen zuwenden, auch und gerade denen, die uns gerade vermeintlich stören – denn in ihnen können wir es unversehens mit Jesus zu tun bekommen.

 

Der Theologe Johannes tut noch etwas: Der Garten, in dem Gott und Mensch von Angesicht zu Angesicht miteinander reden, das ist der Urzustand, wie er in der Paradieseserzählung am Alten Testament angenommen wird. Es ist der Idealzustand. Darauf spielt diese Szene an.

Durch die Auferstehung ist die Ära des Paradieses wieder angebrochen. Die Botschaft aller Propheten erfüllt sich: Gott selber nimmt Kontakt auf mit dem Menschen, tröstet und richtet auf. Das gilt auch uns, heute und hier und weltweit.

Wenn wir offen sind dafür. Und das wünsche ich Ihnen allen und mir.

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